/ Juni 1, 2022/ Romane

In diesem starken Debütromon erzählt Lea Draeger die Geschichte einer Familie deren Herkunft die Familie überschattet. Als ihr Grossvater 12 war erhängte sich ihr Urgrossvater mit einer Hundeleine am Deckenbalken seiner Backstube. Er schaute starr von oben hinunter auf sein Kind.

In der Erzählung schweigen die Väter, während die Mütter sprechen. Draeger entfaltet ein dichtes Motivnetz, in dessen Zentrum das Sprechen, das Essen, das Schweigen steht. Eine Überschattung steht über dem Leben von Großmutter, Mutter und Tochter – die verzweifeln, grausam, traurig und stark zugleich geschildert wird. Die schnörkellose, aber elegante Sprache lässt die Brutalität mancher Szenen umso schärfer erscheinen.«

Lea Draeger erzählt die Geschichte einer Familie, die durch das Regiment der Vaterfiguren beherrscht und von einem strengen Katholizismus geprägt ist.

Die Großeltern emigrierten nach der Niederschlagung des Prager Frühlings nach Deutschland, ihre Tochter heiratete und wurde Mutter eines Kindes, aus dessen Perspektive diese Generationengeschichte erzählt wird. In Episodensplittern setzt die Ich-ErzähIerin ein Kaleidoskop aus Gewalt und Machtmissbrauch durch die Väter zusammen. Alle Frauen sind verzweifelt, grausam, gefangen und stark zugleich – und alle eint eine Sprachlosigkeit, die Verletzungen und Erschütterungen zu verbergen sucht. Doch der Enkelin gelingt es schließlich, die weitergetragenen Traumata zu überwinden, indem sie beginnt, gegen die patriarchale Welt anzuschreiben, um den Frauen ihrer Familie endlich eine Stimme zu geben.

Mit dreizehn beschließt Lea Draegers Protagonistin aufzuhören, zu funktionieren: Von einem Tag auf den anderen spricht und isst sie nicht mehr. Aus Verzweiflung, aber gegen den Willen des Mädchens, weisen ihre Eltern sie in die Kinderpsychiatrie ein. Ihr Alltag ist geprägt von Zwangsernährung, Bastelstunden, Isolationsräumen, und Gesprächen mit den Psychologen — nur ab und zu findet sie Trost in der Begegnung mit anderen Kindern. Doch nichts kann sie zum Sprechen bewegen; nur in ihrem karierten Notizbuch schreibt sie all ihre Gedanken und Erinnerungen nieder, aus denen sich Stück für Stück eine Familiengeschichte zusammensetzt. Viele Jahre später ist aus dem sprachlosen Kind eine junge entschlossene Frau geworden, die sich freimacht von den Zwängen der vorherigen Generationen, den Zwängen des Katholizismus und der Männerdominanz.

Lea Draegers Debüt erzählt von einem Akt der Befreiung, von der Selbstermächtigung einer jungen Frau und vom Wiederfinden ihrer Sprache. Wenn ich euch verraten könnte ist ein Roman, der in klarer und poetischer Sprache all jenen Frauen ihren Platz gibt, der ihnen schon seit Generationen zustünde.

Lea Draeger, geboren 1980, ist Schauspielerin, Autorin und Bildende Künstlerin. Seit 2015 spielt sie als festes Ensemblemitglied am Maxim-Gorki-Theater in Berlin, davor unter anderem am Schauspielhaus Bochum und an der Berliner Schaubühne. Sie gastierte u.a. bei den Salzburger Festspielen und gewann den Daphne Preis, den Publikumspreis als beste Nachwuchsschauspielerin der Berliner Theater

von Lea Draeger  (Autor)

ASIN ‏ : ‎ B00D8XYG3S

  • Herausgeber ‏ : ‎ hanserblau in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; 1. Edition (24. Januar 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 288 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3446272860
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3446272866
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.5 x 20.9 x 2.4 cm

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*