Eine Liebesgeschichte
von Jeanette WintersonÂ
Im Jahr 1816 schreibt Mary Shelley Frankenstein in den Schweizer Bergen.
Das
Buch ist facettenreich und bunt, kleinteilig und doch ein
wunderschönes Gesamtbild formend. Frankenstein meets KI – wenn
Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen…Das Buch
begeistert mich. Ich bin fasziniert von diesem Spiel mit Realität
und Fiktion, Grenzen des Tu- und Denkbaren – definitiv nicht mein
letztes Buch der Schriftstellerin!
Ich
kannte Frankenstein
aus dem Schulunterricht, von der Mutter der Autorin habe ich vor
einer Weile“Eine Verteidigung der Rechte der Frauen“gelesen,
das als der Beginn des Kampfes für Frauenrechte in Europa angesehen
wird – als ich also dieses Buch in der Vorschau entdeckte, war ich
begeistert. Ich begab mich mit hohen Erwartungen und Vorfreude an das
Buch.
Anscheinend
hat dieses
Buch nur darauf gewartet, von mir gelesen zu werden, so sehr knüpft
es an vieles an, womit ich mich momentan beschäftige. Frauenrechte
früher und heute, LGBTIQ, Karl Marx, Identität,Per Anhalter durch
die Galaxie, KI, ewige Jugend, Psychiatrie…
Das
Werk beeinhaltet nicht
einfach irgendeine Geschichte, die man mal so eben liest. Der Inhalt
ist gefüllt von Denkimpulsen und Material für weitere Überlegungen,
Recherchen und Diskussionen!
In der jetzigen Zeit – im heutigen Großbritannien – begegnen wir dem transgender Arzt Ry Shelley, der sich in Victor Stein, einen renommierten wie unergründlichen Experten für künstliche Intelligenz verliebt.
Beim
Lesen hab ich immer das Gefühl nur Beobachterin zu sein, nicht
Zuhörerin.
Klug und mit unvergleichlichem Witz verbindet Winterson diese beiden Erzählstränge zu einer höchst originellen Geschichte, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz und zwischen biologischer und sexueller Identität verschwinden eine Geschichte über die Liebe und das Menschsein selbst.
Im
Buch das Ende genaus so stimmig
– wie die losen Fäden; so muss es sein. Denn es geht nicht wirklich
um Ry und Viktor, Ron, Claire und Polly, oder auch um Mary Shelley
und ihr Monster nicht – sondern um die abstrakten Konzepte
dahinter.Was bedeutet die automatisierte Zukunft und was bedeutet das
für uns … Freiheit? Rechteverlust? Ewiges Leben?
Gefühlslosigkeit?
Das
Buch hat einen
Schreibstil, der das Buch zu einem ungewöhnlichen Werk formt.In
Zeitsprüngen verwebt die Autorin nicht nur Realität und Fiktion auf
meisterhafte Weise, sondern auch poetische Schönheit und
vulgär-derbe Sprache.
Erwähnenswert
sind auch die vielen
Kontraste im Werk – nüchterne Wissenschaft und emotionsgeladener
Kraftausdruck, Biologie/Anatomie und Lyrik, Kunst und Natur…
Von
der Autorin wird kein klares Bild der Zukunft gezeichnet. Auch nicht
von der Gegenwart und erlaubt auch keinen unverzerrten Blick auf die
Vergangenheit. Es werden verwirrende Fragmente voller Schönheit und
Kanten beschrieben.
Entweder
man lliebt oder hasst das Buch.
Im
Untertitel nennt sich das Buch „Eine Liebesgeschichte“ –
das ist das Buch und doch auch nicht (nur) – Dystopie und
erschreckender Gegenwartsroman, gesellschaftskritisch und dann wieder
„nur“Liebesgeschichte. Lest es einfach selbst 😉
. Sehr gelungen verwebt sie Mary Shelleys Lebensgeschichte mit dem neugeborenen Frankenstein und lässt so einen Klassiker wieder auferstehen. Lesenswert!
- Gebundene Ausgabe:Â 400 Seiten
- Verlag:Â Kein & Aber
- Sprache:Â Deutsch
- ISBN-10:Â 303695810X
- ISBN-13:Â 978-3036958101
- Größe und/oder Gewicht: 12,6 x 3 x 19 cm
Weitere Bücher des Verlags https://keinundaber.ch/de/