/ August 8, 2025/ Buch

In „Meine Patienten laufen Trab“ nimmt uns Helga mit in ihren wilden, ungeschönten Alltag, der so gar nichts mit den romantischen Postkartenbildern vom Landleben zu tun hat. Stattdessen gibt es nächtliche Notfalleinsätze, rutschige Landstraßen, widerspenstige Fohlen, die keinen Pieks dulden, und unglaubliche Szenen wie die Rettung einer Stute aus einem Swimmingpool. Schon auf den ersten Seiten spürt man: Hier erzählt jemand, der wirklich draußen steht, wenn’s brenzlig wird – egal, ob bei Schnee, Sturm oder sengender Hitze.

Helga ist eine gebürtige Österreicherin, die eigentlich einen anderen Plan hatte: eine Klinik, geregelte Zeiten, ein Leben mit ihrem Musikerfreund Tobias. Doch wie das Leben so spielt, landet sie in einer mobilen Pferdepraxis im bayerischen Hinterland – und mitten in einer Welt, die von 24/7-Bereitschaft, Fernbeziehung und improvisierten Rettungsaktionen geprägt ist. Ihr Chef Herbert ist telefonisch immer erreichbar, ihre Hunde Aana und Sparky sind treue Begleiter, und der Rest? Ein Mix aus Pferden, Menschen und Herausforderungen, der in jedem Moment Überraschungen bereithält.

Dabei geht es nicht nur um tiermedizinische Eingriffe, sondern um all das, was zwischen Mensch und Tier passiert. Helga schildert mit entwaffnender Ehrlichkeit, wie nervös sie anfangs war, wie sie sich Respekt verschafft – und wie oft die Besitzer schwieriger sein können als die Patienten. Sie hat keine Scheu, Dinge klar zu benennen, ob es nun um unappetitliche Aufgaben, chaotische Einsatzorte oder ihren eigenen Frust geht. Diese Offenheit macht sie so sympathisch, denn sie zeigt, dass hinter der toughen Fassade eine Frau steht, die zweifelt, stolpert und trotzdem weitermacht.

Besonders lebendig sind die einzelnen Episoden: das Shetlandpony, um dessen Leben sie bei einer Schwergeburt bangt; der Einsatz, bei dem sie auf sich allein gestellt ist und improvisieren muss; der Moment, wenn ein gerettetes Tier wieder aufsteht – und alle um es herum aufatmen. Man spürt bei jeder Geschichte Helgas tiefe Liebe zu den Pferden und ihren unermüdlichen Willen, zu helfen.

Doch das Buch spart auch die Schattenseiten nicht aus: den Erschöpfungszustand nach zu vielen Diensten, die Gefahr, Fehler zu machen, und den Schmerz, wenn ein Tier nicht zu retten ist. Helga erzählt, wie sich der Stress anfühlt, und macht klar, dass dieser Job nicht nur körperlich, sondern auch emotional enorme Kraft kostet. Gerade dadurch wirkt ihre Freude über jede gelungene Behandlung noch intensiver.

Der Charme dieses Buches liegt in der Mischung aus rauem Humor, authentischen Einblicken und der bildhaften Sprache, mit der Helga das Leben zwischen Ställen, Landstraßen und OP-Besteck schildert. Man kann fast das Wiehern hören, den Stallgeruch riechen und die Kälte einer Winternacht spüren, wenn sie mit Taschenlampe und Verbandmaterial unterwegs ist.

„Meine Patienten laufen Trab“ ist mehr als ein Erfahrungsbericht – es ist eine Hommage an alle, die draußen im Dunkeln stehen, wenn andere schlafen, und die Verantwortung für Lebewesen übernehmen, die sich nicht selbst helfen können. Es ist ehrlich, herzerwärmend und manchmal auch herzzerreißend.

Wer Pferde liebt, wird dieses Buch verschlingen. Wer noch nie mit Pferden zu tun hatte, wird es trotzdem lieben – weil es eine Geschichte vom Mut, vom Durchhalten und von der unerschütterlichen Liebe zu einem Beruf erzählt, der kein Ponyhof ist, aber jede Anstrengung wert.

Ein Buch, das nachwirkt – und das man mit einem lachenden und einem weinenden Auge zuschlägt.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Knaur TB
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 3. Februar 2025
  • Auflage ‏ : ‎ 1.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 240 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 342628491X
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426284919
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.6 x 1.93 x 21 cm

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