/ Juli 24, 2024/ Ratgeber, Rehabilitation

„Hör auf mit der Selbstsabotage: Unbewusste Narzissmusfallen erkennen und hinter sich lassen“ von Dr. med. Pablo Hagemeyer ist ein aufschlussreiches Buch, das sich mit dem Thema Selbstsabotage und deren Verbindung zu narzisstischen Eigenschaften beschäftigt. Der Autor, ein erfahrener Psychiater und Narzissmus-Experte, bietet in diesem Werk einen umfassenden Einblick in die Mechanismen, die uns dazu bringen, unsere eigenen Ziele zu untergraben.

Selbstsabotage und ihre Alltagsbeispiele

Hagemeyer beginnt damit, häufige Szenarien zu beschreiben, in denen Menschen sich selbst sabotieren: das Verweilen in ungesunden Beziehungen, das unbedachte Naschen, das Fastenvorhaben zunichtemacht, oder die lockere Hand am Geldbeutel trotz Sparplänen. Diese Verhaltensweisen scheinen auf den ersten Blick widersprüchlich, aber der Autor zeigt, dass sie oft tief verwurzelte psychologische Ursachen haben.

Narzissmus als Ursache von Selbstsabotage

Ein zentraler Punkt des Buches ist die Verbindung zwischen Selbstsabotage und Narzissmus. Hagemeyer erklärt, dass Narzissmus nicht nur in extremer Form auftritt, sondern in jedem von uns vorhanden sein kann. Diese narzisstischen Tendenzen können sich auf subtile Weise äußern, etwa durch übermäßige Selbstkritik oder unrealistische Erwartungen an sich selbst. Der innere Kritiker, den viele Menschen in sich tragen, kann dabei besonders destruktiv sein. Wenn dieser Kritiker zu laut wird, können selbst kleinste Fehler oder Misserfolge zu großen Selbstzweifeln führen, die uns dann daran hindern, unsere Ziele zu erreichen.

Hagemeyer zeigt auch auf, wie Bindungsangst – ein weiteres häufiges narzisstisches Merkmal – zu Selbstsabotage in Beziehungen führen kann. Menschen mit Bindungsangst könnten Beziehungen sabotieren, weil sie unbewusst Angst haben, verletzt oder abgelehnt zu werden. Sie könnten sich distanzieren, abweisend verhalten oder unbewusst nach Fehlern bei ihrem Partner suchen, um eine tiefe emotionale Verbindung zu vermeiden.

Fallbeispiele und persönliche Erfahrungen

Der Autor verwendet zahlreiche Beispiele aus seiner Praxis und seinem eigenen Leben, um die Konzepte greifbarer zu machen. Besonders interessant sind die Geschichten aus einem schwierigen Sommerurlaub, den Hagemeyer mit seiner Frau Carlota, genannt „Lotti“, verbrachte. Diese Anekdoten dienen nicht nur zur Veranschaulichung, sondern zeigen auch, dass selbst jemand, der sich so intensiv mit psychischen Themen beschäftigt, wie Hagemeyer, nicht vor den Fallstricken der Selbstsabotage gefeit ist.

Durch diese Geschichten wird deutlich, dass Selbstsabotage kein Zeichen von Schwäche oder mangelndem Willen ist, sondern oft tiefere psychologische Wurzeln hat. Diese Einsicht kann helfen, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln, anstatt sich für vermeintliche Fehler zu verurteilen.

Der Weg zur Überwindung von Selbstsabotage

Hagemeyer betont, dass der Schlüssel zur Überwindung von Selbstsabotage in der Entwicklung von Empathie und Selbstliebe liegt. Er argumentiert, dass wir erst, wenn wir uns selbst wertschätzen und akzeptieren, in der Lage sind, unsere Verhaltensmuster zu ändern. Selbstliebe bedeutet nicht, narzisstisch zu sein, sondern eine gesunde Anerkennung der eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu haben.

Das Buch bietet konkrete Ratschläge und Übungen, um diese Selbstakzeptanz zu fördern. Dazu gehört, sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden und sich selbst mit derselben Freundlichkeit und Vergebung zu behandeln, die man einem Freund entgegenbringen würde. Hagemeyer zeigt auch, wie wichtig es ist, realistische Ziele zu setzen und sich kleine Erfolge anzuerkennen, anstatt sich ständig auf das zu konzentrieren, was noch nicht erreicht wurde.

Der innere Narzisst und gesellschaftliche Implikationen

Ein weiterer interessanter Aspekt des Buches ist Hagemeyers Diskussion über den „inneren Narzissten“ und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft. Er beschreibt, wie narzisstische Tendenzen nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch in gesellschaftlichen Strukturen und Beziehungen wirken können. Diese Tendenzen können zu einem ständigen Bedürfnis nach Anerkennung und Erfolg führen, was wiederum zu Burnout und Unzufriedenheit beitragen kann.

Hagemeyer bietet eine kritische Reflexion darüber, wie unsere Gesellschaft oft narzisstische Eigenschaften wie Ehrgeiz und Perfektionismus belohnt, während sie Empathie und Selbstakzeptanz vernachlässigt. Diese kulturelle Dynamik kann dazu beitragen, dass Menschen ihre eigenen Bedürfnisse übersehen und sich in einem ständigen Wettlauf um Erfolg und Anerkennung verlieren.

Schlussfolgerung

„Hör auf mit der Selbstsabotage“ ist ein wertvoller Leitfaden für jeden, der seine eigenen Verhaltensmuster besser verstehen und verändern möchte. Dr. Pablo Hagemeyer gelingt es, komplexe psychologische Konzepte auf eine zugängliche und verständliche Weise zu erklären. Durch seine persönlichen Einblicke und praktischen Ratschläge bietet er den Lesern Werkzeuge, um sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen besser zu verstehen und zu verbessern.

Das Buch ist nicht nur für Menschen nützlich, die direkt mit Selbstsabotage zu kämpfen haben, sondern auch für diejenigen, die ihre emotionalen und psychologischen Muster besser verstehen möchten. Es lädt zu einer tiefgehenden Selbstreflexion ein und ermutigt dazu, einen gesünderen und liebevolleren Umgang mit sich selbst zu entwickeln.

Mit seinem humorvollen und einfühlsamen Schreibstil schafft Hagemeyer eine Verbindung zu den Lesern, die über die bloße Wissensvermittlung hinausgeht. „Hör auf mit der Selbstsabotage“ ist eine inspirierende Lektüre, die Hoffnung gibt und zeigt, dass es nie zu spät ist, sich selbst zu verändern und zu wachsen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Knaur HC; 1. Edition (2. Mai 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Broschiert ‏ : ‎ 240 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3426447282
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426447284
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.5 x 2.24 x 21 cm

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