/ März 19, 2025/ Buch

Das Buch „Von Damaskus nach Berlin“ beschäftigt sich mit einem wichtigen, aber auch sensiblen Thema: Wie stehen syrische Geflüchtete in Deutschland zu Juden, Israel und der deutschen Geschichte? Seit 2015 sind viele Menschen aus Syrien nach Deutschland gekommen, oft geprägt von Krieg, Gewalt und einer Diktatur. Doch welche Ansichten bringen sie mit? Wie beeinflusst ihre Vergangenheit in Syrien ihr Denken? Und was verändert sich durch das Leben in Deutschland?

Der Autor Günther Jikeli hat über 200 syrische Geflüchtete interviewt, um genau diese Fragen zu beantworten. Dabei zeigt sich ein vielschichtiges Bild: Antisemitismus existiert unter Syrern – aber nicht bei allen und nicht aus den gleichen Gründen. Das Buch geht diesen Hintergründen auf den Grund und beleuchtet auch die positiven Veränderungen, die viele Menschen durch Bildung und neue Erfahrungen in Deutschland machen.


Antisemitismus unter syrischen Geflüchteten – ein differenziertes Bild

Eines der zentralen Themen des Buches ist der Antisemitismus, also die Ablehnung oder der Hass gegenüber jüdischen Menschen. Dieses Problem gibt es in vielen Teilen der Welt, auch in Syrien. In den Interviews zeigt sich, dass manche Geflüchtete mit tief sitzenden Vorurteilen nach Deutschland kommen, während andere diese Ansichten ablehnen oder sich sogar aktiv dagegen einsetzen.

Doch warum gibt es diesen Antisemitismus? Das Buch nennt mehrere Ursachen:

Staatspropaganda: In Syrien wurde über Jahrzehnte in den Schulen und den Medien ein negatives Bild von Juden und Israel vermittelt. Die Regierung hat antisemitische Erzählungen genutzt, um die eigene Macht zu sichern. Juden wurden oft als Feinde dargestellt – eine Sichtweise, die viele Menschen unbewusst übernommen haben.
Verschwörungstheorien: In Krisenzeiten suchen Menschen nach einfachen Erklärungen. In Syrien wurden oft Juden oder Israel für Probleme im eigenen Land verantwortlich gemacht – eine Strategie, um von den wahren Ursachen abzulenken.
Der Nahost-Konflikt: Viele Syrer sind mit der Vorstellung aufgewachsen, dass Israel der Hauptgegner in der Region ist. Durch den Krieg in Syrien haben aber einige ihre Sichtweise verändert. Sie haben erlebt, dass die schlimmsten Verbrechen nicht von Israel, sondern von der eigenen Regierung und anderen Gruppen im Land begangen wurden.
Unwissen über den Holocaust: Viele der Geflüchteten hatten in Syrien noch nie vom Holocaust gehört oder nur verzerrte Informationen erhalten. Erst in Deutschland erfahren sie mehr über die Geschichte der Judenverfolgung und die deutsche Erinnerungskultur.

Diese Punkte zeigen: Antisemitismus unter syrischen Geflüchteten ist nicht einheitlich. Manche kommen mit Vorurteilen nach Deutschland, andere aber nicht. Und viele ändern ihre Ansichten, wenn sie neue Informationen bekommen.


Wie Deutschland das Denken verändert

Ein spannender Teil des Buches ist die Frage, wie das Leben in Deutschland die Einstellungen der Geflüchteten beeinflusst. Viele kommen mit bestimmten Vorstellungen an, aber durch den Kontakt mit der deutschen Gesellschaft, Bildung und Demokratie ändert sich ihr Blick auf die Welt.

Einige wichtige Erfahrungen, die syrische Geflüchtete in Deutschland machen:

Freie Meinungsbildung: In Deutschland können sie zum ersten Mal verschiedene Perspektiven kennenlernen. Während sie in Syrien oft nur eine staatlich kontrollierte Meinung hören durften, erleben sie hier eine offene Gesellschaft, in der Diskussionen erlaubt sind.
Bildung und Aufklärung: Viele Geflüchtete lernen in Deutschland zum ersten Mal etwas über den Holocaust. Einige sind schockiert, dass sie diese Geschichte nie zuvor erfahren haben. Andere verstehen dadurch, warum Deutschland eine besondere Verantwortung im Umgang mit Antisemitismus hat.
Begegnungen mit jüdischen Menschen: In Syrien hatten viele Menschen noch nie Kontakt zu einer jüdischen Person. In Deutschland erleben sie, dass Juden keine Feinde sind, sondern Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Lebensweisen – genau wie alle anderen.
Kritischer Blick auf alte Erzählungen: Durch das Erleben der deutschen Gesellschaft und das Lernen neuer Fakten beginnen viele, die Propaganda, mit der sie in Syrien aufgewachsen sind, zu hinterfragen.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Nicht jeder verändert sofort seine Meinung, und manche Vorurteile bleiben bestehen. Aber das Buch zeigt, dass Aufklärung und Begegnungen eine große Rolle spielen können, um Vorurteile abzubauen.


Herausforderungen in einer vielfältigen Gesellschaft

Das Buch behandelt auch die Frage, wie Deutschland mit diesen Herausforderungen umgehen sollte. Eine vielfältige Gesellschaft bedeutet, dass Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen zusammenleben. Dabei gibt es manchmal Spannungen, Missverständnisse oder sogar Konflikte.

Einige der Fragen, die das Buch aufwirft:

Wie kann man Geflüchtete besser über Antisemitismus und die deutsche Geschichte aufklären?
Wie kann man verhindern, dass Vorurteile aus den Herkunftsländern weiterbestehen?
Welche Rolle spielen Begegnungen zwischen Geflüchteten und jüdischen Gemeinden in Deutschland?
Wie kann man eine offene und tolerante Gesellschaft fördern, in der alle Menschen – egal welcher Herkunft – ohne Vorurteile leben?

Das Buch gibt darauf keine einfachen Antworten, aber es zeigt, dass Aufklärung, Bildung und persönliche Begegnungen wichtige Schlüssel sind.


Fazit

„Von Damaskus nach Berlin“ ist ein wichtiges Buch für alle, die sich mit Migration, Integration und dem Kampf gegen Antisemitismus beschäftigen. Es zeigt, dass das Thema nicht schwarz-weiß ist. Es gibt Vorurteile, aber es gibt auch Veränderung und die Möglichkeit zum Umdenken.

Der Autor Günther Jikeli ermöglicht durch seine über 200 Interviews einen tiefen Einblick in die Denkweise vieler syrischer Geflüchteter und beleuchtet die Herausforderungen und Chancen einer vielfältigen Gesellschaft.

Das Buch ist besonders lesenswert für:

Menschen, die sich für Migration und Integration interessieren
Lehrkräfte und Sozialarbeiter:innen, die mit Geflüchteten arbeiten
Politiker:innen und Entscheidungsträger:innen im Bereich Integration
Alle, die mehr über das Denken und die Erfahrungen syrischer Geflüchteter in Deutschland erfahren möchten

Es zeigt, dass Antisemitismus ein ernstes Problem ist – aber auch, dass Veränderung möglich ist. Bildung, Begegnung und ein offenes Miteinander können dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und eine friedliche Gesellschaft zu fördern.

Ein Buch, das nachdenklich macht – aber auch Hoffnung gibt.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Georg Olms Verlag; 1. Edition (5. Februar 2025)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 202 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3487167514
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3487167510
  • Abmessungen ‏ : ‎ 17 x 1.5 x 24 cm
  • 19 Euro

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