
Mit „Eisiges Glas“ setzt der schwedische Bestsellerautor Anders de la Motte die Reihe um Kriminalinspektorin Leonore (Leo) Asker fort. Der Krimi besticht durch seine raffinierten Wendungen, eine düstere Stimmung und mehrere ineinander verwobene Handlungsstränge, die von Anfang an fesseln.
Ein persönlicher Fall für Leo Asker
Leo Asker, Leiterin der Abteilung für hoffnungslose Fälle, wird dieses Mal durch einen Anruf ihres Vaters in einen besonders heiklen Fall hineingezogen. Ihr Vater, ein verschlossener Prepper, steht unter Verdacht, mit dem Mord an einem Urban Explorer in Verbindung zu stehen. Die Leiche wurde verstümmelt aufgefunden – die Augen fehlen. Trotz ihrer zwiespältigen Beziehung zu ihm fühlt sich Leo gezwungen, zu handeln. Doch ihr Vater weigert sich, sich ohne ihre Hilfe zu stellen, und droht sogar, sich gewaltsam gegen eine Verhaftung zu wehren.
Parallelgeschichten voller Geheimnisse
Während Leo versucht, die Hintergründe des Mordes zu klären, wird ein weiterer Erzählstrang eingeführt: Ihr Kindheitsfreund Martin Hill wird beauftragt, die Biografie eines mysteriösen Unternehmers zu schreiben. Dieser lebt auf einer abgeschiedenen Privatinsel mit einem verlassenen Observatorium. Dort stößt Martin auf unheimliche Geschichten über seltsame Lichter und verstümmelte Körper. Seine Recherchen führen ihn tief in die Machenschaften eines Unternehmens, das an einem ethisch fragwürdigen Kryonik-Projekt arbeitet – der Konservierung von Menschen durch Einfrieren.
Der gläserne Mann – Grusel trifft auf Krimi
Eine weitere, bedrohliche Perspektive eröffnet sich durch den „gläsernen Mann“, eine mysteriöse Figur, die in Katakomben haust und mordet. Dieser Erzählstrang verleiht dem Krimi eine Thriller-Komponente und sorgt für Gänsehaut, während die Leser den Ermittlern stets einen Schritt voraus sind.
Atmosphäre und Figuren
Wie schon im ersten Band brilliert Anders de la Motte mit seiner Fähigkeit, eine düstere und beklemmende Atmosphäre zu schaffen. Die Schauplätze – von der abgeschiedenen Insel bis zu den dunklen Katakomben – tragen zur Spannung bei. Gleichzeitig sind die Figuren vielschichtig: Von Leo, die sich den Manipulationen ihres Vaters kaum entziehen kann, bis hin zu Martin, der sich durch ein Netz aus Lügen und Geheimnissen kämpft, begegnen wir glaubwürdigen, oft gebrochenen Charakteren. Selbst auf der „guten Seite“ gibt es soziopathische Züge, die die moralischen Grauzonen des Falls unterstreichen.
Spannung und Humor
Neben der düsteren Handlung sorgt de la Motte für eine ironische Auflockerung. Insbesondere durch Hellmann, einen Ermittler mit übergroßem Ego, der regelmäßig in die falsche Richtung arbeitet, entsteht ein humorvoller Kontrast.
Stärken und Schwächen
Die Auflösung des Falls ist abgründig und spannend, da die verschiedenen Handlungsstränge geschickt zusammengeführt werden. Allerdings gibt es im Mittelteil Längen, insbesondere bei Martins Recherchen auf dem isolierten Gut. Auch die skurrilen Mitarbeiter von Leos Abteilung, die im ersten Band eine große Rolle spielten, bleiben diesmal eher im Hintergrund – ein kleiner Wermutstropfen für Fans des ersten Teils.
Fazit
„Eisiges Glas“ ist ein atmosphärisch dichter und hochspannender Schweden-Krimi, der Krimifans und Thrillerliebhaber gleichermaßen begeistert. Die Kombination aus persönlichem Drama, düsteren Geheimnissen und gruseligen Momenten macht das Buch zu einem echten Pageturner. Trotz kleiner Schwächen bei der Figurenentwicklung und einigen Längen bleibt der Roman fesselnd bis zur letzten Seite. Fans von skandinavischem Noir kommen hier voll auf ihre Kosten.
- Herausgeber : Droemer TB; 1. Edition (2. Dezember 2024)
- Sprache : Deutsch
- Broschiert : 544 Seiten
- ISBN-10 : 3426309556
- ISBN-13 : 978-3426309551
- Originaltitel : Glasmannen
- Abmessungen : 13.4 x 3.41 x 20.9 cm