/ Mai 6, 2025/ Buch

Stell dir vor: Du wachst auf, dein Kopf dröhnt, dein Gedächtnis ist weg, und der Mann am Bett behauptet, dein Ehemann zu sein. Blöd nur, dass du dich nicht mal an deinen Namen erinnern kannst. Willkommen bei Clara. Ihre innere Festplatte wurde gelöscht, und keiner weiß, wer der Hacker war. Ein Einbrecher? Ihr Ehemann? Oder sie selbst beim Versuch, ihren letzten Newsletter abzumelden?

Sophie Kendrick liefert mit diesem Roman einen clever erzählten Thriller, der das Gehirn des Lesers ordentlich auf Trab bringt. Wir erleben alles durch Claras Augen – oder besser gesagt: durch ihren Gedächtnis-Nebel. Das macht die Sache besonders spannend, denn wir wissen immer genau so viel (oder so wenig) wie sie. Und seien wir ehrlich – das ist manchmal ziemlich wenig. Vertrauen ist gut, aber wenn du nicht mal weißt, ob du deinen eigenen Geschmack magst, wird’s knifflig.

Clara – Gedächtnisverlust mit Stil

Clara ist unsere Heldin, und auch wenn sie keine Ahnung hat, wer sie war, merkt man schnell: Die „alte“ Clara war vielleicht nicht unbedingt der Sonnenschein vom Dienst. Ihre jetzige Version ist sympathisch, neugierig, und gelegentlich ein bisschen naiv – was aber in Anbetracht ihres totalen Gedächtnisausfalls ziemlich verständlich ist. Man kann ihr jedenfalls nicht vorwerfen, dass sie sich zu schnell einlässt – immerhin zweifelt sie irgendwann an allem und jedem, inklusive ihres eigenen Spiegelbilds.

Roland Winter – Gatte oder Gaukler?

Dann hätten wir da noch Roland, den charmanten Schriftsteller-Ehemann mit dem perfekten Seitenscheitel und der Aura von „Ich sage immer die Wahrheit – vielleicht“. Er ist fürsorglich, aufmerksam … und irgendwie zu nett, um wahr zu sein. So eine Art Mann, der dir morgens Frühstück macht – und du fragst dich trotzdem, ob er dir vorher Schlafmittel ins Müsli gerührt hat. Man weiß nie so recht, ob man ihn umarmen oder mit einer Taschenlampe verfolgen möchte.

Jan Colbe – Polizist mit Herz und Fragezeichen

Und dann tritt da noch Jan Colbe auf den Plan. Polizist. Besorgt. Kompetent. Irgendwie vertrauenserweckend – oder doch nicht? Auch er trägt seinen Teil zum Misstrauenskarussell bei, das sich in Claras Welt immer schneller dreht. Zwischen Rückblenden, Andeutungen und verschwundenen Personen fragt man sich als Leser: Wer sagt hier eigentlich die Wahrheit? Und wo zur Hölle ist diese geheimnisvolle Frau geblieben, mit der Clara am Tag des Vorfalls verabredet war?

Spannung, Stil und eine Prise Paranoia

Sophie Kendrick schreibt flott, flüssig und angenehm lesbar. Keine verschachtelten Sätze, keine staubtrockene Psychologie – stattdessen bekommt man eine gesunde Mischung aus Spannung, Gefühlschaos und einem Hauch von „Was-zur-Hölle-geht-hier-vor?“. Gerade die Ich-Perspektive sorgt dafür, dass man als Leser miträtselt, mitleidet – und mitunter mit einem Auge hinter die Couch guckt, ob sich da nicht auch jemand versteckt.

Natürlich gibt’s auch ein paar Ecken und Kanten: Manche Fragen rund um Claras Vergangenheit – vor allem ihre mysteriöse Mutter und gewisse Gefängniserfahrungen – werden eher großzügig überflogen als sauber aufgelöst. Da hätte man sich vielleicht etwas mehr Tiefgang gewünscht. Aber hey – bei der Menge an Identitätskrisen und Mordversuchen kann man schon mal ein paar Details übersehen.

Fazit: Spannung mit Gehirnknoten und Herzklopfen

Dieses Buch ist wie ein Puzzle, bei dem man das Motiv nicht kennt und das Coverbild verloren gegangen ist – aber genau das macht es so spannend. Man fühlt sich wie ein Ermittler im eigenen Kopf – nur dass der Kopf nicht einem selbst gehört, sondern Clara. Und Clara ist nett, wenn auch etwas verwirrt.

Wer Lust hat auf einen unterhaltsamen, clever erzählten Psychothriller mit viel Gefühl, überraschenden Wendungen und ein paar offenen Fragen, der wird mit diesem Buch auf jeden Fall Spaß haben – oder zumindest ordentlich mitfiebern.

Kurz gesagt:
Spannung? Ja.
Emotionen? Auch.
Gedächtnisverlust? Absolut.
Humor beim Lesen? Wenn man’s will – definitiv!

Für Fans von:
Büchern, bei denen man nicht sicher ist, wem man trauen kann, Filmen wie „Gone Girl“ (nur mit weniger Blut) oder Menschen, die sich gern mit Identitätsfragen beschäftigen – aber ohne Psychologie-Studium.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Rowohlt Taschenbuch; 1. Auflage, Neuausgabe (15. April 2025)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 320 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3499016664
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3499016660
  • Abmessungen ‏ : ‎ 12.4 x 2.06 x 18.9 cm
  • 14 Euro

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