/ August 3, 2023/ Ratgeber, Rehabilitation

Andreas Mayer


In dem Buch „Gezielte Förderung bei Lese- und Rechtschreibstörungen“ von Andreas Mayer wird ausführlich auf die Herausforderungen und Fördermöglichkeiten für Kinder mit Lese- und Rechtschreibstörungen eingegangen. Diese Störungen gehören zu den häufigsten Entwicklungsproblemen im Kindesalter und betreffen viele Kinder weltweit. Daher ist es entscheidend, dass Lehrkräfte und TherapeutInnen gut informiert sind, um eine gezielte und effektive Unterstützung bieten zu können.

Ursachen und spezifische Defizite

Der Autor legt großen Wert darauf, die Ursachen und spezifischen Defizite von Lese- und Rechtschreibstörungen verständlich zu erklären. Eine zentrale Rolle spielt dabei die phonologische Informationsverarbeitung, also die Fähigkeit, Sprachlaute (Phoneme) korrekt wahrzunehmen, zu unterscheiden und zu manipulieren. Kinder mit Schwierigkeiten in diesem Bereich haben oft Probleme, die Laute in Wörtern richtig zu erkennen und zuzuordnen, was sich negativ auf ihre Lese- und Schreibfähigkeiten auswirkt.

Phonologische Bewusstheit und Graphem-Phonem-Korrespondenz

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Förderung liegt auf der phonologischen Bewusstheit, also dem Bewusstsein für die Struktur der Sprache und die einzelnen Laute. Kinder sollen lernen, Laute in Wörtern zu identifizieren, zu segmentieren (in Einzelteile zu zerlegen) und zu synthetisieren (Einzelteile zu einem Ganzen zusammenzusetzen). Diese Fähigkeiten sind grundlegend für das Erlernen der Schrift, da sie die Basis für die Graphem-Phonem-Korrespondenz bilden, also die Zuordnung von Buchstaben (Graphemen) zu Lauten (Phonemen).

Automatisierung und phonologisches Rekodieren

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Förderung ist die Automatisierung der Graphem-Phonem-Korrespondenzen. Ziel ist es, dass Kinder Buchstaben und Laute schnell und ohne bewusste Anstrengung miteinander verknüpfen können. Dies erleichtert das phonologische Rekodieren, also das Umwandeln von schriftlichen Buchstabenfolgen in gesprochene Sprache. Durch regelmäßige Übung und gezielte Fördermaßnahmen soll diese Fähigkeit so weit automatisiert werden, dass sie beim Lesen nicht mehr aktiv bedacht werden muss.

Worterkennung und Leseverständnis

Ein zentraler Bestandteil des Lesens ist die schnelle und korrekte Erkennung von Wörtern. Kinder müssen lernen, Wörter als Ganzes zu erfassen und deren Bedeutung zu verstehen. Dies trägt maßgeblich zum Leseverständnis bei, also der Fähigkeit, gelesene Texte zu verstehen und deren Inhalt zu erfassen. Mayer betont, dass das Leseverständnis nicht nur auf der Erkennung einzelner Wörter beruht, sondern auch auf der Fähigkeit, Sätze und ganze Texte zu verstehen und zu interpretieren.

Schriftsprachlicher Ausdruck und Rechtschreibung

Neben dem Lesen spielt auch der schriftsprachliche Ausdruck eine wichtige Rolle. Kinder sollen lernen, ihre Gedanken und Ideen in schriftlicher Form klar und korrekt auszudrücken. Dazu gehört auch die korrekte Rechtschreibung, die durch gezielte Übungen und Strategien verbessert werden kann. Mayer bietet in seinem Buch zahlreiche praktische Vorschläge und Übungen, die Lehrkräfte und TherapeutInnen in ihren Unterricht und ihre Therapie integrieren können, um die schriftsprachlichen Fähigkeiten der Kinder zu fördern.

Praxisorientierte Ansätze

Das Buch zeichnet sich durch seine praxisorientierten Ansätze aus. Mayer stellt zahlreiche konkrete Fördermaßnahmen und Übungen vor, die sich leicht in den Unterricht und die therapeutische Praxis integrieren lassen. Diese Maßnahmen sind auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und individuellen Bedürfnisse der Kinder abgestimmt und berücksichtigen alle wichtigen Bereiche des Lese- und Rechtschreiberwerbs.

  1. Phonologische Bewusstheit: Übungen zur Förderung der Fähigkeit, Laute in Wörtern zu identifizieren und zu manipulieren. Beispiele sind Reimspiele, Silbenklatschen und Lautanalyse.
  2. Graphem-Phonem-Korrespondenz: Aktivitäten zur Automatisierung der Zuordnung von Buchstaben zu Lauten, wie das Üben mit Buchstabenkarten und das Lautieren von Wörtern.
  3. Phonologisches Rekodieren: Training zur schnellen Umwandlung von Buchstabenfolgen in gesprochene Sprache, beispielsweise durch Lautleseübungen und Dekodierübungen.
  4. Worterkennung: Maßnahmen zur Verbesserung der schnellen und korrekten Worterkennung, darunter Blitzlesen und Wortkarten.
  5. Leseverständnis: Übungen zur Förderung des Textverständnisses, wie Fragen zum Text, Zusammenfassungen schreiben und Diskussionsrunden.
  6. Schriftsprachlicher Ausdruck und Rechtschreibung: Strategien zur Verbesserung der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit und der Rechtschreibung, wie das Schreiben von kurzen Texten, Diktaten und Rechtschreibregeln.

Integration in den Unterricht und die Therapie

Mayer betont die Wichtigkeit der Integration dieser Fördermaßnahmen in den täglichen Unterricht und die therapeutische Praxis. Die vorgeschlagenen Übungen und Strategien sind so konzipiert, dass sie flexibel und individuell an die Bedürfnisse der Kinder angepasst werden können. LehrerInnen und TherapeutInnen sollen die Kinder gezielt unterstützen und ihre Fortschritte regelmäßig überprüfen, um die Fördermaßnahmen entsprechend anzupassen.

Zusammenarbeit und Austausch

Ein weiterer Aspekt, den Mayer hervorhebt, ist die Bedeutung der Zusammenarbeit und des Austauschs zwischen Lehrkräften, TherapeutInnen und Eltern. Eine enge Zusammenarbeit und regelmäßige Kommunikation sind entscheidend, um die Kinder optimal zu unterstützen und eine konsistente Förderung zu gewährleisten. Eltern sollen in den Förderprozess einbezogen werden, um auch zu Hause eine unterstützende Lernumgebung zu schaffen.

Fazit

„Gezielte Förderung bei Lese- und Rechtschreibstörungen“ von Andreas Mayer ist ein umfassendes und praxisorientiertes Werk, das Lehrkräften und TherapeutInnen wertvolle Einblicke und konkrete Hilfestellungen bietet. Durch die verständliche Darstellung der Ursachen und spezifischen Defizite sowie die zahlreichen Praxisvorschläge wird das Buch zu einem unverzichtbaren Begleiter für alle, die Kinder mit Lese- und Rechtschreibstörungen gezielt fördern möchten. Die Integration der vorgestellten Maßnahmen in den Unterricht und die Therapie ermöglicht eine individuelle und effektive Unterstützung, die auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Bedürfnisse der Kinder abgestimmt ist.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Ernst Reinhardt Verlag; 4., überarbeitete Edition (11. Juli 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Broschiert ‏ : ‎ 179 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3497031453
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3497031450
  • Abmessungen ‏ : ‎ 16.6 x 1.4 x 22.8 cm

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