
Rachel Kushners neuer Roman See der Schöpfung ist ein spannendes, kluges und zugleich sehr tiefgründiges Buch. Es verbindet Politik, Umweltfragen, Spionage und persönliche Entwicklung auf eine Weise, die fesselt und zum Nachdenken anregt.
Im Mittelpunkt steht Sadie Smith. Sie ist 34 Jahre alt, war früher FBI-Agentin und ist nun als Geheimdienstlerin im Auftrag einer anonymen Organisation unterwegs. Sadie ist hart, selbstbewusst und eher skrupellos. Gefühle zeigt sie kaum. Ihr neuer Auftrag führt sie in eine abgelegene Gegend im Süden Frankreichs. Dort soll sie eine Umweltkommune ausspionieren, die verdächtigt wird, Sabotageakte zu begehen.
Die Mitglieder dieser Kommune sind Aktivisten, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzen. Sie protestieren gegen Großprojekte wie riesige Wasserbecken (sogenannte „Megabassins“), die Wasser in großem Stil speichern sollen – und dabei oft die Natur zerstören. Diese Aktivisten wehren sich gegen die Privatisierung von Wasser und wollen nicht, dass alles dem Profit untergeordnet wird. Sie glauben: Wasser gehört allen, und es ist ein lebenswichtiges Gut – vor allem in Zeiten des Klimawandels.
Sadie hält diese Leute anfangs für naiv und lächerlich. Sie versteht ihre Lebensweise nicht und verspürt keine Sympathie für deren Ziele. Doch dann lernt sie Bruno Lacombe kennen – den charismatischen Kopf der Gruppe. Bruno ist ganz anders als sie. Er lebt in einer Höhle, wie ein Mensch aus der Steinzeit. Er lehnt die moderne Gesellschaft ab, glaubt nicht an Technik oder Fortschritt. Stattdessen will er, dass die Menschen zu einem einfachen Leben in und mit der Natur zurückkehren. Für ihn liegt darin die einzige Hoffnung für die Menschheit.
Sadie beginnt, sich für Bruno und seine Ideen zu interessieren. Obwohl sie eigentlich kühlen Abstand halten will, zieht er sie immer mehr in seinen Bann. Sie liest seine langen, philosophischen E-Mails an die Gruppe – Texte, die gleichzeitig wirr, klug und sehr berührend sind. Während sie mehr über die Menschen in der Kommune erfährt, merkt sie: Diese sogenannten „Öko-Utopisten“ sind nicht verrückt. Sie haben Gründe für ihren Widerstand. Sie sehen, wie sich die Welt verändert, wie ungerecht vieles geworden ist. Und sie handeln – auch wenn es gefährlich ist.
Der Roman stellt viele Fragen:
Wie weit darf Widerstand gehen?
Gibt es einen richtigen Weg, die Welt zu retten?
Und was passiert, wenn ein Mensch seine Überzeugungen ändert?
Rachel Kushner zeigt in diesem Buch nicht nur eine spannende Geschichte über Spionage und Verrat. Sie stellt zwei sehr gegensätzliche Welten gegenüber: Die moderne, technische, oft kalte Welt des Kapitalismus – und die wilde, einfache, idealistische Welt der Umweltaktivisten. Dabei bleibt sie nie einseitig. Sie macht klar: Keine Seite ist perfekt. Aber es lohnt sich, zuzuhören, nachzudenken und offen zu bleiben.
Kushner hat sechs Jahre lang an See der Schöpfung gearbeitet – und das merkt man. Der Roman ist reich an Details, voll mit Wissen, Zitaten, geschichtlichen Bezügen und großen Ideen. Manchmal ist er philosophisch, manchmal voller Witz. Es gibt ernsthafte Gespräche über Kunst, Einsamkeit und Depression – aber auch komische Szenen, überraschende Wendungen und spannende Spionage-Momente.
Besonders stark ist Kushners Sprache. Sie schreibt modern, klug und oft mit einem Augenzwinkern. Ihre Figuren sind lebendig und glaubwürdig. Sadie ist keine klassische Heldin – eher eine Beobachterin, die selbst nicht immer weiß, wo sie steht. Und genau das macht sie so faszinierend. Sie denkt viel, sagt aber wenig – und zwischen ihren Zeilen liegt oft das Wichtigste.
Auch die anderen Figuren sind gut gezeichnet: Bruno, der schräge aber weise Anführer; die jungen Aktivistinnen und Aktivisten, die für ihre Überzeugungen kämpfen, ohne zu wissen, ob sie überhaupt etwas bewirken können. Kushner macht sich nicht über sie lustig, sondern zeigt ihren Mut, ihre Zweifel, ihre Menschlichkeit.
Fazit:
See der Schöpfung ist ein beeindruckendes Buch über unsere Welt und die Wege, wie wir ihr begegnen können. Es erzählt von Menschen, die an eine bessere Zukunft glauben – und von anderen, die versuchen, sie aufzuhalten. Dabei ist es spannend, klug, mitreißend und oft auch sehr berührend.
Wer sich für Umweltfragen, gesellschaftliche Konflikte, persönliche Wandlungen und starke Literatur interessiert, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Rachel Kushner schafft es, große Themen verständlich, lebendig und bewegend zu erzählen – ein echter Höhepunkt der Gegenwartsliteratur.
Rachel Kushner begeistert mit See der Schöpfung: ein kluges, spannendes Buch über Umweltaktivismus, persönliche Veränderung und gesellschaftliche Gegensätze. Die Geschichte um Sadie Smith fesselt von Beginn an, berührt durch Tiefe und stellt wichtige Fragen zur Zukunft der Menschheit. Ein herausragender Roman voller Ideen, Stil und Relevanz – absolut lesenswert!
- Herausgeber : Rowohlt Buchverlag; 2. Edition (15. April 2025)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 480 Seiten
- ISBN-10 : 3498002414
- ISBN-13 : 978-3498002411
- Originaltitel : Creation Lake
- Abmessungen : 13.1 x 3.7 x 20.9 cm
- 26 Euro