/ Oktober 9, 2024/ Buch

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Und Sie sind also der Künstler? von Simon Bill ist ein scharfsinniger, humorvoller Roman, der die Kunstwelt Londons und gleichzeitig das menschliche Gehirn aufs Korn nimmt. Der Autor, selbst Künstler, schafft es, in seiner bissigen Satire die Absurditäten der Kunstszene zu entlarven und gleichzeitig wissenschaftliche Einblicke in die Neurowissenschaften zu geben.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein Antiheld, ein abstrakter Maler, dessen Karriere in einer Sackgasse steckt. Er hat keine wirklichen Erfolge vorzuweisen, und sein Lebensstil spiegelt die Unsicherheiten und Absurditäten der Londoner Kunstszene wider. Ständig ist er auf Vernissagen unterwegs, jedoch nicht, um seine Kunst zu präsentieren oder Kontakte zu knüpfen, sondern um kostenlose Drinks abzustauben. Seine Freundin, eine Kuratorin, hat ihn verlassen, und er scheint wenig Antrieb zu haben, sein Leben zu verändern. Der einzige Mensch, der ihm noch wirklich Aufmerksamkeit schenkt, ist sein Drogendealer, was die Misere seines Lebens treffend beschreibt.

Doch dann wendet sich das Blatt durch einen glücklichen Zufall: Der Maler erhält ein Arbeitsstipendium an einem neurologischen Institut. Dies eröffnet ihm nicht nur eine neue berufliche Perspektive, sondern bringt ihn auch in Kontakt mit einer völlig neuen Welt. Fasziniert von den Wissenschaftlern und ihren Forschungen am Institut, sieht er in dieser Umgebung die Chance, seine Karriere wieder in Schwung zu bringen. Vor allem aber lernt er die hübsche Amnesie-Patientin Emily kennen, zu der er sich hingezogen fühlt. Emily wird für ihn nicht nur zu einer Muse, sondern auch zu einem Symbol für das, was in seinem Leben fehlt: eine klare Richtung, ein Ziel, ein tieferes Verständnis für sich selbst und seine Kunst.

In der neuen Umgebung entwickelt der Maler die Idee, eine Ausstellung zu organisieren, die von der Neurowissenschaft inspiriert ist. Diese Ausstellung könnte ihm nicht nur den dringend benötigten beruflichen Erfolg bringen, sondern auch seine persönliche Situation verbessern – so zumindest seine Hoffnung. Doch das Institut birgt Geheimnisse, und nicht alles ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Während der Maler versucht, seine Karriere und sein Liebesleben wieder in den Griff zu bekommen, entwickelt sich die Geschichte in unerwartete Richtungen.

Simon Bill nutzt die Rahmenhandlung, um in beißendem Ton die Kunstwelt zu demontieren. Er zeigt, wie oberflächlich und korrupt die Szene sein kann, wie sich Galeristen und Künstler immer wieder gegenseitig übertrumpfen wollen, wer den neuesten Hype entdeckt oder den nächsten großen Namen in der Kunstszene findet. Der ständige Druck, als Künstler „innovativ“ zu sein und sich dabei den absurden Moden und Launen der Kunstszene zu beugen, wird ebenso thematisiert wie die Einsamkeit und das Scheitern, die viele Kreative in dieser Welt erleben.

Ein weiteres faszinierendes Element des Buches ist die Art und Weise, wie Bill Neurowissenschaften in die Handlung integriert. Das Gehirn und seine Funktionsweise spielen eine zentrale Rolle, und während der Maler mehr über die neurologischen Forschungen erfährt, gibt der Autor dem Leser auf unterhaltsame Weise einen Einblick in die Geheimnisse des menschlichen Geistes. Diese Kombination aus Satire und Wissenschaft macht das Buch zu etwas ganz Besonderem.

Und Sie sind also der Künstler? ist nicht nur eine Satire auf die Kunstszene, sondern auch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche, der Suche nach Sinn und dem Drang, sich in einer von Oberflächlichkeit geprägten Welt zu behaupten. Der Roman ist scharf, überraschend und bis zur letzten Seite spannend. Simon Bill gelingt es, die Absurditäten des Kunstbetriebs humorvoll darzustellen, ohne dabei den Ernst der persönlichen Krise seines Protagonisten aus den Augen zu verlieren. Mit Witz und Scharfsinn zeigt er, wie schwierig es ist, in einer Welt, die von Trends und Oberflächlichkeiten dominiert wird, eine echte künstlerische Stimme zu finden.

Der Roman beeindruckt durch seine originelle Erzählweise und die einzigartige Mischung aus Satire, Kunstkritik und wissenschaftlichen Einblicken. Simon Bill bietet mit seinem Buch sowohl Unterhaltung als auch Tiefgang und liefert einen frischen, unkonventionellen Blick auf die moderne Kunstwelt und das menschliche Gehirn. Die kritische Auseinandersetzung mit der Kunstszene und die kuriosen Fakten über das Gehirn machen den Roman zu einem außergewöhnlichen Leseerlebnis, das sowohl intellektuell herausfordert als auch zum Schmunzeln bringt.

  • Herausgeber ‏ : ‎ GOYA; 1. Edition (17. August 2023)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 412 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3833745622
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3833745621
  • Abmessungen ‏ : ‎ 12.8 x 3.8 x 20.6 cm

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