Das Lied der Rose“ ist einer dieser Romane, die man aufschlägt und sofort in eine andere Zeit eintaucht – eine Zeit voller Glaube, Macht, Intrigen und Musik. Julia Kröhn gelingt es meisterhaft, das Mittelalter lebendig werden zu lassen, ohne dass man sich je in historischen Details verliert. Stattdessen entfaltet sich eine mitreißende Geschichte über Mut, Freundschaft, Liebe und die verbindende Kraft der Musik – eine Geschichte, die einen tief berührt und lange nachklingt.
Die Handlung beginnt in Regensburg im Jahr 1096, einer Zeit, in der die Welt im Umbruch ist. Der junge Novize Marian träumt davon, mit gregorianischen Gesängen Gott zu loben. Doch sein Glaube an Menschlichkeit bringt ihn in große Gefahr: Als er einem Juden das Leben rettet, wird er selbst der Ketzerei beschuldigt. Um seine Ehre wiederherzustellen, bleibt ihm nur der Weg der Buße – eine Pilgerreise, die sein Leben für immer verändern wird.
Schon bald führt ihn sein Weg an den prachtvollen Hof von Herzog Guillaume IX. von Aquitanien, einem historischen Fürsten, der als einer der ersten Troubadoure gilt. Dort begegnet Marian der maurischen Sängerin Sahar, einer geheimnisvollen Frau, die mit ihrer Stimme nicht nur Herzen rührt, sondern auch die Grenzen zwischen Kulturen und Religionen überwindet. Zwischen Marian und Sahar entsteht eine Liebe, die ebenso zart wie gefährlich ist – eine Liebe, die in einer Welt voller Vorurteile, Kreuzzüge und kirchlicher Machtspiele kaum Bestand haben kann.
Julia Kröhn erzählt diese Geschichte mit einer seltenen Mischung aus Wärme, Spannung und poetischer Tiefe. Ihre Sprache ist bildhaft und zugleich leicht verständlich – man sieht die mittelalterlichen Städte, hört die fremden Melodien und spürt das Flirren zwischen den Figuren. Besonders faszinierend ist, wie sie historische Ereignisse mit musikalischen Motiven verknüpft: Musik wird hier nicht nur als Kunstform, sondern als Symbol für Freiheit und Menschlichkeit dargestellt.
Die Autorin hat offensichtlich gründlich recherchiert, doch sie überfordert ihre Leser:innen nie mit Fakten. Stattdessen webt sie Wissen und Emotion zu einem dichten Erzählteppich, der das Mittelalter in all seinen Facetten zeigt – von klösterlicher Strenge über höfische Pracht bis hin zu den Schrecken der Kreuzzüge. Dabei bleibt die Geschichte immer persönlich: Man fiebert mit Marian und Sahar, leidet mit ihnen und hofft bis zur letzten Seite, dass ihre Liebe trotz aller Hindernisse siegt.
Auch die Nebenfiguren sind überzeugend gezeichnet: Marians Rivalen, die Geistlichen, die Höflinge und Musiker – sie alle tragen dazu bei, dass die Welt, in der die Geschichte spielt, glaubwürdig und lebendig wirkt. Besonders schön ist, dass Julia Kröhn keine einfachen Gegensätze zeichnet. Sie zeigt, dass Gut und Böse oft nah beieinander liegen und dass Verständnis und Mitgefühl Brücken schlagen können – eine Botschaft, die auch heute aktueller denn je ist.
Neben der packenden Handlung überzeugt das Buch auch durch seine emotionale Tiefe. Es geht nicht nur um historische Ereignisse, sondern auch um universelle Themen: um die Suche nach Identität, um den Mut, anders zu sein, und um die Kraft der Liebe, die selbst religiöse und kulturelle Grenzen überwinden kann.
„Das Lied der Rose“ ist damit weit mehr als ein historischer Roman – es ist eine Hymne an die Menschlichkeit. Die Musik, die hier beschrieben wird, klingt wie ein Symbol für Hoffnung: Sie verbindet, wo Worte scheitern, und öffnet Herzen, die sonst verschlossen bleiben würden.
Das Buch erinnert an große Autoren wie Rebecca Gablé oder Ken Follett, steht ihnen aber in nichts nach. Julia Kröhn beweist, dass sie zu den besten deutschsprachigen Erzählerinnen des historischen Genres gehört. Ihr Stil ist flüssig, ihre Figuren sind vielschichtig, und ihre Geschichte berührt – ohne je kitschig zu werden.
Fazit:
Ein großartiger Roman, der zeigt, dass Liebe und Musik stärker sein können als Hass und Vorurteil. Wer historische Romane liebt, wird dieses Buch verschlingen. Wer einfach nur eine berührende, spannende Geschichte sucht, die Hoffnung schenkt, wird es nie vergessen.
„Das Lied der Rose“ ist ein literarisches Erlebnis – kraftvoll, emotional und wunderschön geschrieben. Ein Buch, das man mit geschlossenen Augen nachhallen lässt wie eine Melodie, die man nicht mehr vergessen kann.
Fünf Sterne – und eine klare Empfehlung für alle, die das Herz und die Geschichte lieben.
- Herausgeber : Lübbe
- Erscheinungstermin : 27. Juni 2025
- Auflage : 1. Aufl. 2025
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 720 Seiten
- ISBN-10 : 3757701208
- ISBN-13 : 978-3757701208
- Abmessungen : 13.5 x 5.4 x 21.5 cm