
Ámbar ist 15 Jahre alt und kennt kein normales Leben. Während andere Jugendliche ihre Freizeit mit Freunden verbringen, zur Schule gehen oder Zukunftspläne schmieden, bewegt sie sich in einer Welt voller Gewalt, Flucht und falscher Identitäten. Ihr Vater, Víctor Mondragón, ist ein berüchtigter Gangster, der auf einem Rachefeldzug durch Argentinien zieht. Für Ámbar bedeutet das, ständig unterwegs zu sein, sich immer wieder neu zu erfinden und jederzeit bereit zu sein, unterzutauchen.
Ihre Realität besteht aus heruntergekommenen Motels, dunklen Landstraßen und Verstecken vor der Polizei und rivalisierenden Banden. Sie hat gelernt, wie man Schusswunden versorgt, Dokumente fälscht und Waffen benutzt. Wenn Víctor verletzt ist, ist sie es, die ihn verarztet. Wenn er eine neue Identität braucht, denkt sie sich eine passende Geschichte aus. Sie weiß, wie man lügt, ohne zu blinzeln, und wie man wegläuft, ohne zurückzublicken.
Doch trotz all ihrer Abgeklärtheit beginnt sie, Fragen zu stellen. Ihr Vater ist ihr einziges Familienmitglied, ihr Beschützer – aber kann sie ihm wirklich trauen? Je mehr sie über seine Vergangenheit erfährt, desto mehr Zweifel kommen auf. Ist er wirklich der unbesiegbare, unfehlbare Mann, für den sie ihn immer gehalten hat? Oder hat er Geheimnisse, die ihre Welt noch gefährlicher machen, als sie ohnehin schon ist?
Währenddessen träumt Ámbar von etwas, das für sie fast unerreichbar scheint: ein Tattoo. Nicht, weil es einfach nur ein Schmuckstück wäre, sondern weil es für sie ein Symbol ist. Ein Zeichen ihrer Selbstbestimmung. Doch um sich diesen Wunsch zu erfüllen, braucht sie Geld – und in ihrer Welt gibt es nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen: mit kriminellen Geschäften.
Zwischen Hoffnung und Abgrund
Doch Ámbar ist nicht nur die Tochter eines Gangsters – sie ist ein Mädchen mit Träumen und Sehnsüchten. Sie will mehr vom Leben als nur Flucht und Gewalt. Als sie Marcos trifft, scheint für einen kurzen Moment alles anders zu sein. Er kennt sie als Alejandra, ihre falsche Identität. Mit ihm erlebt sie zum ersten Mal Dinge, die sie nie für möglich gehalten hätte: ein Konzert, ein echtes Gespräch, eine ehrliche Berührung. Doch Marcos kennt nur die Lügenversion von ihr – was passiert, wenn er die Wahrheit erfährt?
Während Ámbar sich zwischen Loyalität zu ihrem Vater und ihrem Wunsch nach Freiheit hin- und hergerissen fühlt, wird ihr klar, dass sie eine Entscheidung treffen muss. Sie beginnt, ihre eigene Zukunft zu planen, fernab von Víctors Schatten. Doch kann man der Vergangenheit wirklich entkommen?
Ein Roman, der unter die Haut geht
Nicolás Ferraro schafft mit Ámbar eine Geschichte, die gleichzeitig brutal und bewegend ist. Der Roman zeigt schonungslos die düstere Realität einer Welt, in die Kinder und Jugendliche oft unverschuldet hineingezogen werden. Er erzählt von einer Tochter, die zu früh erwachsen werden muss, und von einem Vater, der in seiner eigenen Rache gefangen ist.
Die Erzählweise ist intensiv, die Bilder kraftvoll und oft schockierend. Szenen, in denen Wunden versorgt werden, lassen den Schmerz fast körperlich spürbar werden. Die Gewalt ist allgegenwärtig, aber sie dient nicht nur der Schockwirkung – sie ist das Fundament von Ámbars Leben.
Dennoch gibt es zwischen all den dunklen Momenten auch Licht. Ámbar ist schlau, mutig und entschlossen. Sie beginnt, ihre Umgebung zu hinterfragen, ihre eigene Stärke zu entdecken und einen Ausweg zu suchen.
Der Roman erinnert an Serien wie Queen of the South oder Dom, in denen Menschen in eine Welt der Kriminalität hineingezogen werden, die sie nicht selbst gewählt haben. Die Spannung kommt nicht nur aus den gefährlichen Situationen, sondern auch aus den inneren Konflikten der Protagonistin.
Fazit: Ein unvergesslicher Thriller über eine ungewöhnliche Heldin
Ámbar ist mehr als nur ein Thriller – es ist ein intensiver Roman über Identität, Familie, Überleben und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Geschichte nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die dunklen Straßen Argentiniens, in die Gedankenwelt eines Mädchens, das sich nach Freiheit sehnt, und in eine Realität, die viel zu oft übersehen wird.
Am Ende bleibt die Frage: Kann Ámbar ihrem bisherigen Leben entkommen, oder ist ihr Schicksal unausweichlich? Ein Buch, das noch lange nach dem Lesen nachwirkt und zeigt, dass selbst in den dunkelsten Momenten noch Hoffnung existiert.
- Herausgeber : Pendragon; 1. Edition (5. Februar 2025)
- Sprache : Deutsch
- Broschiert : 280 Seiten
- ISBN-10 : 3865329012
- ISBN-13 : 978-3865329011
- Originaltitel : Ámbar
- Abmessungen : 13.2 x 2.5 x 20.1 cm
- 22 Euro