/ August 22, 2025/ Buch

„Teilhabe statt Ausgrenzung“ – schon der Titel macht deutlich, worum es in diesem Band geht: Menschen, die in schwierigen Wohn- und Lebenslagen sind, sollen nicht an den Rand gedrängt, sondern in die Mitte unserer Gesellschaft geholt werden. Das Buch berichtet von einem Projekt, das von 2021 bis 2022 von der Erlacher Höhe durchgeführt wurde und das sich ganz praktisch mit der Frage beschäftigte: Wie können wohnungslose Menschen oder Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, besser unterstützt werden – gerade auch in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie?

Das Motto des Projekts lautete „KontaktRäume aufbauen – Zusammenhalt schaffen“. Schon diese Worte machen klar, dass es nicht nur um die reine Versorgung mit dem Nötigsten geht. Es geht vielmehr darum, Orte und Gelegenheiten zu schaffen, an denen Menschen wieder in Verbindung treten können – miteinander, mit Helferinnen und Helfern, mit der Gesellschaft. Denn Isolation und Einsamkeit sind für viele Betroffene ebenso belastend wie der materielle Mangel.

Ein wichtiges Ziel des Projekts war es deshalb, niederschwellige Hilfsangebote zu machen. „Niederschwellig“ bedeutet: ohne komplizierte Voraussetzungen, ohne lange Anträge, ohne Hürden, die viele Menschen sonst davon abhalten, Unterstützung anzunehmen. Die Helfenden suchten die Betroffenen direkt auf, sprachen mit ihnen, hörten zu, gaben praktische Hilfe im Alltag. Dieses aufsuchende Arbeiten ist oft entscheidend, weil viele wohnungslose Menschen von sich aus keinen Zugang zu den bestehenden Hilfssystemen finden.

Darüber hinaus spielte ein weiteres Thema eine große Rolle: digitale Kompetenzen. Während der Corona-Pandemie wurde schmerzlich sichtbar, wie wichtig es ist, sich im digitalen Raum zurechtzufinden – für Behördengänge, für Informationen, für soziale Kontakte. Menschen ohne festen Wohnsitz oder mit wenig Geld hatten hier oft kaum Möglichkeiten. Das Projekt setzte deshalb auch hier an, um den Betroffenen ein Stück mehr Selbstständigkeit und Teilhabe zu ermöglichen.

Der Band, herausgegeben von Wolfgang Sartorius und Hans-Ulrich Weth, fasst die Erfahrungen und Ergebnisse aus den verschiedenen Landkreisen zusammen. Er zeigt, wo Hilfen erfolgreich waren, wo es Hindernisse gab und welche strukturellen Probleme bestehen. Denn eines wird schnell klar: Es geht nicht nur um das individuelle Schicksal Einzelner, sondern auch um die Rahmenbedingungen – um Sozialpolitik, rechtliche Regelungen und das Funktionieren der Hilfesysteme.

Besonders wertvoll ist, dass auch Expertinnen und Experten in eigener Sache zu Wort kommen – also Menschen, die selbst Erfahrungen mit Wohnungslosigkeit gemacht haben. Ihre Stimmen machen die Situation unmittelbar greifbar und zeigen, dass hinter jeder Statistik echte Menschen mit Hoffnungen, Sorgen und Rechten stehen.

Das Buch beleuchtet zudem wichtige Fragen, die im Alltag der Wohnungslosenhilfe immer wieder auftauchen:

  • Wie lässt sich freiwillige von unfreiwilliger Obdachlosigkeit unterscheiden?
  • Welche Rechte haben Menschen, wenn sie in Notunterkünften untergebracht werden?
  • Welche Pflichten ergeben sich für sie?
  • Und wie sind ihre Rechte bei polizeilichen Ermittlungen geschützt?

Durch diese Themen wird deutlich, dass Wohnungslosigkeit nicht nur ein soziales, sondern auch ein rechtliches Problem ist. Wer seine Rechte nicht kennt oder sie nicht durchsetzen kann, gerät schnell in noch größere Abhängigkeit oder Ausgrenzung.

Das Buch richtet sich an viele Leserinnen und Leser: an Fachkräfte in der sozialen Arbeit, an Politikerinnen und Politiker, an Verantwortliche in Verwaltungen – aber auch an alle, die verstehen möchten, wie unsere Gesellschaft mit Menschen in Not umgeht. Es liefert Handlungsempfehlungen, wie Hilfesysteme verbessert werden können, und zeigt ganz praktisch, was funktioniert und wo Veränderung nötig ist.

Trotz seines wissenschaftlichen Anspruchs ist der Band kein abstraktes Werk, sondern nah an der Realität. Die Geschichten und Erfahrungen, die hier zusammengetragen werden, berühren und machen nachdenklich. Man spürt, wie dringend es ist, Wege zu finden, damit niemand in einer reichen Gesellschaft dauerhaft ohne Dach über dem Kopf oder ohne Zugang zu grundlegender Hilfe bleibt.

„Teilhabe statt Ausgrenzung“ ist damit nicht nur ein Bericht über ein abgeschlossenes Projekt. Es ist ein Appell, die gewonnenen Erkenntnisse weiterzutragen und in die Praxis umzusetzen – für mehr Menschlichkeit, für mehr Zusammenhalt und für eine Gesellschaft, in der niemand zurückgelassen wird.

Ein eindrucksvoller Band, der zeigt, wie wichtig Teilhabe und niedrigschwellige Hilfe für Menschen in prekären Lebenslagen sind. „Teilhabe statt Ausgrenzung“ verbindet Praxisnähe mit klaren Handlungsempfehlungen und gibt Betroffenen selbst eine Stimme. Ein wertvolles Buch für Fachleute und alle, die Verantwortung tragen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Lambertus-Verlag GmbH
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 15. Januar 2025
  • Auflage ‏ : ‎ 1.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 168 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3784137601
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3784137605
  • Abmessungen ‏ : ‎ 21 x 15 x 1.8 cm
  • 27 Euro

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