Das neue Buch „Die Dinge beim Namen“ von Rebekka Salm unterscheidet sich in seiner Erzählweise und Struktur von anderen Büchern. Es bietet einen tiefen Einblick in das Leben eines kleinen, typischen Dorfes und seiner Bewohner. Die Geschichte wird durch die Perspektiven von zwölf unterschiedlichen Charakteren erzählt, die jeweils ihre eigenen Erlebnisse, Geheimnisse und Beobachtungen schildern. Diese individuellen Geschichten sind eng miteinander verknüpft und ergeben zusammen ein komplexes Bild des Dorflebens.
Das Dorf, das Rebekka Salm beschreibt, ist auf den ersten Blick unscheinbar und ähnelt vielen anderen Dörfern. Es gibt eine Selbstbedienungstankstelle, einen kleinen Laden, viele Einfamilienhäuser, eine leere Kirche und ein gut besuchtes Wirtshaus. Die Dorfmusik probt regelmäßig über dem Magazin der Feuerwehr, und es gibt die üblichen kleinen Dramen und großen Gespräche, die das Dorfleben prägen.
Die Autorin stellt uns eine Vielzahl von Charakteren vor, die alle ihre eigenen Geschichten haben. Da ist zum Beispiel die schöne Chantal, die eigentlich einen anderen Namen hat und durch ihren Beruf viel mehr weiß, als ihr vielleicht lieb ist. Freddy ist ein leidenschaftlicher Käfersammler und verbringt seine Zeit damit, seltene Exemplare zu suchen und zu studieren. Micha, die jung geblieben ist, fährt jeden Samstagabend mit dem Bus in die große Stadt, um dem Dorfleben zu entfliehen und neue Abenteuer zu erleben.
Der pensionierte Dorfpolizist Lysser hütet ein dunkles Geheimnis, das ihn seit vielen Jahren belastet. Vollenweider, ein weiterer Dorfbewohner, schreibt all diese Geschichten auf und versucht, die Essenz des Dorflebens festzuhalten. Dann gibt es noch Sandra, eine mysteriöse Figur, die mal hell- und mal schwarzhaarig ist. Sie verschwand im Februar 1984, als sie gerade mal sechzehn Jahre alt war, während eines Unterhaltungsabends des örtlichen Musikvereins in der Turnhalle – und zwar gemeinsam mit dem schönen Max. Dieses Ereignis wirft bis heute, 34 Jahre später, noch seine Schatten auf die Gemeinschaft und bewegt die Gemüter der Dorfbewohner.
Die zwölf Dorfbewohner, die Rebekka Salm in ihrem Buch zu Wort kommen lässt, geben nicht nur Einblicke in ihr eigenes Leben, sondern auch in das Leben der anderen. Sie erzählen von flüchtigem Glück, von Träumen und Hoffnungen, aber auch von tief verborgenen Ängsten und sorgsam gehüteten Geheimnissen. Jede Geschichte steht für sich, und doch sind sie alle miteinander verbunden, wie die Fäden eines großen Netzes.
Rebekka Salm gelingt es meisterhaft, diese eng verwobenen Geschichten zu einer einzigen, großen Geschichte zu verbinden. Dabei sind alle Geschichten so wahr, wie Geschichten eben sein können – sie spiegeln die Realität wider, auch wenn sie teilweise fiktionalisiert sind. Die Autorin zeigt, dass das Leben in einem kleinen Dorf alles andere als langweilig ist und dass hinter jeder Fassade eine eigene, oft erstaunliche Geschichte steckt.
Die Struktur des Buches, in dem verschiedene Erzähler zu Wort kommen, schafft eine besondere Dynamik und Vielfalt. Jeder Charakter bringt seine eigene Perspektive und seinen eigenen Erzählstil mit, was das Lesen abwechslungsreich und spannend macht. Die verschiedenen Geschichten ergänzen und kommentieren sich gegenseitig, wodurch ein vielschichtiges Bild des Dorflebens entsteht.
Neben den persönlichen Geschichten der Dorfbewohner spielt auch die Gemeinschaft selbst eine zentrale Rolle. Das Dorf ist nicht nur der Schauplatz der Handlung, sondern fast schon ein eigener Charakter, der die Ereignisse und das Leben der Menschen prägt. Die Beziehungen untereinander, die sozialen Strukturen und die gemeinsamen Erlebnisse machen das Dorf zu einem lebendigen, pulsierenden Ort.
Ein zentrales Thema des Buches ist die Suche nach Wahrheit und Identität. Die Charaktere sind auf unterschiedliche Weise auf der Suche nach sich selbst und nach Antworten auf die großen und kleinen Fragen des Lebens. Dabei stoßen sie immer wieder auf Geheimnisse und ungelöste Rätsel, die das Dorf umgeben und die sie miteinander verbinden.
„Die Dinge beim Namen“ ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und das den Leser dazu einlädt, hinter die Oberfläche zu schauen. Es zeigt, dass jede noch so unscheinbare Geschichte wichtig ist und dass jede Person, egal wie gewöhnlich sie erscheinen mag, eine einzigartige und wertvolle Geschichte zu erzählen hat. Rebekka Salm hat mit ihrem Werk eine vielschichtige und tiefgründige Erzählung geschaffen, die lange nachhallt und die den Leser auf eine spannende Reise in die Welt eines kleinen Dorfes mitnimmt.
Die Art und Weise, wie die Autorin die Geschichten miteinander verwebt und die unterschiedlichen Perspektiven miteinander kombiniert, macht das Buch zu einem besonderen Leseerlebnis. Es ist ein Buch, das man nicht nur liest, sondern das einen auch dazu bringt, über das eigene Leben und die Geschichten der Menschen um einen herum nachzudenken. „Die Dinge beim Namen“ ist eine Hommage an die Vielfalt und die Tiefe des menschlichen Lebens und an die kleinen, oft übersehenen Geschichten, die es so reich und faszinierend machen.
- Herausgeber : Kampa Verlag; 1. Edition (20. März 2024)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 192 Seiten
- ISBN-10 : 3311150791
- ISBN-13 : 978-3311150794
- Abmessungen : 11.2 x 2.1 x 18.1 cm
- 14 Euro