
Manchmal liest man ein Buch, und plötzlich ist alles still. Keine Ablenkung, kein Lärm – nur man selbst, die Seiten und diese eine Frage: „Wie fühlt sich das eigentlich an – jeden Tag anders behandelt zu werden, nur weil man anders aussieht oder anders heißt?“
Genau das zeigt Waslat Hasrat-Nazimi in ihrem Buch. Und zwar nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern offen, ehrlich und auf eine sehr persönliche Art. Sie erzählt von ihrer eigenen Geschichte – wie sie mit vier Jahren als kleines Kind aus einem Kriegsgebiet fliehen musste, von Zwischenstationen und vom Ankommen in Deutschland. Aber auch davon, wie schwer es ist, wirklich anzukommen, wenn die Gesellschaft dir ständig das Gefühl gibt, nicht dazuzugehören.
Denn Rassismus zeigt sich nicht nur in plakativen Dingen wie Nazi-Parolen, Wahlergebnissen oder Schmierereien. Oft versteckt er sich im Alltag, in Blicken, Kommentaren oder Vorurteilen. In Momenten, wo jemand fragt: „Wo kommst du wirklich her?“ Oder wenn man in der Bahn beobachtet wird, als hätte man was verbrochen. Oder wenn man sich überlegt, ob man nachts noch sicher nach Hause kommt – nur weil man eben nicht in das „normale“ Bild passt.
Waslat beschreibt genau das. Ohne Mitleidshascherei, ohne Dramatik. Einfach so, wie es ist. Und das macht dieses Buch so stark.
Sie zeigt, wie tief der Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft verankert ist – oft ganz subtil, aber immer spürbar. Und was das mit einem Menschen macht, der eigentlich nur dazugehören will. Der versucht, seinen Platz zu finden, zu leben, zu lieben, zu arbeiten – ganz normal eben. Aber ständig das Gefühl bekommt, dass er sich doppelt so sehr anstrengen muss, um überhaupt als gleichwertig angesehen zu werden.
Und trotzdem ist dieses Buch kein reiner Frustbericht. Es ist auch eine Liebeserklärung ans Leben – und an alle, die da sind, die unterstützen, die den Weg begleiten. An Freundinnen, Familie, Wegbegleiterinnen. Es geht auch um Hoffnung, um Kraft, ums Weitermachen – und darum, wie man sich trotz allem ein Leben aufbaut, das nicht nur funktioniert, sondern erfüllt.
Waslat nimmt uns mit auf ihre Reise. Vom Gefühl der Fremde, über Fragen wie „Wo bin ich hier?“, „Wie fängt man neu an?“ bis hin zu „Wie geht man mit all dem Erlebten um?“ Dabei wird klar: Jeder Mensch trägt sein eigenes Päckchen. Und vielleicht verstehen wir uns alle ein kleines bisschen besser, wenn wir einfach mal zuhören.
Was dieses Buch so besonders macht: Es stellt keine einfachen Antworten bereit. Es fordert uns auf, selbst nachzudenken. Hinter unsere eigenen Muster zu schauen. Reagiere ich vielleicht manchmal selbst voreingenommen? Denke ich in Schubladen, ohne es zu merken? Wo kann ich etwas ändern – in meinem Verhalten, in meinen Gedanken?
Es geht um mehr als Rassismus. Es geht um Menschlichkeit. Um Empathie. Um die Fähigkeit, auch mal die Perspektive zu wechseln. Denn Gefühle wie Angst, Trauer, Wut oder Hoffnung – die kennen wir alle. Ganz egal, wo wir herkommen.
Und genau deswegen trifft dieses Buch so einen Nerv:
Weil es uns zeigt, wie wichtig es ist, hinzuschauen statt wegzusehen. Zuzuhören statt zu urteilen. Und weil es uns leise, aber bestimmt daran erinnert: Wir können besser sein. Als Menschen. Als Gesellschaft.
Warum du dieses Buch lesen solltest:
- Weil es dich zum Nachdenken bringt – über dich selbst, über andere, über das große Ganze.
- Weil es nicht trocken oder belehrend ist, sondern echt und berührend.
- Weil es zeigt, wie verletzend Vorurteile sein können – selbst wenn sie „nett gemeint“ sind.
- Weil es Hoffnung macht: Dass Veränderung möglich ist. Dass Verständnis wächst, wenn man offen bleibt.
Fazit:
„Der alltägliche Rassismus“ ist ein Buch, das dich nicht anschreit – aber trotzdem laut nachhallt. Es zeigt, wie verletzend der ganz normale Alltag sein kann, wenn man ständig gegen Vorurteile ankämpfen muss. Es ist ehrlich, bewegend und wichtig. Und es erinnert uns daran, dass wir alle eine Rolle spielen – jeden Tag, mit jedem Blick, jedem Satz, jeder Entscheidung.
Wenn du ein Buch suchst, das nicht nur gelesen, sondern gefühlt werden will – lies dieses. Und nimm dir danach einen Moment Zeit. Zum Nachdenken. Und vielleicht auch, um etwas zu ändern.
- Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch
- Erscheinungstermin : 15. April 2025
- Auflage : 1.
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 272 Seiten
- ISBN-10 : 3499016893
- ISBN-13 : 978-3499016899
- Abmessungen : 12.6 x 1.87 x 19 cm
- 14 Euro