Rita Braches-Chyrek, Charlotte Röhner, Heinz Sünker, Jo Moran-Ellis
Das Buch bietet eine tiefgreifende Analyse des komplexen Verhältnisses zwischen Gesellschaft, Mensch und Natur inmitten globaler Umweltkrisen. Es beleuchtet eindrucksvoll die aktuellen Herausforderungen wie Waldbrände, Extremwetter, Klimawandel und Wasserknappheit, die weltweit zunehmen. Die Dringlichkeit der menschengemachten Probleme, von der Überfischung bis zur Migration, wird deutlich herausgearbeitet, und die sich abzeichnende Selbstzerstörung der Menschheit infolge von Eingriffen in die Biosphäre wird kritisch reflektiert.
Die Ausführungen orientieren sich an fundamentalen Fragen zu Verantwortung, Nachhaltigkeit, Kindheit und den zukünftigen Generationen. Die größten globalen Herausforderungen, von der Klimakrise bis zur Energieversorgung, werden detailliert betrachtet und mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Agenda 2030 verknüpft.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Bedeutung von Naturerfahrungen für Kinder und Erwachsene. Zahlreiche Studien untermauern die positiven Auswirkungen von Naturkontakten auf die physische und emotionale Gesundheit. Der Autor setzt dies in Kontrast zur aktuellen Entwicklung der Kindheit, geprägt von Urbanisierung und übermäßigem Termindruck.
Der Text reflektiert ebenfalls kontroverse Positionen zum Begriff „Natur“ im Kontext von Erziehung und Betreuung. Hierbei wird auf den Einfluss gesellschaftlicher und kultureller Umwelten auf die kindliche Entwicklung eingegangen, basierend auf Bronfenbrenners ökologischem Modell. Auch die Diskussion über den Kapitalismus und dessen Zukunft sowie die Auswirkungen von Zivilisationskrankheiten im städtischen Umfeld werden eingehend behandelt.
Das Buch wirft einen Blick auf die Rolle von Kindern und Jugendlichen als Akteure im Kontext des Klimawandels, insbesondere im Zusammenhang mit der Fridays-for-Future-Bewegung (FFF). Es beginnt mit der beeindruckenden Geschichte von Greta Thunberg, die mit ihrem Klimastreik die weltweite F4F-Bewegung ins Leben rief. Der Beitrag analysiert die Ziele, Beweggründe und Auswirkungen von FFF auf die Energie- und Klimapolitik in Deutschland.
Des Weiteren beleuchtet der Text internationale Initiativen, wie die Klimaklage von portugiesischen Kindern beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die auf effektivere Maßnahmen gegen den Klimawandel drängen. Er betont den wissenschaftlichen Konsens über die Existenz und Bedrohung des Klimawandels und den Einfluss des menschlichen Lebensstils. Trotz dieses Konsenses nehmen Kinder und Erwachsene die Bedrohung oft als entfernt wahr.
Der Beitrag reflektiert schließlich die Bedeutung von Nachhaltigkeitswerten und Bildung für eine zukünftige Entwicklung. Es untersucht gemeinsame Überzeugungen junger Menschen, wie sie ihr gegenwärtiges und zukünftiges Leben gestalten wollen, um ein „gutes Leben“ innerhalb der Grenzen des Umfelds zu führen.
In der Sektion über Bildung, Ökologie und Nachhaltigkeit in der Kindheit wurde ein Ansatz zur kritischen Klima-, Natur- und Nachhaltigkeitspädagogik entwickelt (S. 279-293). Im 21. Jahrhundert hat die politische Diskussion über „die Umwelt“ eine neue Dimension erreicht. Weltweit stehen Länder und Gemeinschaften vor komplexen Problemen wie dem Klimawandel, dem Verlust an Biodiversität und der übermäßigen Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Diese Probleme bedrohen nicht nur Gesellschaften, sondern das gesamte Leben auf der Erde. Die bis heute am weitesten verbreitete Definition von Nachhaltigkeit stammt aus dem Brundtland-Bericht von 1987 und umfasst ökologische, ökonomische und soziale Aspekte. Nachhaltige Entwicklung erfordert ein Gleichgewicht zwischen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft, was im populären Drei-Säulen-Modell dargestellt wird.
Der kulturökologische Blick betrachtet die Ressourcen der Massenproduktion und des Massenkonsums als Bezugsrahmen für die Digitalisierung unserer Kultur. Die Fragmentierung der Gesellschaft und subjektive Formen der Realitätserfahrung sind relevante Aspekte. Der traditionelle Begriff des Mediums wird durch Repräsentationsformen wie Apps, Internet-Räume und Digitaltechnologien ersetzt, um die aktuellen kulturellen Entwicklungen pädagogisch zu verstehen.
