
Coleman Hughes ist ein junger amerikanischer Autor und Philosoph, der sich seit Jahren mit den Themen Rassismus, Identitätspolitik und Bürgerrechte beschäftigt. In seinem Buch „Farbenblind: Plädoyer für eine Gesellschaft ohne Race-Politik“ setzt er sich kritisch mit einer Strömung auseinander, die in den USA und zunehmend auch in Europa an Bedeutung gewonnen hat: dem sogenannten „neuen Antirassismus“.
Diese Bewegung vertritt die Auffassung, dass die Gesellschaft unüberwindbar von Rassenunterschieden geprägt sei. Weiße Menschen würden grundsätzlich vom Rassismus profitieren, während Schwarze und andere Minderheiten stets Opfer davon seien. Aus dieser Sicht sei es unmöglich, die Unterschiede zwischen den Gruppen zu überbrücken. Versuche, Brücken zu bauen oder Gemeinsamkeiten zu betonen, würden daher sogar als gefährlich und schädlich abgelehnt.
Hughes hält diese Haltung für problematisch. Er erinnert daran, dass die klassische amerikanische Bürgerrechtsbewegung der 1950er- und 1960er-Jahre ein ganz anderes Ideal verfolgte: nämlich Farbenblindheit. Damit ist gemeint, dass Hautfarbe oder Herkunft keine Rolle bei der Bewertung eines Menschen spielen sollten. Martin Luther King träumte bekanntlich von einer Gesellschaft, in der Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden. Hughes sieht in diesem Ideal keinen naiven Wunsch, sondern eine notwendige Grundlage für ein friedliches und gerechtes Zusammenleben.
Das Buch zeigt anhand vieler Beispiele, wie die Abkehr von dieser Haltung zu neuen Problemen führt. Programme in Unternehmen oder Universitäten, die Menschen nach Hautfarbe bevorzugen oder benachteiligen, mögen gut gemeint sein, schaffen aber neue Ungerechtigkeiten. So kann es vorkommen, dass Bewerber nicht nach Leistung, sondern nach ihrer „Race“ beurteilt werden. Hughes hält das für eine Form von Diskriminierung, auch wenn sie als Korrektur vergangener Benachteiligungen gemeint ist.
Er beschreibt auch Fälle, in denen politische Entscheidungen – etwa in der Medizin oder Bildung – explizit nach Rassenkategorien getroffen werden. Dabei können Menschen im Einzelfall benachteiligt werden, nur weil sie der „falschen“ Gruppe angehören. Nach seiner Auffassung ist dies nicht nur unfair, sondern untergräbt auch das Vertrauen zwischen den Gruppen.
Ein weiteres Thema des Buches ist die Wirkung dieser neuen Politik auf Schwarze selbst. Hughes argumentiert, dass sie durch die ständige Betonung von Opferrollen und vermeintlichen Schwächen in eine stereotype Position gedrängt werden. Wer Menschen immer wieder einredet, sie seien durch Hautfarbe besonders verletzlich oder emotional instabil, nimmt ihnen die Möglichkeit, als eigenständige, starke Individuen aufzutreten.
Der Autor schreibt in einem klaren, direkten Stil. Er vermeidet komplizierte Fachsprache und legt Wert darauf, dass auch Leserinnen und Leser ohne philosophischen Hintergrund seinen Gedanken folgen können. Gleichzeitig ist sein Ton leidenschaftlich, manchmal polemisch, wenn er aufzeigt, wie widersprüchlich und schädlich bestimmte Formen der Identitätspolitik sind.
Hughes’ zentrales Anliegen ist die Rückkehr zu einer Politik und Kultur, die Menschen als Einzelne sieht – nicht als Vertreter einer Hautfarbe. Er glaubt, dass nur so eine wirklich gerechte Gesellschaft entstehen kann, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben und in der Vertrauen an die Stelle von Misstrauen tritt.
Das Buch versteht sich damit als ein Plädoyer für eine Gesellschaft ohne Race-Politik. Es ist kein Ruf nach Gleichgültigkeit gegenüber Diskriminierung – Hughes leugnet nicht, dass Rassismus existiert. Aber er betont, dass man ihn nicht bekämpfen kann, indem man neue Formen von Trennung und Einteilung nach Rassen schafft. Stattdessen soll man den Menschen in den Mittelpunkt stellen, nicht seine Hautfarbe.
Mit „Farbenblind“ legt Coleman Hughes einen Beitrag zur aktuellen Debatte über Rassismus, Antirassismus und Identitätspolitik vor, der bewusst gegen den Zeitgeist argumentiert. Es ist ein Buch, das provozieren will, aber auch Hoffnung macht: die Hoffnung auf eine Gesellschaft, in der wir uns nicht durch äußere Merkmale definieren, sondern durch unsere Handlungen, unseren Charakter und unsere Menschlichkeit.
Zusammenfassung
„Farbenblind“ von Coleman Hughes fordert eine Rückkehr zur Idee, Menschen ohne Rücksicht auf ihre Hautfarbe zu behandeln. Anstatt – wie im Radikalen Neorassismus – stets Rasse, Macht und strukturelle Ungleichheit in den Vordergrund zu stellen, plädiert er dafür, Menschen als Individuen zu sehen. Er warnt vor den Nebenwirkungen einer identitätspolitischen Denkweise – etwa selektive Förderung, stereotype Zuschreibungen oder Umkehrdiskriminierung. Spannende Beispiele zeigen, wie solche Praktiken oft kontraproduktiv sind. Hughes schreibt klar und argumentativ mit einem tiefen Bezug zur Bürgerrechtsbewegung. Kritiker sehen darin eine wichtige Stimme, monieren aber Schwächen – etwa bei der Behandlung des Antisemitismus.
„Farbenblind“ von Coleman Hughes ist ein kluges, klar geschriebenes und mutiges Buch. Es zeigt, warum eine Gesellschaft ohne Rassenpolitik gerechter und menschlicher wäre. Mit starken Beispielen und überzeugender Argumentation erinnert es an die Ideale der Bürgerrechtsbewegung – aktuell, inspirierend und sehr lesenswert.
- Herausgeber : edition TIAMAT
- Erscheinungstermin : 17. März 2025
- Auflage : New
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 264 Seiten
- ISBN-10 : 3893203249
- ISBN-13 : 978-3893203246
- Originaltitel : The end of race politics
- Abmessungen : 12.5 x 25 x 21 cm
- 26 Euro