/ April 24, 2023/ Buch

Andreas Beelmann und Laura Sophia Sterba haben in diesem Buch verschiedene Beiträge aus der gleichnamigen Tagung der Sir Peter-Ustinov-Stiftung versammelt, die 2019 in Wien stattfand. In diesem Buch werden theoretische Konzepte, Forschungsergebnisse und praktische Beispiele aus den Bereichen Vorurteilsbildung und -bekämpfung, zwischenmenschliche Beziehungen in Gruppen sowie Radikalisierung und Extremismus präsentiert.

Das Buch enthält neben einer kurzen Einleitung insgesamt acht Beiträge von verschiedenen Autorinnen und Autoren, die theoretische Konzepte und praktische Ansätze zur Förderung von Toleranz und zur Vorbeugung von Vorurteilen behandeln.

Im ersten Beitrag des Buches beschreibt Andreas Beelmann, was Vorurteile sind und wie sie sich in Erscheinung treten. Er erklärt zudem, wie Vorurteile aus Sicht der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung entstehen. Beelmann untersucht auch die Stabilität von Vorurteilen, Entwicklungstheorien und Risikofaktoren im Zusammenhang mit Vorurteilen und leitet daraus Implikationen für präventive Maßnahmen ab, die auf eine förderliche Entwicklung abzielen. Abschließend stellt Beelmann sechs Empfehlungen vor, die nach seiner Ansicht dazu beitragen können, Vorurteile bei Kindern zu verhindern oder bestehende Vorurteile abzubauen.

Der zweite Beitrag stammt von Friedrich Lösel und befasst sich mit „protektiven Faktoren gegen Extremismus, Radikalisierung und daraus resultierender Gewalt“. Da es nur wenige empirische Erkenntnisse zu diesem Thema gibt, greift der Autor zunächst auf protektive Faktoren von Resilienz gegen Jugendgewalt zurück und stellt fest, dass diese zumindest teilweise auf Probleme des politischen und religiösen Extremismus übertragbar zu sein scheinen. Tatsächlich zeigt Lösel, dass es eine weitgehende Übereinstimmung der protektiven Faktoren gibt. In den Schlussfolgerungen wird besonders das „3-N-Konzept“ hervorgehoben und dessen praktischer Nutzen für Prävention und Intervention erläutert.

Im dritten Beitrag wird eine Studie von Yvonne Krieg, Laura Beckmann und Sören Kliem präsentiert, die untersucht, wie weit verbreitet menschenfeindliche Einstellungen und vorurteilsgeleitete Handlungen und Straftaten unter Jugendlichen im Bundesland Schleswig-Holstein sind. Die Studie betrachtet auch die Perspektiven von Opfern und Tätern und analysiert die Prävalenz nach Geschlecht und Schulform. Die Ergebnisse zeigen, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch unter Schülern und Schülerinnen weit verbreitet ist, insbesondere gegenüber Empfängern von Arbeitslosengeld II, Ausländern und Migranten.

Der folgende Beitrag von Sebastian Lutterbach und Andreas Beelmann beschäftigt sich ebenfalls mit Schülerinnen und Schülern und greift die gesellschaftliche Diskussion auf, dass intergruppale Kontakterfahrungen einen wichtigen Einfluss auf ethnische Vorurteile haben. Die Ergebnisse der dargestellten Studie zu dieser Fragestellung zeigen, dass interkulturelle Begegnungen nicht zwangsläufig zu weniger Vorurteilen bei Schülern und Schülerinnen führen. Stattdessen wird betont, dass Vorurteilen durch gezielte Kontaktinterventionen entgegengewirkt werden sollte, um einer Verfestigung im Erwachsenenalter entgegenzuwirken.

Philipp Jugert beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem Thema interethnischer Freundschaften und zeigt auf, wie Bildungseinrichtungen dazu beitragen können, Vorurteilen bei Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken.

Die drei abschließenden Beiträge geben Einblicke in konkrete Praxisbeispiele. Michael Wermke und Sophie Seher stellen dar, wie das Zentrum für religionspädagogische Bildungsforschung der Friedrich-Schiller-Universität in Jena mit einer Arbeitsstelle für kultur- und religionssensible Bildung zur Vorbeugung von Vorurteilen beiträgt. Dabei liegt der Fokus auf dem Mütterworkshop „Miteinander stärken“ und es werden die konzeptionellen Überlegungen sowie die einzelnen Module dargestellt.

Eva Kalny zeigt auf, wie die Methode des Theaters für einen transformierenden Geschichtsunterricht genutzt werden kann, und stellt anhand eines Beispiels aus einer Grundschule in Großbritannien dar, wie dies auch auf den deutschsprachigen Raum übertragen werden kann. Sie nennt verschiedene geeignete geschichtliche Themen und Theaterstücke im Fazit.

Der letzte kurze Beitrag von Thomas Müller beschreibt anhand des „Landesprogramms gegen Rechtsextremismus“ aus Niedersachsen, wie ein erfolgreicher Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis geführt werden kann.

Der Sammelband bietet eine gelungene Zusammenstellung von theoretischen und praktischen Beiträgen zur Vorurteilsprävention und Toleranzförderung. Besonders bemerkenswert sind die Beiträge aus der Forschung, da sie aktuelle gesellschaftliche Diskussionen aufgreifen und in einem ausgewogenen Licht präsentieren, wobei sie angemessen komplexe Zusammenhänge darstellen. Die drei praxisorientierten Beispiele zeigen überzeugend, wie effektive Präventions- und Bildungsarbeit im schulischen und außerschulischen Kontext zum Thema interethnische Freundschaften umgesetzt werden kann, indem sie diese Erkenntnisse aufnehmen und praxisnah darstellen.

Andreas Beelmann ist ein erfahrener Psychologe und Professor am Institut für Psychologie der Universität Jena. Er ist auch der Direktor des Zentrums für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex).

Laura Sophia Sterba ist eine wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Universität Jena und arbeitet in der Abteilung für Forschungssynthese, Intervention und Evaluation.

Die insgesamt acht Beiträge bieten eine umfassende Auseinandersetzung mit theoretischen Ansätzen, aktuellen Forschungsergebnissen und Präventionsstrategien im Zusammenhang mit der Entwicklung und Bekämpfung von Vorurteilen. Besonders hervorzuheben sind die drei Beiträge, die erfolgreiche Praxisbeispiele aus dem Bildungskontext vorstellen. Insgesamt bietet der Sammelband eine wertvolle und fundierte Ressource für Interessierte, die sich mit dem Thema Vorurteile auseinandersetzen möchten.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Wochenschau Verlag (20. Juli 2021)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 168 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3734413109
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3734413100
  • Abmessungen ‏ : ‎ 14.5 x 1 x 20.6 cm

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