/ April 20, 2025/ Buch

Dieses Buch ist der zweite Band einer erschütternden Romanreihe, die das Leben und die Taten des nationalsozialistischen Verbrechers Christian Wirth beschreibt. Der Autor John Wyttmark führt in „Der Vernichter, Band 2: Costermano“ die Geschichte aus dem ersten Band weiter. Es ist ein fesselndes, aber zugleich schwer auszuhaltendes Buch, das sich tief mit den grausamen Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzt. Es erzählt in schonungsloser Sprache vom systematischen Massenmord, von menschlicher Kälte – und von einer Zeit, in der das Unvorstellbare Wirklichkeit wurde.

Wer war Christian Wirth?

Christian Wirth war einer der Hauptverantwortlichen für die sogenannten Euthanasie-Morde und später für den industriellen Massenmord an Millionen von Menschen im Holocaust. Im ersten Band wurde seine Rolle im Rahmen der „T4-Aktion“ dargestellt – das war das systematische Töten von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen im Auftrag des Nazi-Regimes.

Im zweiten Band beginnt ein neues Kapitel in seinem Leben – und es wird noch grausamer.

Vom Euthanasieprogramm zur „Endlösung“

Nach dem Ende der „Euthanasie“-Aktion bekommt Christian Wirth neue Aufgaben. Bevor er seine Arbeit in der Verwaltung des besetzten Polens antritt, besucht er das Getto in Lodz und das erste Vernichtungslager in Chelmno. Dort werden Juden in Lastwagen mit Abgasen vergiftet – ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.

Kurz darauf wird Wirth an den SS-Führer Odilo Globocznik übergeben. Dieser ist verantwortlich für die sogenannte „Aktion Reinhardt“ – die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Polen. Wirth bekommt die Aufgabe, das erste Vernichtungslager Belzec zu errichten. Es liegt an einem Hügel in der Nähe der Straße von Zamosc nach Lemberg. Dort beginnen am 17. März 1942 die ersten Massentransporte. Menschen werden in Züge gezwungen, in das Lager gebracht und dort ermordet.

Belzec, Sobibor, Treblinka

Wirth probiert in Belzec verschiedene Methoden, um möglichst effizient zu töten. Er wird Kommandant des Lagers und bald darauf Inspekteur für alle Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“. Es folgen die Lager Sobibor und Treblinka, die schnell zu Orten des millionenfachen Mordens werden. Innerhalb eines Jahres – 1942 – werden etwa zwei Millionen Menschen in diesen Lagern ermordet: Juden aus Polen, der Sowjetunion und Westeuropa.

Die Spuren der Verbrechen beseitigen

Als das Nazi-Regime merkt, dass der Krieg sich wendet, beginnt 1943 die sogenannte „Aktion 1005“. Dabei sollen die Spuren der Morde beseitigt werden. In den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka lässt Wirth die Leichen aus den Massengräbern holen und verbrennen. Die Feuer brennen monatelang. Auch hier geht er ohne Mitgefühl oder Menschlichkeit vor – ganz nach der Logik der Vernichtungsmaschinerie.

Später übernimmt Wirth die Aufsicht über die Zwangsarbeitslager. Er lässt die Menschen dort unter schlimmsten Bedingungen schuften, viele sterben an Hunger, Krankheit oder werden gezielt getötet.

Der letzte Abschnitt: Triest und „Aktion Erntefest“

Im Herbst 1943 folgt Wirth seinem Vorgesetzten Globocznik nach Triest in Norditalien. Doch vorher organisiert er noch eine der grausamsten Massenmorde des Holocaust: die sogenannte „Aktion Erntefest“. Innerhalb von wenigen Tagen werden über 42.000 Juden in verschiedenen Lagern ermordet – in Majdanek, Trawniki und Poniatowa.

In Triest geht das Töten weiter. Wirth fängt erneut Juden, lässt sie quälen und töten. Kurz bevor die Alliierten näher rücken, wird er Kommandant für Sicherheitsaufgaben. Am 28. Mai 1944 stirbt er – entweder durch Partisanen oder durch eigene Leute. Es bleibt unklar.

Das Besondere am Buch

John Wyttmark beschreibt die Geschehnisse sehr direkt und bildhaft. Er nutzt eine Sprache, die den Schrecken greifbar macht. Man fühlt sich als Leser:in oft mitten im Geschehen – was manchmal schwer auszuhalten ist. Der Autor gibt den Opfern Namen und Gesichter. Er zeigt nicht nur die Taten von Christian Wirth, sondern auch, wie viele Menschen daran beteiligt waren. Massenmord wurde zur „Arbeit“ – organisiert, geplant, arbeitsteilig umgesetzt.

Das Buch ist nichts für schwache Nerven. Es ist brutal, ehrlich und schockierend – aber gerade deshalb so wichtig. Es zeigt, wie gefährlich Gleichgültigkeit, Gehorsam und Hass sein können. Und es macht deutlich: Diese Verbrechen waren nicht das Werk eines Einzelnen, sondern von vielen, die bereit waren, ihre Menschlichkeit aufzugeben.

Ein wichtiger Beitrag zum Erinnern

„Der Vernichter, Band 2“ ist ein düsteres, aber notwendiges Buch. Es hilft zu verstehen, wie der Holocaust möglich war. Wie Menschen zu Tätern wurden. Und wie wichtig es ist, niemals zu vergessen. Die historischen Einschübe des Autors helfen, die Ereignisse besser einzuordnen. Man merkt: Hier schreibt jemand, der sich intensiv mit der Geschichte auseinandergesetzt hat.

Das Buch ist besonders empfehlenswert für alle, die sich mit dem Holocaust, der NS-Zeit, mit Euthanasie-Programmen oder dem Porajmos (dem Völkermord an den Sinti

  • Herausgeber ‏ : ‎ Sparkys Edition Verlag Kommunikation Romer; Neuerscheinung Edition (20. Februar 2025)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Broschiert ‏ : ‎ 412 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3949768416
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3949768415
  • Lesealter ‏ : ‎ Ab 18 Jahren
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.1 x 2.9 x 21.1 cm
  • 16,90 Euro

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