Therese Bohman
Dieser Roman integriert sich perfekt in meine gegenwärtige Gedankenwelt, die noch immer von den Eindrücken der Frankfurter Buchmesse durchzogen ist. Obwohl mir die Verlagsbranche fremd ist, vermittelten mir die Messe und die geführten Gespräche einen kleinen, wenn auch oberflächlichen Einblick.
„Andromeda“ passt ausgezeichnet, da in ihm die Literatur und ein renommierter Stockholmer Verlag eine bedeutende Rolle spielen. Allerdings würde ich behaupten, dass viele der behandelten Themen äußerst universell sind und auch auf andere Lebensbereiche übertragbar sind.
Bohmans Ich-Erzählerin Sofie hat sich eigenständig einen Praktikumsplatz in einem der renommiertesten Verlagshäuser Stockholms erkämpft. Als Studentin aus einem wenig bildungsaffinen Elternhaus ohne nennenswerte Kontakte gestaltet sich eine Karriere in dieser vernetzten und elitären Branche als schwierig.
Der erfahrene Programleiter Gunnar wird auf die zurückhaltende und integre Praktikantin aufmerksam und erkennt ihr literarisches Gespür sowie ihren Instinkt für gute Romane. Gunnar und Sofie, beide aus einfachen Verhältnissen stammend und durch ihre Liebe zur Literatur in die Branche gespült, bilden eine besondere Verbindung.
Gunnar fördert Sofie und wird zu ihrem Mentor, beschleunigt durch sein Protektorat ihren Aufstieg innerhalb des Verlags. Gemeinsam arbeiten sie an der Buchreihe „Andromeda“, dem intellektuellen Aushängeschild des Verlags, unter dem anspruchsvolle Literaturtitel veröffentlicht werden. Doch die Buchbranche steht vor Veränderungen und muss sich dem Zeitgeist sowie dem Markt anpassen.
Der Roman berührt ein wahnsinnig breites und zeitloses Themenfeld. Die Beziehung zwischen Gunnar und Sofie beeinflusst sie nachhaltig bis in ihr Privatleben. Die Autorin behandelt diese Verbindung äußerst nuanciert und lässt viel Raum für Zwischentöne. Es geht nicht nur um ein Machtgefälle, sondern um das Erkennen zweier Menschen, unabhängig von Geschlecht und Alter.
Das Thema Klasse spielt ebenfalls eine Rolle: „Alle wollten spüren, dass sie aus eigener Kraft erreicht hatten, was sie haben wollten, dass sie endlich besaßen, was sie meinten, verdient zu haben.“
Über all dem liegt eine melancholische Stimmung und die grundlegende Frage nach der Angst vor Veränderung und Neuem – eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit.
Bohman regt zum Nachdenken an, insbesondere der zweite Teil, der eine andere Perspektive beleuchtet, gibt Einblicke in eine mir unbekannte Denkweise und berührt mit seinem Ende.
Bohmans Text reibt sich stellenweise mit meinen eigenen Ansichten über Literatur und das Leben. Dies ist kalkuliert und raffiniert gemacht, verleiht dem Roman eine Tiefe, die nachhallt. Ein äußerst lesenswerter und interessanter Roman von einer vielschichtigen Autorin, von der ich gerne noch mehr lesen möchte.
- Herausgeber : Europa Verlag (29. September 2023)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 176 Seiten
- ISBN-10 : 3958905781
- ISBN-13 : 978-3958905788
- Abmessungen : 13.7 x 2.1 x 21.6 cm
- 22 Euro