/ Oktober 20, 2024/ Buch

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Das Buch „Kunststoff – Zauberstoff: Freiheit und Grenzen der Gestaltung“ von Christiane Wachsmann und dem HfG-Archiv/Museum Ulm beleuchtet die revolutionäre Rolle von Kunststoffen in der Welt des Designs und der Produktgestaltung. Kunststoffe, ein Material, das in der Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung gewann, symbolisieren wie kein anderes Material die Demokratisierung von Alltagsgegenständen. Durch ihre Vielseitigkeit und Erschwinglichkeit wurden sie zum bevorzugten Werkstoff für massenproduzierte Konsumartikel, die für breite Bevölkerungsschichten zugänglich waren. Gleichzeitig boten sie auch hochwertige Lösungen für langlebige Industrieprodukte.

An der Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG), die von 1953 bis 1968 existierte, spielten Kunststoffe eine zentrale Rolle in der Ausbildung und Forschung von Produktgestaltern. Im Jahr 1959 wurde dort eine eigene Kunststoffwerkstatt eingerichtet, die es den Studierenden und Lehrenden ermöglichte, die Möglichkeiten und Herausforderungen dieses neuen Werkstoffs intensiv zu erforschen. Diese Zeit markierte einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des Designs: Der Beruf des Produktgestalters, wie wir ihn heute kennen, entwickelte sich in dieser Ära maßgeblich. Die HfG Ulm legte dabei großen Wert darauf, dass ihre Studierenden nicht nur funktionale Produkte für den Massenmarkt schufen, sondern dabei auch die Ideale der „Guten Form“ – also klare, funktionale und ästhetisch ansprechende Designs – verfolgten.

Kunststoffe brachten in dieser Zeit eine wahre Revolution in der Produktgestaltung mit sich. Sie waren nicht nur kostengünstige Alternativen zu traditionellen Materialien wie Holz oder Metall, sondern auch extrem anpassungsfähig. Aufgrund ihrer formbaren Eigenschaften eigneten sie sich hervorragend für den Modellbau und ermöglichten Gestaltern, Prototypen für zukünftige Industrieprodukte zu entwickeln. Dadurch wurde die Vorstellung von einer massenhaften Produktion von Alltagsgegenständen ohne Qualitätsverlust plötzlich greifbar. Kunststoffe standen für eine neue Ära des Designs, in der Massenproduktion und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten zusammengeführt werden konnten.

Doch trotz all ihrer Vorteile war der Umgang mit Kunststoffen nicht ohne Herausforderungen. Das Buch stellt die Frage, wie Designer mit den vielen neuen Gestaltungsmöglichkeiten umgehen sollten, die Kunststoffe boten. Einerseits eröffneten sie eine bisher ungekannte Freiheit in der Formgebung, andererseits war es schwierig, die traditionellen Ideale des guten Designs auf Produkte zu übertragen, die in großen Mengen und oft zu günstigen Preisen hergestellt wurden. Die Herausforderung bestand darin, dass Massenproduktion und qualitativ hochwertiges Design oft im Widerspruch zueinander standen.

Die Autoren zeigen, dass die HfG Ulm ein Vorreiter bei der Erforschung dieser Problematik war. Hier wurden wegweisende Ansätze entwickelt, wie Kunststoffe sinnvoll in den Produktionsprozess integriert werden konnten, ohne dass dabei die Qualität des Designs verloren ging. Produkte sollten nicht nur funktional und erschwinglich sein, sondern auch eine ästhetische und soziale Verantwortung tragen. Diese Ideale der „Guten Form“, die bereits in der frühen Moderne entstanden waren, wurden an der HfG mit den neuen technischen Möglichkeiten der Kunststoffverarbeitung in Einklang gebracht.

Das Buch verdeutlicht, wie die modernen Kunststoffe eine Balance zwischen Freiheit und Einschränkungen in der Gestaltung ermöglichen. Sie befreien die Gestalter von den starren Formen traditioneller Werkstoffe, setzen ihnen jedoch auch neue Grenzen, die im Designprozess berücksichtigt werden müssen. So wird die Entwicklung des modernen Produktdesigns durch Kunststoffe als ein Prozess beschrieben, der von Innovationen, Experimenten und auch Widersprüchen geprägt ist.

Insgesamt bietet „Kunststoff – Zauberstoff: Freiheit und Grenzen der Gestaltung“ einen tiefen Einblick in die Geschichte und Bedeutung von Kunststoffen im Design. Es zeigt, wie dieses Material die Gestaltung unserer Alltagsgegenstände revolutionierte und welche Rolle es bei der Entwicklung des heutigen Berufsbildes des Produktgestalters spielte. Dabei wird deutlich, dass Kunststoffe weit mehr sind als nur ein billiger Ersatz für andere Materialien – sie sind der Schlüssel zu einer neuen Welt der Gestaltung, in der Freiheit und Grenzen stets neu verhandelt werden müssen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ avedition; 1. Edition (14. Juni 2023)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 128 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 389986400X
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3899864007
  • Abmessungen ‏ : ‎ 22.3 x 0.2 x 33.8 cm
  • 328 Gramm

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