/ Mai 12, 2025/ Buch

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(Erschienen am 15. Juli 2024, Adamantiana-Reihe, Gebundene Ausgabe, in englischer Sprache)

In Echoes of Origen: Augustine’s Reception of the Commentary on Romans unternimmt Morten Kock Moller eine tiefgründige und methodisch präzise Analyse der komplexen Rezeptionsgeschichte zwischen zwei der einflussreichsten christlichen Denker der Spätantike: Origenes von Alexandria und Augustinus von Hippo. Dabei konzentriert sich das Werk auf Augustinus’ Auslegung des Römerbriefes, insbesondere auf dessen implizite Auseinandersetzung mit Origenes’ Kommentierung derselben paulinischen Schrift. Moller leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der patristischen Exegese und ihrer theologischen Implikationen für das westliche Christentum.

Der Römerbrief spielt in der Theologiegeschichte eine herausragende Rolle. Kaum ein anderes Schriftstück des Neuen Testaments hat so stark zur Formulierung zentraler Glaubenslehren beigetragen – insbesondere hinsichtlich Gnade, Sünde, Erlösung und Prädestination. Augustinus’ Auslegung dieses Briefes markiert einen Wendepunkt, der das theologische Denken des lateinischen Westens über Jahrhunderte hinweg prägte. Obwohl Augustinus als origineller Denker gilt, zeigt Moller überzeugend, dass seine Exegese nicht im luftleeren Raum entstand. Vielmehr vollzog sie sich in einem komplexen, wenn auch nicht immer expliziten Dialog mit Vorgängern wie Origenes.

Besonderes Augenmerk legt Moller auf die Art und Weise, wie Augustinus auf zentrale exegetische Positionen Origenes’ reagiert – teils zustimmend, teils ablehnend oder modifizierend. Dabei arbeitet der Autor mit der gebotenen philologischen Sorgfalt und theologischen Sensibilität. Er verfolgt einzelne Textabschnitte des Origenes-Kommentars und stellt sie den entsprechenden Passagen in Augustinus’ Werken gegenüber. So gelingt es ihm, aufzuzeigen, wie Augustinus bestimmte Gedanken Origenes’ aufgreift, sie jedoch im Sinne seiner eigenen Theologie umdeutet oder einbettet.

Ein zentrales Thema, das sich wie ein roter Faden durch Mollers Analyse zieht, ist die Frage nach dem freien Willen und dessen Begrenzung durch die Erbsünde. Moller argumentiert, dass Augustinus besonders jene Aussagen bei Origenes aufgreift, die eine skeptische Haltung gegenüber der menschlichen Autonomie in Folge des Sündenfalls widerspiegeln. Auch wenn Origenes grundsätzlich ein optimistischeres Menschenbild vertritt, bieten seine Kommentare an entscheidenden Stellen Ansatzpunkte, die Augustinus zur Untermauerung seiner Lehre von der ererbten Sündhaftigkeit nutzt. Moller zeigt, wie Augustinus diese Passagen selektiv verwendet, um seine These zu stützen, dass der Wille des Menschen durch die Sünde Adams derart geschwächt sei, dass er ohne göttliche Gnade nicht zur Gerechtigkeit gelangen könne.

Der Reiz des Buches liegt nicht zuletzt in der feinen methodischen Balance zwischen historischer Kontextualisierung und systematisch-theologischer Analyse. Moller verfällt weder in hagiographische Überhöhung noch in bloße Dekonstruktion. Vielmehr gelingt es ihm, die genuine Eigenständigkeit Augustins ebenso herauszustellen wie seine Abhängigkeit von der exegetischen Tradition, zu der Origenes maßgeblich beitrug. Damit lädt das Buch zu einem differenzierten Verständnis der Entwicklung theologischer Ideen ein – jenseits von simplifizierenden Fortschrittsnarrativen.

Stilistisch bewegt sich die Studie auf hohem akademischem Niveau, bleibt jedoch auch für Leserinnen und Leser verständlich, die nicht zu den ausgewiesenen Origenes- oder Augustinus-Spezialisten zählen. Moller schreibt mit Klarheit, seine Argumentation ist stets nachvollziehbar, und seine Thesen werden durch reichhaltige Textverweise und sorgfältige Fußnoten gestützt. Das Werk ist zudem in die renommierte Adamantiana-Reihe eingebunden, was für die wissenschaftliche Qualität und editorische Sorgfalt spricht.

Fazit:
Echoes of Origen ist eine herausragende Studie, die auf eindrucksvolle Weise zeigt, wie theologische Kontinuität und Transformation in der patristischen Exegese zusammenwirken. Morten Kock Moller gelingt es, einen bedeutsamen Beitrag zur Augustinus- und Origenesforschung zu leisten. Die Untersuchung ist sowohl für Kirchenhistoriker als auch für systematische Theologen von großem Interesse. Wer sich mit dem Ursprung zentraler theologischer Begriffe wie Erbsünde, Gnade und Willensfreiheit beschäftigen möchte, findet in diesem Buch eine fundierte und anregende Lektüre. Mollers Werk empfiehlt sich somit als Standardreferenz für zukünftige Studien zur Rezeptionsgeschichte der paulinischen Briefe in der Alten Kirche.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Aschendorff (15. Juli 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Englisch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 186 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3402137755
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3402137758
  • Abmessungen ‏ : ‎ 16.3 x 2.5 x 23.4 cm

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