/ August 28, 2025/ Buch

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Der Aufstieg der Rechten in Krisenzeiten. Die Regression der Mitte von Daniel Mullis ist ein Buch, das mitten ins Herz einer wichtigen Frage unserer Gegenwart zielt: Warum gelingt es rechten und rechtsextremen Bewegungen, in Zeiten von Unsicherheit, Wandel und Krisen so viel Zustimmung zu gewinnen? Und noch entscheidender: Warum ist gerade die sogenannte „Mitte der Gesellschaft“ so empfänglich für diese Botschaften?

Mullis, ein Sozialwissenschaftler, geht diese Fragen nicht oberflächlich oder theoretisch an. Er spricht mit Menschen, hört genau hin, sammelt Stimmen aus unterschiedlichen politischen Richtungen und legt so ein dichtes Bild der gesellschaftlichen Stimmungslage in Deutschland vor. Dabei richtet er den Blick nicht nur auf die Ränder, sondern ganz bewusst auf die Mitte – also auf jene breite Mehrheit, die sich selbst oft als unpolitisch oder gemäßigt versteht, in Wirklichkeit aber großen Einfluss auf den gesellschaftlichen Kurs hat.

Das Buch zeigt: In Krisenzeiten – sei es die Finanzkrise, die Corona-Pandemie, die Klimakrise oder die aktuellen geopolitischen Spannungen – wächst bei vielen Menschen ein tiefes Bedürfnis nach Sicherheit. Die Angst, etwas zu verlieren, sei es Wohlstand, soziale Anerkennung oder gewohnte Normalität, macht empfänglich für einfache Antworten. Rechte Bewegungen verstehen es meisterhaft, genau hier anzusetzen. Sie stellen in Aussicht, dass man die eigene Position nur dann sichern könne, wenn man sich gegen andere abgrenzt, eigene Privilegien verteidigt und Solidarität nach außen beschränkt.

Mullis nennt dieses Phänomen die „Regression der Mitte“. Damit meint er ein Zurückfallen in Muster, die eigentlich überwunden schienen: ein Denken, das lieber Mauern baut als Brücken, das die Bewahrung der eigenen Vorteile über die Bereitschaft zu gesellschaftlichem Zusammenhalt stellt. Statt Fortschritt und Öffnung regiert dann Rückzug und Abwehr.

Besonders spannend sind die vielen Gespräche, die Mullis in seine Analyse einwebt. Sie machen das Buch lebendig und nahbar. Hier wird nicht über „die Mitte“ gesprochen, als wäre sie eine abstrakte Masse, sondern man begegnet realen Menschen mit ihren Sorgen, Hoffnungen und auch Widersprüchen. Manche äußern Angst vor sozialem Abstieg, andere klammern sich an das Bild einer „heilen Vergangenheit“, wieder andere rechtfertigen ihre Skepsis gegenüber Solidarität mit Verweis auf angebliche Überlastung. Mullis zeichnet all das sorgfältig nach, ohne zu verurteilen, aber auch ohne zu verharmlosen.

Die Stärke des Buches liegt in seiner Klarheit: Es zeigt, dass rechte Bewegungen nicht nur deshalb stark werden, weil sie laut und provokant auftreten. Sie werden stark, weil sie in der Mitte der Gesellschaft auf fruchtbaren Boden stoßen. Und dieser Boden entsteht dort, wo Unsicherheit, Angst und das Gefühl, überfordert zu sein, das Denken prägen. Mullis analysiert nüchtern, aber eindringlich, welche Dynamiken das sind – und wie gefährlich sie für eine offene, solidarische Gesellschaft sein können.

Doch das Buch bleibt nicht bei der Diagnose stehen. Es stellt auch die entscheidende Frage: Wie kann progressive Politik in unsicheren Zeiten gelingen? Mullis macht deutlich, dass es nicht reicht, rechte Parolen abzuwehren oder moralisch zu verurteilen. Vielmehr braucht es Antworten, die Sicherheit geben, ohne in Abwehrhaltungen zu verfallen. Politik muss zeigen, dass Solidarität, Teilhabe und gemeinsames Handeln keine Bedrohung, sondern eine Chance sind – gerade in Krisenzeiten.

Dass dieses Buch so große Aufmerksamkeit erregt hat, zeigt sich auch an seiner Platzierung: Im Sommer 2024 erreichte es Platz 3 der Sachbuch-Bestenliste von ZDF, Deutschlandfunk Kultur und DIE ZEIT. Leserinnen und Leser würdigen es mit guten Bewertungen – ein Zeichen dafür, dass die Analyse nicht nur für Wissenschaftler interessant ist, sondern auch für alle, die verstehen wollen, warum unsere Gesellschaft derzeit so gespalten wirkt.

Mullis selbst beschreibt sein Werk als Ergebnis eines langen Versuchs, die Dynamiken der Gegenwart zu verstehen: „Wir gingen den sozialen Dynamiken, Konflikten und Glückserwartungen nach, in deren Gefüge sich der Aufstieg der Rechten vollzog und weiter vollzieht.“ Dabei zeigt er, wie sehr das „rechte Rauschen“ die Gesellschaft durchdringt – auch dort, wo man es vielleicht gar nicht vermutet hätte.

Fazit: Dieses Buch ist ein Augenöffner. Es erklärt in klarer Sprache, warum rechte Kräfte gerade in schwierigen Zeiten so erfolgreich sind, und es zeigt, dass die Antwort nicht nur am Rand der Gesellschaft zu suchen ist, sondern mitten unter uns. Der Aufstieg der Rechten in Krisenzeiten ist ein kluges, engagiertes und wichtiges Sachbuch – eine Einladung, die eigene Position zu reflektieren und darüber nachzudenken, wie eine solidarische Zukunft trotz aller Unsicherheiten gestaltet werden kann.

ChatGPT:

Daniel Mullis gelingt mit Der Aufstieg der Rechten in Krisenzeiten eine kluge, gut lesbare Analyse der gesellschaftlichen Mitte. Präzise zeigt er, warum rechte Botschaften in Krisen verfangen, und gibt Denkanstöße für progressive Politik. Ein wichtiges, aktuelles Buch, das Augen öffnet und Perspektiven erweitert.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Reclam, Philipp, jun. GmbH, Verlag
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 20. März 2024
  • Auflage ‏ : ‎ Originalausgabe
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 336 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3150114691
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3150114698
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.3 x 2.7 x 21.3 cm
  • 22 Euro

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