Nachhaltige Entwicklung ist eine langjährige gesellschaftliche Aufgabe, wobei Kultur einen bedeutenden Einfluss hat. Die Begriffe Nachhaltigkeit, nachhaltige Entwicklung und Bildung für nachhaltige Entwicklung haben im Laufe der Jahre unterschiedliche Bedeutungen angenommen. Das Nachdenken über Ökologie und Nachhaltigkeit konzentriert sich oft auf Fragen der Gerechtigkeit und das Beziehungsverhältnis zwischen den Generationen, wobei Verantwortung und Betroffenheit im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels verhandelt werden.
Die Betrachtung des Generationenverhältnisses als wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis eröffnet eine alternative Sichtweise. Solidarität und Fürsorge können als theoretische Reflexionshorizonte für dieses Abhängigkeitsverhältnis dienen.
Der Begriff der Transformation beschreibt historisch beispiellose Veränderungen auf verschiedenen Ebenen, denen Gesellschaften gegenüberstehen. Soziale Arbeit muss über Transformationswissen verfügen, um politisch wirksam zu sein.
Umweltbedingte Migration ist seit den 1980er Jahren ein etabliertes Forschungsthema. Die Auswirkungen des Klimawandels gelten als häufige Ursache für Mobilität und Migration. Forschung und politische Interventionen in diesem Bereich sind auf eine fundierte Studienlage gestützt, wie im IPCC-Bericht von 2014 deutlich wird.
Im Abschnitt über Bildung für nachhaltige Entwicklung im Spannungsfeld normativer Ansprüche wird vorgestellt:
Es wird der Fokus auf das Prinzip der Natur in der anthroposophischen Pädagogik gelegt. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstanden verschiedene anthroposophische Bewegungen, die nicht nur anthroposophische Gesellschaften, Hochschulen, Verlage und Unternehmen hervorbrachten, sondern auch Schwerpunkte in ökologischen Lebensweisen setzten, wie z.B. in der biodynamischen Landwirtschaft, Medizin, Kunst, Naturwissenschaft und Architektur. Diese Bewegungen sind bis heute durch ein Netzwerk ideologischer Vorstellungen und Weltanschauungen miteinander verbunden. Die Entwicklung der Waldorfpädagogik wurde ebenfalls angestoßen, die die Betreuung, Erziehung und Bildung in Waldorfkrippen, -kindergärten und -schulen prägt.
Die Einführung von Inhalten, die heute unter dem Begriff „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zusammengefasst werden, lässt sich historisch auf das Jahr 1979 zurückführen. Damals war der Begriff noch unbekannt, aber die Inhalte bezogen sich bereits auf die Dimensionen Soziales, Wirtschaft, Politik und Umwelt. Im Anthropozän, dem Zeitalter, in dem der Mensch den geologischen Verlauf maßgeblich beeinflusst, stehen die Menschheit vor Herausforderungen wie dem menschengemachten Klimawandel und sozialen Ungleichheiten. Nachhaltige Entwicklung ist seit den 1990er Jahren ein Leitbild, dem sich alle Bildungsinstitutionen, einschließlich Grundschulen und Kindertageseinrichtungen, öffnen müssen.
Ökologische Fragen werden auch in der religiösen Bildung seit den späten 1970er Jahren behandelt, insbesondere im Kontext der Frage nach der Schöpfung. Nachhaltiges Spielen und die Bedeutung von Naturerfahrungsräumen werden ebenso thematisiert.
Die Verdichtung von deutschen Großstädten führt zu einem erhöhten Druck auf Grünflächen, was dazu führt, dass Aktionsräume für Kinder im Freien abnehmen. Dies hat Auswirkungen auf die Kindheit und Jugend, da Kinder weniger Möglichkeiten haben, sich draußen frei zu bewegen. Der Umsatz in der Heimtiernahrungs- und Bedarfsindustrie zeigt, dass Heimtiere in Deutschland beliebt sind. Schulgärten werden als Lern- und Erfahrungsorte betrachtet.
Das Lernen in der Natur gewinnt an Bedeutung und fördert nicht nur die Gesundheit, sondern auch kognitive Fähigkeiten. Die Visionen der Stadt und der Nachhaltigkeit werden aus der Perspektive von Kindern betrachtet. Land-Art als politisch motivierte Kunstform wird diskutiert.
Die Entwicklung von Geschmackspräferenzen und pädagogische Ansätze zur Veränderung dieser Präferenzen in Bildungseinrichtungen wie Kitas und Schulen werden ebenfalls behandelt.
Diese faszinierende Darstellung über Bildung, Umwelt und Nachhaltigkeit begeistert durch ihre klare Sprache und tiefgreifende Einblicke. Die Herausgeber*innen schaffen es, komplexe Themen verständlich zu präsentieren und öffnen die Augen für die Dringlichkeit nachhaltiger Entwicklung. Inspirierend und informativ!
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- Herausgeber : Verlag Barbara Budrich; 1. Edition (16. Januar 2023)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 500 Seiten
- ISBN-10 : 3847426494
- ISBN-13 : 978-3847426493
- Abmessungen : 17.9 x 4.5 x 24.5 cm
- 69,90 Euro