/ Juli 3, 2025/ Buch

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Manchmal begegnet man einem Buch, das einen vom ersten Moment an mitreißt – und „Das Steyr-Waffenrad: Der junge Zauber eines alten Rades“ von Walter Ulreich ist so ein Buch! Dieses Werk ist nicht einfach ein trockener Katalog für Technik-Nostalgiker oder Sammler, sondern eine Hommage, ein Liebesbrief an eine österreichische Legende – das Waffenrad.

Schon beim ersten Durchblättern spürt man: Hier steckt Herzblut drin. Walter Ulreich nimmt uns mit auf eine fesselnde Reise durch über 130 Jahre Geschichte, in der das unscheinbare schwarze Fahrrad zu einem nationalen Symbol wurde. Er erzählt mit so viel Enthusiasmus und Detailfreude, dass man beinahe das Gefühl bekommt, selbst auf einem alten Waffenrad durch die Landschaft zu radeln und den Fahrtwind im Gesicht zu spüren.

Was macht dieses Buch so besonders?

Ulreich ist kein nüchterner Historiker, der Zahlenkolonnen abarbeitet. Er ist ein Geschichtenerzähler. Ein leidenschaftlicher Forscher, der seit Jahrzehnten sein Wissen sammelt, archiviert und bereitwillig teilt. Seine jahrzehntelange Arbeit am Forschungsarchiv zur österreichischen Fahrradgeschichte zahlt sich hier in jedem Absatz aus. Er versteht es meisterhaft, die technische Entwicklung der Waffenräder – von den Anfängen in der k. u. k. Waffenfabriksanstalt in Steyr bis zu den unterschiedlichen Modellreihen – lebendig und anschaulich zu machen.

Besonders eindrucksvoll ist dabei die Fähigkeit des Autors, den Mythos Waffenrad greifbar zu erklären. Für Generationen von Österreicherinnen und Österreichern war dieses schwere, schwarz lackierte Fahrrad nicht einfach ein Fortbewegungsmittel. Es war ein Lebensgefühl! Verlässlich, unverwüstlich, fast schon stoisch, war es treuer Begleiter auf dem Weg zur Schule oder Arbeit, beim Sonntagsausflug oder im Kriegseinsatz. Ulreich lässt diese vielschichtige Bedeutung in unzähligen Geschichten und Anekdoten wiederaufleben.

Das Buch ist auch ein Fest für die Augen.

Zahlreiche Abbildungen – historische Werbeanzeigen, alte Katalogseiten, Fotos von Originalrädern, Detailaufnahmen von Beschriftungen und Logos – machen die Lektüre zu einem echten Erlebnis. Es ist kein bloßer Textwälzer, sondern ein liebevoll gestaltetes Gesamtkunstwerk. Wer das Buch aufschlägt, verliert sich schnell in den faszinierenden Bildern und der aufwendig recherchierten Typologie der Modelle.

Ulreich weiß, was Sammler und Restauratoren brauchen: Er liefert akribisch genaue Anleitungen und Hinweise zur Identifikation und Datierung alter Waffenräder. Er analysiert kleinste Unterschiede bei Beschriftungen, Rahmenformen, Ausstattungen – und das alles mit einer Begeisterung, die ansteckend ist. Selbst wer mit Fahrrädern bisher wenig am Hut hatte, wird beim Lesen plötzlich Lust bekommen, auf Flohmärkten nach einem alten Waffenrad zu stöbern und es wieder flottzumachen.

Doch dieses Buch ist weit mehr als ein technisches Nachschlagewerk.

Es ist auch eine Kulturgeschichte Österreichs im Kleinen. Ulreich beschreibt, wie das Waffenrad seinen festen Platz in Gesellschaft und Alltag fand – quer durch alle sozialen Schichten. Es steht für den Wunsch nach Mobilität, Unabhängigkeit und Qualität. Gerade in einer Zeit, in der wir uns wieder intensiv mit Nachhaltigkeit und langlebigen Produkten beschäftigen, wirkt das Waffenrad aktueller denn je. Ulreich gelingt es, diese Brücke zur Gegenwart ganz ohne erhobenen Zeigefinger zu schlagen. Stattdessen vermittelt er, wie viel Freude es machen kann, ein altes, gut gebautes Rad zu restaurieren und weiterzufahren.

Auch sprachlich überzeugt Ulreich auf ganzer Linie.

Er schreibt klar und präzise, aber nie trocken. Sein Ton ist herzlich, neugierig und voller Respekt für sein Thema. Man merkt ihm die Liebe zum Detail ebenso an wie die Lust am Erzählen. Diese Begeisterung überträgt sich unweigerlich auf den Leser. Man legt das Buch nicht weg, weil man genug hat, sondern weil man sich vornimmt, morgen gleich weiterzulesen.

Fazit? Ein absolutes Muss!

„Das Steyr-Waffenrad: Der junge Zauber eines alten Rades“ ist ein Fest für alle, die Geschichte lieben, Technik schätzen oder einfach gern in spannende Erzählungen eintauchen. Es ist ein wertvolles Standardwerk für Sammler und Restauratoren – aber eben auch ein Buch für alle, die Freude daran haben, etwas über unsere Kultur und Identität zu erfahren.

Walter Ulreich hat hier etwas Außergewöhnliches geschaffen: eine faszinierende, lebendige Chronik, die das Waffenrad als österreichisches Kulturgut würdigt und gleichzeitig Lust auf das eigene Fahrrad macht. Es ist, als würde man mit einem kenntnisreichen, humorvollen Freund durch ein Museum streifen und sich von seiner Begeisterung anstecken lassen.

Wer sich darauf einlässt, wird am Ende nicht nur mehr über das Waffenrad wissen, sondern auch das Gefühl haben, ein kleines Stück Österreich besser verstanden zu haben – und das mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Ein Buch, das man immer wieder in die Hand nehmen möchte. Bravo, Herr Ulreich!

  • Herausgeber ‏ : ‎ Weishaupt, H
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 11. Juni 2024
  • Auflage ‏ : ‎ 2.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 376 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3705905635
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3705905634
  • Abmessungen ‏ : ‎ 22.4 x 3.3 x 26.5 cm
  • 68 Euro

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