
Mary Shelley ist vor allem als Autorin des berühmten Romans „Frankenstein“ bekannt. Doch sie schrieb noch ein weiteres, sehr besonderes Werk: „Mathilda“ – ein kurzer, aber tief bewegender Roman, der erst mehr als hundert Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht wurde. Lange war das Buch vergessen, heute gilt es als kleines literarisches Meisterwerk, das sich mit dunklen Gefühlen, Einsamkeit und innerem Schmerz beschäftigt.
Worum geht es in „Mathilda“?
Die Hauptfigur ist ein junges Mädchen namens Mathilda, das unter sehr traurigen Umständen aufwächst. Ihre Mutter stirbt kurz nach ihrer Geburt, und ihr Vater – tief getroffen von diesem Verlust – kann das Kind nicht ansehen, ohne an seine verstorbene Frau erinnert zu werden. Deshalb verlässt er seine Tochter, lässt sie allein zurück und geht ins Exil. Mathilda wird von Verwandten großgezogen, doch sie bleibt einsam und ohne echte Liebe.
Erst viele Jahre später kehrt ihr Vater zurück. Mathilda ist inzwischen eine junge Frau. Anfangs ist sie glücklich über seine Rückkehr – sie hofft auf eine richtige Familie und darauf, endlich geliebt zu werden. Doch diese Hoffnung wird bald zerstört. Denn es wird deutlich: Die Beziehung zwischen Vater und Tochter entwickelt sich in eine problematische und bedrückende Richtung. Der Vater hegt Gefühle, die ein Elternteil nicht haben sollte – ein Thema, das damals so heikel war, dass der Roman nicht veröffentlicht wurde.
Als Mathilda diese Wahrheit erkennt, zieht sie sich vollkommen zurück. Sie flieht aus der Gesellschaft, lebt allein in der Natur und versucht, mit ihrem Schmerz und ihrer Schuld umzugehen. Der Roman schildert ihre innere Welt, ihre Gedanken und Gefühle, ihr Ringen mit der Vergangenheit – und ihren langsamen Weg in die Verzweiflung.
Was macht „Mathilda“ besonders?
Mary Shelley hat diesen Roman mit gerade einmal 19 Jahren geschrieben – und doch zeigt er eine tiefe psychologische und emotionale Reife. Das Buch ist kein klassischer Spannungsroman, sondern ein intensives Seelendrama, das sich mit schweren Themen wie Trauer, Einsamkeit, unerfüllter Liebe und Schuld beschäftigt.
Die Geschichte wird aus Mathildas Sicht erzählt, und das macht sie besonders eindringlich. Die Lesenden können ihren Schmerz, ihre Hoffnung und ihr langsames Zerbrechen hautnah miterleben. Mary Shelley schafft es dabei, sehr schöne, fast poetische Sprache zu nutzen, ohne dabei den Ernst der Geschichte zu verlieren.
Ein zentrales Thema ist auch die Natur. Mathilda sucht in der Natur Trost und Zuflucht. Die Landschaften, das Licht, der Himmel, das Wasser – all das wird sehr bildhaft beschrieben. Die Natur ist wie ein Spiegel ihrer Gefühle: wild, erhaben, still oder bedrohlich.
Warum wurde der Roman lange nicht veröffentlicht?
Zur Zeit Mary Shelleys galten manche Themen als zu heikel oder tabu, besonders wenn sie in Literatur von Frauen behandelt wurden. Die komplexe Vater-Tochter-Beziehung in „Mathilda“ war für viele Leser und Verlage des 19. Jahrhunderts nicht akzeptabel. Selbst Mary Shelleys Vater, der bekannte Philosoph William Godwin, wollte das Werk nicht veröffentlichen – obwohl er sie sonst immer unterstützt hatte.
Erst im 20. Jahrhundert wurde „Mathilda“ gedruckt – und seitdem haben viele Literaturkritiker das Buch wiederentdeckt. Es wird heute als mutiges und einfühlsames Werk gefeiert, das viele moderne Fragen über Familie, Identität, psychische Gesundheit und gesellschaftliche Zwänge aufwirft.
Für wen ist dieses Buch geeignet?
„Mathilda“ ist kein leichter Roman – aber ein sehr lohnenswerter. Er ist besonders geeignet für:
- Leserinnen und Leser, die sich für klassische Literatur und psychologische Tiefe interessieren
- Menschen, die Bücher mit starken, tragischen Frauenfiguren mögen
- Fans von Mary Shelley und der Schwarzen Romantik
- Alle, die sich für die dunklen Seiten menschlicher Gefühle interessieren
Fazit:
„Mathilda“ ist ein stiller, aber kraftvoller Roman, der lange nachhallt. Mary Shelley erzählt in einer klaren, emotionalen Sprache von einer jungen Frau, die an ihrer Einsamkeit und an der Unfähigkeit der Welt, sie zu verstehen, zerbricht. Es ist ein trauriges, poetisches und sehr ehrliches Buch, das auch heute noch berührt – gerade weil es sich mit Themen beschäftigt, über die oft geschwiegen wird.
Wer „Frankenstein“ mochte oder neugierig auf ein anderes Werk von Mary Shelley ist, sollte „Mathilda“ unbedingt lesen – es zeigt eine ganz neue, persönliche Seite dieser großartigen Autorin.
- Herausgeber : Pendragon; 1. Edition (26. Februar 2025)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 196 Seiten
- ISBN-10 : 3865328709
- ISBN-13 : 978-3865328700
- Originaltitel : Mathilda
- Abmessungen : 13.4 x 1.8 x 20.7 cm
- 22 Euro