/ September 26, 2024/ Buch

von Antonela Marušić und Marie Alpermann

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Der Roman „Mitgift“ von Antonela Marušić erzählt die Geschichte der jungen Nela, die im Alter von acht Jahren von ihrer Mutter allein mit der Fähre von Split zur Insel Korčula geschickt wird. Dort wird sie von ihrer geliebten Großmutter erwartet, die eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielen wird. Diese Großmutter ist eine Hüterin von Geheimnissen der Natur und der Küche, die sie Nela im Laufe der Jahre beibringt. Doch das Leben auf der Insel ist nicht einfach. Auf dem Bauernhof, auf dem sie lebt, begegnet Nela auch ihrem Onkel, der sie ungerecht behandelt und bestraft. Nach einer besonders schmerzhaften Strafe – Barba hat sie mit einem Gürtel geschlagen – beschließt Nela, sich auf ihre eigene Art zu rächen: Sie will Schriftstellerin werden, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten und zu erzählen.

In dieser Zeit der frühen Kindheit ist Nela tief beeindruckt von den Erzählungen ihrer Großmutter. Eine Geschichte, die sie besonders bewegt, handelt von den Jahren der Großmutter im Flüchtlingslager El Shatt in Ägypten. Dort lebte die Großmutter während des Zweiten Weltkriegs, nachdem sie wie viele andere Menschen vor der Wehrmacht fliehen musste. Diese Erzählungen zeigen Nela eine andere, härtere Realität, die dennoch von Mut und Überlebenswillen geprägt ist.

Mit der Zeit wird Nela älter und erlebt die Zerrissenheit zwischen zwei Welten: dem einfachen, oft kargen Leben auf der Insel und dem hektischen Alltag in der Stadt Split, wo sie zur Schule geht. Diese Gegensätze spiegeln sich nicht nur im Lebensstil, sondern auch in der Sprache wider. Nela wächst mit dem Dialekt ihrer Großmutter auf, doch in der Stadt wird von ihr erwartet, die Hochsprache zu sprechen. Diese sprachliche und kulturelle Kluft verstärkt Nelas Gefühl der Fremdheit. Hinzu kommt, dass sie sich zunehmend für ihre soziale Herkunft schämt, da sie aus ärmlichen Verhältnissen stammt. In der Stadt wird sie mit einer Welt konfrontiert, in der Klassenunterschiede deutlich spürbar sind, und sie empfindet Scham und Minderwertigkeitsgefühle.

Trotz dieser Herausforderungen hält Nela an ihrem Traum fest, Schriftstellerin zu werden. Sie entdeckt ihre eigene Identität und beginnt, sich mit ihrer Sexualität auseinanderzusetzen. Dabei versucht sie, sich von den starren gesellschaftlichen Rollenbildern zu lösen, die ihr vorgegeben werden. Sie will ihren eigenen Weg gehen, fernab der Konventionen, die von ihr als Frau und Mitglied einer ärmeren Schicht erwartet werden.

Der Roman zeichnet sich durch seine besondere Sprache aus, die von den Geschichten und der Ausdrucksweise der Großmutter stark beeinflusst ist. Die Großmutter spricht in einer volkstümlichen Sprache, die voller Weisheit und Lebensklugheit ist. Diese Art der Erzählweise gibt dem Roman eine erfrischende und eindringliche Note. Besonders gelungen ist die Darstellung der Beziehung zwischen den Generationen. Die Großmutter ist für Nela ein Fels in der Brandung – ein Ort der Liebe und des Muts, trotz der engen sozialen Strukturen und Konventionen, die ihr Leben prägen. Nela, die das Leben aus der Perspektive der Unterschicht betrachtet, begegnet den Herausforderungen des Erwachsenwerdens mit einem unstillbaren Wissensdurst und einem kritischen Blick auf die Welt um sie herum.

Die Großmutter gibt Nela nicht nur praktische Ratschläge, sondern vermittelt ihr auch ein starkes Fundament für die Zukunft. Sie ermutigt sie dazu, an ihren Träumen festzuhalten und sich nicht von den Widrigkeiten des Lebens entmutigen zu lassen. Diese Verbindung zwischen der alten und der jungen Generation wird im Roman sehr einfühlsam und lebendig dargestellt.

„Mitgift“ ist ein berührender Roman über das Erwachsenwerden, die Suche nach Identität und den Wunsch, den engen gesellschaftlichen Zwängen zu entfliehen. Nela kämpft um ihre Freiheit und um die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen – unabhängig von den sozialen Erwartungen, die an sie gestellt werden. Der Roman fängt die Spannungen zwischen Tradition und Moderne, zwischen Insel- und Stadtleben, zwischen Dialekt und Hochsprache ein und bietet zugleich eine eindringliche Reflexion über den Platz des Einzelnen in der Gesellschaft.

„Mitgift“ ist ein tief berührender Roman über das Erwachsenwerden und den Kampf um Freiheit und Selbstverwirklichung. Die lebendige Sprache und die Weisheit der Großmutter verleihen der Geschichte eine einzigartige Kraft. Nelas Reise zwischen Tradition und Moderne ist fesselnd und inspirierend. Absolute Leseempfehlung!

  • Herausgeber ‏ : ‎ Edition CONVERSO; 1. Edition (9. Februar 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 224 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3949558217
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3949558214
  • Originaltitel ‏ : ‎ Moja Dota
  • Abmessungen ‏ : ‎ 12.2 x 1.9 x 21.5 cm
  • 336 Gramm
  • 22 Euro

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