Håkan Nesser hat mit seinen Krimi-Romanreihen um Kommissare Van Veeteren und Barbarotti auch außerhalb Schwedens eine treue Fangemeinde aufgebaut. Nessers Romane zeichnen sich nicht nur durch die Aufklärung von Verbrechen aus, sondern tauchen tief in die Persönlichkeiten der Figuren ein und sind zugleich von einer einzigartigen Mischung aus philosophischen Betrachtungen und lakonischem Humor umgeben.
In seinem neuen Werk mit dem bereits wegweisenden Untertitel „Die Chronik des Adalbert Hanzon in Gegenwart und Vergangenheit, von ihm selbst verfasst“ deutet Nesser an, dass er einmal mehr die konventionellen Krimi-Strukturen auf eigene Weise umschifft. Adalbert Hanzon verbringt seinen Lebensabend in einer Stadt, die nur kurz und anonym als M bezeichnet wird.
Adalbert Hanzon ist ein 74-jähriger Mann mit nachlassender Erinnerung und Rückenproblemen. Manchmal trinkt er Whiskey mit seinem Nachbarn Ullberg, den er eigentlich nicht besonders mag. Im Allgemeinen ist er ein grummeliger und pessimistischer alter Mann, der wöchentlich Listen schreibt, um sein Gedächtnis zu schärfen, was nur teilweise gelingt.
Adalberts Leben wird jedoch völlig durcheinandergebracht, als er in der Apotheke seinen Nachschub an Samarin gegen Sodbrennen auffüllen will und glaubt, auf einem Stuhl eine Frau wiedererkennen zu müssen, die vor über 40 Jahren die einzige Liebe in seinem Leben war und dann spurlos verschwand. Natürlich traut sich Adalbert nicht, die Frau, die er als Andrea Altman kennt, anzusprechen, aber er möchte Gewissheit haben, also beauftragt er seine Cousine, im Schwimmbad nach einer Frau mit einer Tätowierung „14/6“ über der Brust Ausschau zu halten. Adalberts Trinkkumpan mischt sich auch ohne Erlaubnis in Adalberts Ermittlungen ein, aber erst ein engagierter Privatdetektiv findet heraus, dass die Frau, die sich nun Beate Bausen nennt, an der Adresse wohnt.
Aber zuerst setzt er sich an seinen Küchentisch und schreibt seine Chronik. Er schweift oft ab und erzählt uns etwas völlig anderes, als würde uns tatsächlich ein alter Mann seine Geschichte erzählen. Am Ende muss er immer wieder auf der Couch liegen, um seinen Rücken zu schonen. „Trotz allem, was du vielleicht denkst, bist du der Welt nicht wichtig.“ Das ist das einzige Lebensmotto, das ihm sein Vater mitgegeben hat. Obwohl er nach der Schule nur als Hausmeister gearbeitet hat, hat er es ganz gut geschafft. Jetzt, ein halbes Jahrhundert und eine Haftstrafe später, holt ihn seine Vergangenheit wieder ein. Da sich Adalbert beim Erzählen immer wieder verzettelt, erfahren wir lange nicht, was es mit dieser Haftstrafe auf sich hat. Meine Neugier treibt mich durch das Buch. Der Roman hat alles, was ich als Leserin mir wünschen kann: Spannung, die unterschwellig am Köcheln ist, und Humor, der so trocken ist, dass ich den alten Griesgram am liebsten durchgeschüttelt hätte.
Um seinen Verstand gegen Vergesslichkeit zu schützen, hat er verschiedene Methoden entwickelt, darunter die Erstellung einer Liste mit sieben Namen von Personen und ihren Beschreibungen jeden Sonntagabend, um sich jeden Morgen anhand dieser Beschreibungen an die Namen zu erinnern.
„Der Halbmörder“ ist ein unterhaltsamer und spannender Roman, der von einem älteren, aber immer noch faszinierenden Hauptcharakter handelt. Die Geschichte um Andrea und Adalberts Vergangenheit hält den Leser in Atem und Nessers Schreibstil macht das Buch zu einer leicht zu lesenden und unterhaltsamen Lektüre.
- Herausgeber : btb Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition (9. November 2022)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 288 Seiten
- ISBN-10 : 3442758726
- ISBN-13 : 978-3442758722