/ Mai 12, 2025/ Buch

3

Religion spielt in den USA eine besonders wichtige Rolle – viel mehr als in den meisten anderen westlichen Ländern. Das zeigt sich besonders deutlich in politischen Diskussionen, zum Beispiel rund um das Abtreibungsrecht oder bei den Wahlkämpfen um das Präsidentenamt. In den Vereinigten Staaten ist Religion nicht nur eine private Glaubenssache, sondern hat oft großen Einfluss auf Politik, Gesellschaft und Kultur.

Die Autorin Stefanie Coché geht in diesem Buch der spannenden Frage nach: Wie passt das eigentlich zusammen – Religion, Demokratie und moderne Gesellschaft? Viele Menschen denken, dass Religion eher etwas Altes oder Rückschrittliches ist. Doch Coché zeigt: Religiöse Überzeugungen können sehr wohl mit der modernen Welt mithalten. Sie verändern sich, passen sich an – und helfen vielen Menschen dabei, sich in einer sich ständig verändernden Welt zurechtzufinden. Man könnte sagen: Religion ist für viele Amerikanerinnen und Amerikaner ein innerer Kompass.


Vierzehn Menschen, vierzehn Geschichten

Um das zu zeigen, erzählt das Buch die Geschichten von vierzehn religiösen Persönlichkeiten – also Menschen, die durch ihren Glauben eine wichtige Rolle in der amerikanischen Geschichte gespielt haben. Die Beispiele reichen vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Dabei geht es nicht nur um große Kirchenführer, sondern auch um Menschen, die für Gerechtigkeit, Gleichberechtigung oder neue religiöse Bewegungen gekämpft haben.

Ein paar dieser spannenden Persönlichkeiten:

  • Amanda Berry Smith: Sie war eine ehemalige Sklavin, die später als Predigerin wirkte. Nach dem Bürgerkrieg setzte sie sich für die Gleichstellung von Schwarzen und Weißen ein – und tat das mit Hilfe ihres tiefen Glaubens.
  • Jerry Falwell: Ein evangelikaler Prediger, der in den 1980er Jahren die sogenannte New Christian Right mitgründete – eine ultrakonservative religiöse Bewegung, die politisch sehr einflussreich wurde. Er kämpfte unter anderem gegen Abtreibung, Feminismus und „liberale Werte“.
  • Pauli Murray: Eine schwarze Juristin, Theologin und Aktivistin, die sich für die Rechte von Frauen und Schwarzen starkmachte. Sie war eine der ersten afroamerikanischen Priesterinnen der anglikanischen Kirche. Nach ihrem Tod wurde sie zu einer Symbolfigur der LGBTQ-Community.
  • Billy Graham: Ein berühmter Baptistenpastor, der in den USA wie auch in Deutschland große Hallen füllte. Er predigte gegen „Unmoral“ und für ein konservatives Christentum – und hatte engen Kontakt zu vielen US-Präsidenten.

Warum ist das Buch wichtig?

Stefanie Coché nutzt die Lebensgeschichten dieser vierzehn Personen, um zu zeigen, wie Religion die amerikanische Gesellschaft geprägt hat – und das bis heute. Sie stützt sich dabei auf viele Originalquellen wie Reden, Briefe und Zeitungsartikel. So entsteht ein vielschichtiges Bild davon, wie religiöse Überzeugungen sich im Lauf der Zeit verändert haben und warum sie immer wieder großen Einfluss auf die Politik nehmen konnten.

Besonders spannend ist, dass Coché nicht nur die religiösen Inhalte betrachtet, sondern auch zeigt, wie stark Religion mit anderen gesellschaftlichen Themen zusammenhängt: Hautfarbe (race), soziale Herkunft (class) und Geschlechterrollen (gender) spielen immer wieder eine zentrale Rolle. Zum Beispiel sieht man bei Amanda Berry Smith, wie Religion auch als Werkzeug zur Überwindung von Rassismus dienen konnte. Oder bei Pauli Murray, wie Glaube und Kampf für Geschlechtergerechtigkeit Hand in Hand gehen können.

Gleichzeitig macht das Buch auch deutlich, dass Religion immer wieder auch zur Abgrenzung, Ausgrenzung oder politischen Machtkontrolle genutzt wurde – etwa bei Jerry Falwell. Das zeigt: Religion ist nicht per se „gut“ oder „schlecht“ – sie ist ein mächtiges Instrument, das auf sehr unterschiedliche Weise eingesetzt werden kann.


Für wen ist das Buch geeignet?

Religiöse Erweckung und irdische Macht“ ist kein trockenes Fachbuch nur für Theologen oder Historiker. Es richtet sich an alle, die verstehen wollen, warum Religion in den USA so viel politisches Gewicht hat – und warum das auch Auswirkungen auf den Rest der Welt hat. Durch die vielen persönlichen Geschichten liest sich das Buch oft wie eine Sammlung spannender Biografien, die ganz nebenbei ein größeres Bild der US-Gesellschaft zeichnen.

Besonders interessant ist das Buch für Menschen, die sich für Politik, Religion, Gesellschaft oder die Geschichte der USA interessieren – egal, ob man selbst religiös ist oder nicht. Die Sprache der Autorin ist gut verständlich, und sie erklärt komplexe Zusammenhänge klar und nachvollziehbar.


Fazit: Ein Buch, das den Blick schärft

Stefanie Coché zeigt in ihrem Buch eindrucksvoll, wie sehr Religion und Demokratie in den USA miteinander verbunden sind. Sie zeigt, dass Glaube in den USA nicht nur Privatsache ist, sondern oft auch politische Wirkung entfaltet – mal als Werkzeug für Gerechtigkeit, mal als Mittel zur Machtsicherung. Durch die spannenden Lebensgeschichten der vierzehn vorgestellten Personen wird Geschichte lebendig, greifbar und verständlich.

Ein kluges, informatives und zugleich gut lesbares Buch – das Lust macht, genauer hinzuschauen, wenn Religion und Politik aufeinandertreffen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Hamburger Edition; 1. Edition (3. März 2025)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 560 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3868543988
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3868543988
  • Abmessungen ‏ : ‎ 15 x 4.4 x 21.8 cm
  • 45 Euro

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*