Zunächst liest man das Vorwort von Caroline Kennedy, dem einzigen noch lebenden Kind von Jacqueline Kennedy. Sie hat lange überlegt, ob die vorliegenden Gespräche veröffentlicht werden sollten.
Merkwürdigerweise notiert sie das sich keinerlei Urkunde oder beglaubigte Verfügung darüber existiert, die eine Info geben kann zu welchem Zeitpunkt die Interviews zugänglich gemacht werden sollten (12).
Anscheinend gab es nur eine „kurze Aktennotiz eines Archivars, dass die Interviews ‚denselben Beschränkungen wie die Manchester-Interviews‘ unterliegen sollten.“ (12)
Zu dem Manchester-Interview wird erklärt das es sich um drei Gespräche handeln würde, die Jacky Kennedy nach dem Tod von JFK gegeben hat. Ein Gespräch fand nur wenige Tage nach dem Begräbnis statt. Die Abschriften dieser Interviews wurden für 100 (!!) Jahre gesperrt – wäre also bis 2067.
Diesen Zeitpunkt wird wohl kaum einer von uns erleben. Warum so ein langer Zeitraum sein?Merkwürdige Aktennotiz die im Widerspruch zu Caroline Kennedys Erinnerung stand. Ob das dem Wunsch der Mutter entspricht?
Es kam anders – nach Rücksprachen mit Mitarbeitern des Weißen Hauses, Rechtsanwälten und Freunden, wurde die Entscheidung gefällt, die Interviews eher zu publizieren.
Anschliessend spricht der amerikanische Historiker Michael Beschloss. Er schrieb bereits einige Bücher über die verschiedensten US-Präsidenten, darunter auch Kennedy ( JFK. Die Kennedy- Jahre 1960 bis 1963. Powergame , Presidential Courage: Brave Leaders & How They Changed America 1789-1989 und andere). Als der Lebenslauf von Jacky Kennedy angesprochen wird beschloss Michael Beschloss den Hintergrund zu beschreiben, der zu diesen Gesprächen führte.
„Jack sollte bei den Historikern ins rechte Licht gerückt werden“ (23) Diesen wichtigen Punkt sollte man sich bei der Lektüre dieses Buches immer vor Augen halten.
Informationen zu Arthur Schlesinger und dem Entstehungsprozess der Gespräche folgen im Werk – abschließend wird noch auf die Rolle eingegangen, die Jacky Kennedy als First Lady spielte.
Informationen zum Inhalt der sieben Gespräche finden Sie über die BLICK-INS-BUCH-FUNKTION.
Zunächst beginnen die Gespräche etwas SPERRIG. Man hört von Namen, die man noch nie gehört hatte.
Anscheinen unwichtige Ereignissen folgen… ein Parteitag hier, Jackies Onkel in Nevada dort, Auseinandersetzungen im Senatshaus, Machtkampf in der Parteiorganisation … Gute das es die zahlreichen Fußnoten gibt die weiter helfen. FUßNOTEN als absoluter Pluspunkt im Buches.
Man erfährt warum es wichtig sein kann autobiografische Äußerungen kritisch zu hinterfragen.
In wie vielen Zeitungen wurden Rezensionen veröffentlicht, die Aussagen der ehemaligen First Lady z.B. zu Franklin Delano Roosevelt betonten? Scharlatan sei ein unfaires Wort, bemerkt Jacky Kennedy, sie glaube aber, „er [gemeint JFK] dachte oft, er sei eine Art Blender, ein recht geschickter Blender, nicht wahr, weil er vieles um des Effekts willen tat.“ (99)
Hm… ob die vielen Zeitungsjournalisten da durchaus richtig zitiert haben?
Aufgefallen ist . . Jacky, nachtragend und misstrauisch. JFK, darauf bedacht, die Möglichkeit für eine gute Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten. „Sag so etwas nicht,“ antwortet er einen Tag vor seinem Tod auf eine Äusserung Jackies, die den texanischen Gouverneur John Connally nicht ausstehen konnte. „Wenn du anfängt, zu sagen und zu denken, dass du jemanden hasst, dann benimmst du dich am nächsten Tag auch so. Wir sind nach Texas gekommen, um hier etwas in Ordnung zu bringen, aber wenn du so denkst, dann erreichen wir gar nichts.“ (149) Ein anderes Beispiel findet sich auf Seite 134, wo Jacky zugibt, dem Journalisten Miles McMillin absichtlich die kalte Schulter gezeigt zu haben. Sein Vergehen: er hatte anonyme Leserbriefe geschrieben, in denen JFK „die übelsten Dinge nachgesagt wurden“. „Aber Jack war ganz höflich,“ bekennt sie im selben Atemzug. Oder die Sache mit Ted Sorenson. Es ging das Gerücht um, dass JFKs Buch Profiles in Courage in Wirklichkeit von Sorenson geschrieben worden sei. JFK musste juristische Hilfe in Anspruch nehmen. Jedenfalls gefiel es Jacky nicht, wie sich Sorenson benahm, und sie stellt auch eindeutig fest, dass sie ihm nie vergeben hat (113). JFK aber reichte das ganze (!!) Geld, das er mit diesem Buch verdiente, an Sorenson weiter. Erst als die Gedenkausgabe mit Bobbys Vorwort herauskam, gingen die Einnahmen an die JFK-Gedenkbibliothek.
Zum Abschluss noch ein paar Formalitäten. Im Inhaltsverzeichnis werden für jedes der Gespräche Schlagworte angegeben, so dass man – wenn man sich nur für ein spezielles Thema interessiert – relativ schnell das Gesuchte findet. Natürlich kann man auch das Personenregister am Ende des Buches nutzen. Leider fehlt ein Register über Ereignisse oder sonstige Themen. Ein zeitlicher Abriss und eine unkommentierte Auswahlbiografie sind selbstverständlich vorhanden. Quer durch das Buch findet man Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Privatleben sowie aus dem öffentlichen Leben der Kennedys.
Mein Fazit:
Sollte man nur Schlagzeilenverdächtiges suchen, so wird man nicht besonders viel finden. Vielleicht Lästereien, ja – aber nichts weltbewegend Neues. Keine historische Zusammenhänge in einem neuen Licht. Trotzdem empfinde ich das Buch überaus lesenswert, weil man so nebenbei eben doch sehr viel über die Persönlichkeiten von Jacky und John F. Kennedy kennen lernen kann wenn man ein aufmerksamer Leser ist und auch die Fußnoten beachten. Ausserdem ist nicht zu unterschätzen: Jacqueline Kennedy schwieg sich zu Lebzeiten aus und zeigt hier bei dieser Gelegenheit IHRE Sicht der Dinge. Deswegen von mir die volle Punktzahl.
- Herausgeber : HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH; 1. Edition (3. November 2022)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 480 Seiten
- ISBN-10 : 3455015093
- ISBN-13 : 978-3455015096
- Abmessungen : 14.6 x 3.4 x 21.5 cm