Céline Humms Buch „Suizid – Reden wir darüber“ greift eines der sensibelsten und am meisten tabuisierten Themen unserer Gesellschaft auf: Suizid und die damit verbundenen Emotionen von Trauer, Schuld und Scham. Sie selbst wurde im Alter von 34 Jahren von diesem schwerwiegenden Thema getroffen, als ihre Mutter Suizid beging. In diesem Buch erzählt sie nicht nur von ihrem persönlichen Weg, diesen Verlust zu verarbeiten, sondern auch von den Geschichten anderer Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Es geht dabei nicht nur um ihre eigene Heilung, sondern auch darum, anderen Betroffenen eine Stimme zu geben und die Dringlichkeit eines offenen Dialogs über Suizid zu betonen.
Nach dem Tod ihrer Mutter spürte Humm schnell, wie entscheidend es für ihre eigene Trauerverarbeitung und die ihrer Familie war, das Schweigen zu brechen. Vor allem im Umgang mit ihren fünf Kindern wurde ihr klar, wie wichtig es ist, offen über das Erlebte zu sprechen, um den Schmerz zu bewältigen und Missverständnisse zu verhindern. Suizid ist in unserer Gesellschaft häufig von Tabus umgeben, und viele Betroffene ziehen sich in eine stille Trauer zurück, weil sie nicht wissen, wie sie über das Thema sprechen sollen. Humm aber entschied sich, dieses Schweigen zu durchbrechen.
Das Buch vereint ihre eigene Geschichte mit Berichten von anderen Hinterbliebenen, die durch Suizid einen geliebten Menschen verloren haben. Diese Erfahrungsberichte sind von unschätzbarem Wert, da sie die Bandbreite an Emotionen und Herausforderungen aufzeigen, mit denen Menschen nach einem Suizid konfrontiert werden. Neben diesen persönlichen Schilderungen gibt Humm auch denjenigen eine Stimme, die beruflich mit Suizid in Berührung kommen. So kommen etwa Zugführer zu Wort, die den Suizid von Menschen miterleben mussten, und Fachleute, die sich beruflich mit der Bewältigung von Trauer auseinandersetzen. Dadurch entsteht ein vielschichtiges Bild des Themas, das nicht nur die Hinterbliebenen, sondern auch das Umfeld und die Gesellschaft insgesamt betrifft.
Ein zentraler Aspekt des Buches ist die Frage, wie es den Hinterbliebenen gelingen kann, nach einem Suizid weiterzuleben. Humm beleuchtet die verschiedenen Phasen der Trauer und die tiefen Gefühle der Schuld, die viele Betroffene begleiten. Die Frage „Hätte ich den Suizid verhindern können?“ stellt sich fast zwangsläufig und wird von vielen Hinterbliebenen quälend lange mit sich herumgetragen. Auch die Scham, die oft im Zusammenhang mit Suizid steht, spielt eine zentrale Rolle. Diese Emotionen werden nicht nur von den Betroffenen selbst gespürt, sondern auch von der Gesellschaft verstärkt, die Suizid oft stigmatisiert und nicht in der Lage ist, offen darüber zu sprechen.
Das Buch versucht, das Thema Suizid aus der Tabuzone zu holen und einen Raum für offenen Austausch zu schaffen. Humm gibt Fachleuten das Wort, die aus ihrer professionellen Perspektive schildern, wie Menschen mit diesen komplexen Emotionen umgehen können und wie man Trauer auf eine gesunde Weise bewältigen kann. Diese fachlichen Einschätzungen geben den Lesern wertvolle Werkzeuge an die Hand, um den schmerzlichen Verlust zu verarbeiten. Besonders wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass es möglich ist, trotz eines so tiefgreifenden Verlustes wieder ins Leben zurückzufinden und sogar Frieden zu schließen – mit sich selbst und mit der schmerzhaften Realität.
Durch die Vielzahl an persönlichen Berichten und Perspektiven wird auch klar, dass niemand mit seinem Schmerz allein ist. Die Offenheit, mit der die Betroffenen ihre Geschichten teilen, zeigt, dass es viele Menschen gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und die in der Lage sind, einander zu unterstützen. Dies trägt dazu bei, das Gefühl der Isolation, das häufig mit dem Thema Suizid einhergeht, zu durchbrechen. Für viele Betroffene ist das Wissen, dass andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben, eine große Erleichterung und kann ein erster Schritt zur Heilung sein.
„Suizid – Reden wir darüber“ ist nicht nur ein Buch für diejenigen, die direkt von Suizid betroffen sind, sondern auch für diejenigen, die beruflich oder persönlich mit dem Thema in Berührung kommen. Es bietet praktische Ansätze für die Trauerbewältigung und zeigt auf, wie wichtig es ist, sich dem Thema Suizid nicht zu verschließen. Indem Humm offen über ihre eigene Geschichte spricht und anderen Betroffenen die Möglichkeit gibt, ihre Erlebnisse zu teilen, trägt sie maßgeblich dazu bei, das Stigma um Suizid zu verringern und den offenen Austausch darüber zu fördern.
Insgesamt ist dieses Buch ein wertvoller Beitrag, der Mut macht, das Schweigen zu brechen und offen über Suizid und seine Folgen zu sprechen. Es zeigt, dass es möglich ist, trotz des tiefen Schmerzes weiterzuleben, und gibt gleichzeitig eine klare Botschaft: Niemand sollte mit diesem Thema allein gelassen werden. Das Buch ist ein Appell an die Gesellschaft, den Umgang mit Suizid zu überdenken und den Hinterbliebenen den Raum zu geben, ihre Trauer auf ihre Weise zu verarbeiten – offen, ehrlich und ohne Tabus.
- Herausgeber : Mabuse; 1. Edition (1. September 2024)
- Sprache : Deutsch
- Broschiert : 130 Seiten
- ISBN-10 : 3863216628
- ISBN-13 : 978-3863216627
- Abmessungen : 12.4 x 1.7 x 18.9 cm
- 210 Gramm
- 19 Euro