/ Januar 11, 2020/ Romane

Eine Liebesgeschichte

von Jeanette Winterson 

Im Jahr 1816 schreibt Mary Shelley Frankenstein in den Schweizer Bergen.

Das Buch ist facettenreich und bunt, kleinteilig und doch ein wunderschönes Gesamtbild formend. Frankenstein meets KI – wenn Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft verschmelzen…Das Buch begeistert mich. Ich bin fasziniert von diesem Spiel mit Realität und Fiktion, Grenzen des Tu- und Denkbaren – definitiv nicht mein letztes Buch der Schriftstellerin!

Ich kannte Frankenstein aus dem Schulunterricht, von der Mutter der Autorin habe ich vor einer Weile“Eine Verteidigung der Rechte der Frauen“gelesen, das als der Beginn des Kampfes für Frauenrechte in Europa angesehen wird – als ich also dieses Buch in der Vorschau entdeckte, war ich begeistert. Ich begab mich mit hohen Erwartungen und Vorfreude an das Buch.

Anscheinend hat dieses Buch nur darauf gewartet, von mir gelesen zu werden, so sehr knüpft es an vieles an, womit ich mich momentan beschäftige. Frauenrechte früher und heute, LGBTIQ, Karl Marx, Identität,Per Anhalter durch die Galaxie, KI, ewige Jugend, Psychiatrie…

Das Werk beeinhaltet nicht einfach irgendeine Geschichte, die man mal so eben liest. Der Inhalt ist gefüllt von Denkimpulsen und Material für weitere Überlegungen, Recherchen und Diskussionen!

In der jetzigen Zeit – im heutigen Großbritannien – begegnen wir dem transgender Arzt Ry Shelley, der sich in Victor Stein, einen renommierten wie unergründlichen Experten für künstliche Intelligenz verliebt.


Beim Lesen hab ich immer das Gefühl nur Beobachterin zu sein, nicht Zuhörerin.

Klug und mit unvergleichlichem Witz verbindet Winterson diese beiden Erzählstränge zu einer höchst originellen Geschichte, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz und zwischen biologischer und sexueller Identität verschwinden eine Geschichte über die Liebe und das Menschsein selbst.



Im Buch das Ende genaus so stimmig – wie die losen Fäden; so muss es sein. Denn es geht nicht wirklich um Ry und Viktor, Ron, Claire und Polly, oder auch um Mary Shelley und ihr Monster nicht – sondern um die abstrakten Konzepte dahinter.Was bedeutet die automatisierte Zukunft und was bedeutet das für uns … Freiheit? Rechteverlust? Ewiges Leben? Gefühlslosigkeit?

Das Buch hat einen Schreibstil, der das Buch zu einem ungewöhnlichen Werk formt.In Zeitsprüngen verwebt die Autorin nicht nur Realität und Fiktion auf meisterhafte Weise, sondern auch poetische Schönheit und vulgär-derbe Sprache.

Erwähnenswert sind auch die vielen Kontraste im Werk – nüchterne Wissenschaft und emotionsgeladener Kraftausdruck, Biologie/Anatomie und Lyrik, Kunst und Natur…

Von der Autorin wird kein klares Bild der Zukunft gezeichnet. Auch nicht von der Gegenwart und erlaubt auch keinen unverzerrten Blick auf die Vergangenheit. Es werden verwirrende Fragmente voller Schönheit und Kanten beschrieben.

Entweder man lliebt oder hasst das Buch.

Im Untertitel nennt sich das Buch „Eine Liebesgeschichte“ – das ist das Buch und doch auch nicht (nur) – Dystopie und erschreckender Gegenwartsroman, gesellschaftskritisch und dann wieder „nur“Liebesgeschichte. Lest es einfach selbst 😉

. Sehr gelungen verwebt sie Mary Shelleys Lebensgeschichte mit dem neugeborenen Frankenstein und lässt so einen Klassiker wieder auferstehen. Lesenswert!

  • Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
  • Verlag: Kein & Aber
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 303695810X
  • ISBN-13: 978-3036958101
  • Größe und/oder Gewicht: 12,6 x 3 x 19 cm

Weitere Bücher des Verlags https://keinundaber.ch/de/

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*