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Dresden. Schön und gemütlich? Von wegen. Kaum geht das Buch los, kracht’s schon ordentlich: Mitten in der City – Altmarkt, wo’s eigentlich voller Touris und Shopper ist – rast ein Auto einfach in die Menge. Menschen schreien, rennen, überall Chaos. Und der Typ am Steuer? Einfach weg. Abgehauen, als wäre nix gewesen.
Nicole Schauer – Kommissarin, coole Socke, aber auch ganz schön gebeutelt von den letzten Fällen – sieht das Ganze hautnah. Stell dir vor: Sie steht da und wird Zeugin von purem Terror. Und während sie noch versucht, klarzukommen, explodiert im Netz die Gerüchteküche: Islamistischer Anschlag! Terrorzelle in Dresden! – Facebook, Telegram, TikTok, egal – überall wird Panik geschürt. Die ganze Stadt dreht langsam durch. Die Stimmung wird von Stunde zu Stunde mieser, aggressiver, aufgeladen.
Und jetzt wird’s noch spannender: Ihr Partner Felix Bruch – dieser komplizierte, grüblerische, kaputte aber brillante Ermittler – liegt eigentlich im Krankenhaus. Schwer angeschlagen, physisch wie psychisch. Wer ihn aus den früheren Bänden kennt, weiß: Der Typ schleppt so einiges mit sich rum. Aber plötzlich? Zack – spurlos verschwunden. Einfach weg von der Station. Keine Entlassung, keine Verlegung – der ist einfach abgehauen, obwohl er halbtot war.
Nicole fragt sich natürlich sofort: Was soll der Scheiß? Und vor allem: Hat Bruch vielleicht was mit diesem Anschlag zu tun? Klingt erstmal hart – aber wir wissen ja, dass in dieser Reihe nichts einfach oder schwarz-weiß ist. Die Zweifel lassen Nicole nicht los. Sie kennt Bruch gut, aber nie so ganz. Er hat so viele Geheimnisse, so viele Wunden, so eine undurchdringliche Vergangenheit.
Deshalb macht sie sich gemeinsam mit ihrer toughen Kollegin Schmidtke auf die Suche – und zwar gleich doppelt: Sie wollen den Attentäter schnappen und herausfinden, wo Bruch steckt. Oder: ob er sogar auf der falschen Seite steht.
Was Goldammer hier richtig genial macht: Er zeigt, wie so eine Stadt am Rand des Wahnsinns steht. Wie schnell Gerüchte das Klima vergiften. Wie der Mob Stimmung macht. Die Polizei wird gefordert bis zum Gehtnichtmehr – alle sind gereizt, aggressiv, misstrauisch. Und mittendrin Nicole, die einfach nur ihren Job machen will – aber dabei auch fast selbst zerbricht.
Denn eins ist klar: In diesem Fall geht’s nicht nur darum, irgendeinen Täter zu fassen. Es geht auch um Vertrauen. Um Wahrheit. Um den Blick in Abgründe – der Stadt und der eigenen Seele. Nicole merkt schnell, dass sie Bruch nur findet, wenn sie endlich hinter seine Maske schaut. Wenn sie die Schatten seiner Vergangenheit ausleuchtet. Und glaub mir – das ist düsterer, als du denkst.
Goldammer schreibt das alles so, dass du das Buch kaum weglegen kannst. Die Dialoge knallen. Die Figuren sind keine Plastikhelden, sondern echte Menschen: gebrochen, wütend, verzweifelt, zynisch, aber auch hoffnungsvoll. Du merkst, wie die Angst in der Stadt wächst – und wie ein einziger Funke das Pulverfass hochgehen lassen könnte.
Dabei ist „Am Abgrund“ nicht nur ein spannender Krimi, sondern auch ein ziemlich ehrlicher Kommentar auf unsere Zeit: Wie schnell wir in Angst verfallen. Wie leicht man Hass schürt. Wie schwer es ist, in diesem Sturm noch an Anstand und Menschlichkeit festzuhalten. Und wie die Polizei nicht nur Täter jagt, sondern auch mit den eigenen Dämonen kämpft.
Besonders geil:
- Dresden ist nicht einfach Kulisse – du spürst die Straßen, den Altmarkt, das Kopfsteinpflaster. Du siehst die Blaulichter, riechst den Regen auf heißem Asphalt.
- Nicole Schauer ist so eine Figur, mit der man sofort mitfühlt. Hart, aber nicht unverwundbar. Eine, die nicht aufgibt, selbst wenn alles in Scherben liegt.
- Felix Bruch bleibt das Rätsel, das dich durch die Seiten treibt. Was verbirgt er? Wovor läuft er weg? Was hat er wirklich getan?
Und während die Spannungsschraube immer fester angezogen wird, lässt Goldammer dich auch ein bisschen leiden: Er gibt dir nie alle Antworten sofort. Er spielt mit deinen Erwartungen. Und er ist sich nicht zu schade, dir auch mal richtig weh zu tun – denn hier wird nicht beschönigt. Gewalt tut weh. Verrat tut weh. Wahrheit tut weh.
Fazit?
„Bruch: Am Abgrund“ ist das perfekte Finale dieser Reihe. Es ist hart, direkt, emotional. Kein Wohlfühlkrimi, sondern ein echter Pageturner, bei dem du abends denkst: Okay, nur noch ein Kapitel – und plötzlich ist es halb drei morgens.
Goldammer beweist hier einmal mehr, warum er einer der besten deutschen Spannungsautoren ist. Er macht keinen Kitsch, keine leeren Phrasen, sondern liefert dir einen packenden, aktuellen, absolut glaubwürdigen Thriller mit viel Herzblut und Tiefgang.
Wenn du Krimis magst, die dich mitreißen, die deine Nerven kitzeln und dabei auch noch was über unsere Zeit erzählen – dann gönn dir das Ding. Aber mach dich auf was gefasst: Das Finale haut rein wie ein Schlag in die Magengrube. Und genau so soll’s sein.
Unterm Strich: „Bruch: Am Abgrund“ ist spannend, düster, realistisch und absolut lesenswert. Ein würdiger Abschluss einer verdammt starken Reihe. Also los – rein in die Seiten und ab nach Dresden, wo der Wahnsinn tobt!
- Herausgeber : Wunderlich
- Erscheinungstermin : 15. Juli 2025
- Auflage : 1.
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 368 Seiten
- ISBN-10 : 3805201141
- ISBN-13 : 978-3805201148
- Abmessungen : 13.3 x 2.44 x 20.9 cm