/ November 15, 2025/ Buch

„Die Stunde der Raubtiere“ von Giuliano da Empoli ist ein politischer Essay, der sich mit den neuen Machthabern unserer Zeit beschäftigt. Da Empoli beschreibt eine Welt, in der traditionelle demokratische Regeln und Werte immer stärker unter Druck geraten. An ihre Stelle treten neue Formen der Macht: persönlicher Einfluss, Manipulation, Kontrolle über digitale Räume und ein starkes Spiel mit Angst, Unsicherheit und Emotionen.

Der Autor nimmt die Leser*innen mit auf eine Reise zu symbolischen Orten der Macht. Er beginnt im Weißen Haus unter Donald Trump, einem Präsidenten, der weniger durch politische Erfahrung, sondern durch Instinkt, Inszenierung und Konfrontation herrschte. Da Empoli zeigt hier, wie unberechenbares Verhalten zu einer politischen Waffe werden kann.

Von dort führt die Reise weiter ins Silicon Valley. Dort sitzen die Tech-Unternehmer, die mit Künstlicher Intelligenz und sozialen Netzwerken neue Formen der öffentlichen Kontrolle geschaffen haben. Nach Ansicht des Autors entstehen dort moderne „Fürstenhöfe“, in denen Technologie und Macht untrennbar miteinander verbunden sind. Diese Akteure beeinflussen nicht nur Wirtschaft und Alltag, sondern auch Politik, Meinung und gesellschaftliche Ordnung – oft ohne demokratische Kontrolle.

Weitere Stationen sind die Vereinten Nationen in New York. Da Empoli beschreibt dieses Umfeld als einen Ort, an dem diplomatische Machtspiele, geheime Deals und strategische Interessen hinter höflicher Sprache verborgen bleiben. Die politische Bühne wirkt hier wie ein Labor, in dem Interessen gegeneinander getestet werden – präzise, kühl und oft skrupellos.

Ein besonders eindrucksvoller Abschnitt führt nach Saudi-Arabien, in das luxuriöse Ritz-Carlton in Riad. Dort ließ der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im Rahmen einer Machtstrategie Rivalen, Konkurrenten und Kritiker in einer schnellen Aktion festsetzen. Diese Episode zeigt, wie plötzliche, drastische Gewalt als Zeichen unangefochtener Herrschaft eingesetzt wird.

Da Empoli untersucht all diese Beispiele wie ein moderner Machiavelli. In seinem Blick steckt keine moralische Empörung, sondern analytische Nüchternheit. Für ihn zählen Macht, Einfluss und Kontrolle mehr als Ideale oder politische Programme. Eigenschaften wie Lüge, Brutalität, Chaos, Überraschung und emotionale Manipulation erscheinen in seinem Essay nicht als Fehler, sondern als bewusste Instrumente moderner Herrschaft.

Das Buch zeichnet das Bild einer Welt im Umbruch, in der alte Grenzen verschwimmen und neue Autoritäten entstehen. Politiker, Tech-Milliardäre und autokratische Herrscher bilden laut da Empoli eine gefährliche Allianz. Ihr Ziel scheint es zu sein, demokratische Institutionen, die Gewaltenteilung und die internationale Ordnung zu schwächen und durch ein System persönlicher Macht zu ersetzen.

Dabei stellt das Buch eine drängende Frage: Ist es schon zu spät? Haben die „Raubtiere“ – also die neuen Fürsten – bereits so viel Einfluss gewonnen, dass demokratische Werte kaum noch geschützt werden können? Oder gibt es noch Wege, ihre Macht einzudämmen?

„Die Stunde der Raubtiere“ ist ein eindringlicher, spannender und zugleich beunruhigender Text. Er regt dazu an, über die Zukunft von Demokratie, Freiheit und Verantwortung nachzudenken. Ohne moralischen Zeigefinger, aber mit scharfem Blick erklärt da Empoli, warum die Gegenwart von autoritären Tendenzen geprägt ist – und warum es entscheidend ist, hinzusehen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ C.H.Beck
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 1. Oktober 2025
  • Auflage ‏ : ‎ 2.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 127 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3406838219
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3406838217
  • Originaltitel ‏ : ‎ L’heure des prédateurs
  • Abmessungen ‏ : ‎ 12.4 x 1.3 x 20.3 cm
  • 15 Euro

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