
Wenn du bei Frankreich nur an Eiffelturm, Baguette und romantische Cafés denkst, dann hast du definitiv noch nicht „Das Camembert-Diagramm“ gelesen. In diesem Buch nimmt uns die Journalistin Nadia Pantel mit auf eine ziemlich geniale Reise durchs Nachbarland – aber keine langweilige mit Reiseführer und Touri-Programmen, sondern eine, die durch den Magen direkt ins Herz (und Hirn) geht.
Frankreich durch die Fresskultur erklärt – klingt komisch, ist aber genial
Pantel stellt eine ganz einfache, aber brillante Frage: Was verrät das französische Essen über die französische Gesellschaft? Die Antwort ist: eine ganze Menge! Statt trockener Politik oder langweiliger Geschichtsreferate serviert sie uns Frankreich wie ein mehrgängiges Menü – würzig, scharf, manchmal bitter, aber immer mit Geschmack und Verstand.
Egal ob Austern in der Bretagne, Camembert in der Normandie oder ein Couscous-Teller mit kolonialem Beigeschmack – in jedem Kapitel steckt nicht nur eine Mahlzeit, sondern auch eine Geschichte über Kultur, Politik, Identität und Alltag. Und das Beste: Pantel schreibt so locker, charmant und lustig, dass du beim Lesen das Gefühl hast, sie sitzt mit dir am Küchentisch und erzählt einfach drauflos.
Von Omas Küche bis Gelbwesten-Grill
Du denkst bei „Steak frites“ einfach nur an Pommes mit Fleisch? Tja, Rechtspopulisten in Frankreich machen daraus fast schon ein politisches Symbol – das zeigt Pantel und erklärt gleich mit, was da eigentlich alles schiefläuft. Oder nimm Austern: Bei uns eher was für Feinschmecker mit großem Geldbeutel – in Frankreich hingegen Volksluxus, fast schon Alltag. Und auch das klassische Croissant oder das viel diskutierte „Pain au chocolat“ (ja, so heißt das und nicht anders!) wird zum Aufhänger, um über Themen wie Mutterschaft, Kindererziehung oder soziale Unterschiede zu sprechen.
Das Buch ist aber nicht nur Essen mit ein bisschen Politiksoße – es geht richtig in die Tiefe. Pantel spricht über die Banlieues, über Rassismus, die koloniale Vergangenheit, Identitätsfragen, Wut auf den Staat und wie das alles am Esstisch landet – ganz ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit viel Witz, Respekt und echtem Interesse.
Authentisch und mittendrin statt nur dabei
Was das Buch besonders stark macht: Pantel reist selbst durchs Land, spricht mit Menschen, beobachtet genau, schmeckt hin, hört zu. Sie schreibt nicht über Frankreich „von außen“, sondern lässt das Land selbst sprechen, durch seine Gewohnheiten, seine Widersprüche, seine Küchengerüche. Ob sie in einer kleinen Bretterbude am Meer hockt, in einem schicken Pariser Restaurant sitzt oder mit Aktivisten diskutiert – sie ist mittendrin, und das merkt man jeder Seite an.
Nicht nur was für Frankreich-Fans
Auch wenn du jetzt denkst: „Frankreich? Joa, ist ganz nett, aber interessiert mich nicht sooo krass“ – lies das Buch trotzdem. Du musst kein Frankreich-Freak sein, um Spaß daran zu haben. Es geht um viel mehr als nur um das Land: Es geht um Identität, Herkunft, Klassenunterschiede, Kulturkampf und Zusammenleben – und das eben auf die unterhaltsamste Art, die man sich wünschen kann.
Außerdem ist Pantels Schreibstil ein echter Genuss. Locker, klug, witzig, manchmal bissig, immer mit Herz. Du wirst beim Lesen oft schmunzeln, manchmal laut lachen, vielleicht auch nachdenklich werden – aber garantiert nie gelangweilt. Es ist fast wie ein gutes Essen: abwechslungsreich, überraschend und sättigend – aber man will trotzdem mehr.
Fazit: Lesen macht schlauer UND Spaß
„Das Camembert-Diagramm“ ist kein klassisches Sachbuch, aber auch kein reiner Reisebericht. Es ist eine bunte Mischung aus Reportage, Gesellschaftsanalyse und Liebeserklärung an ein komplexes Land. Wer wissen will, warum in Frankreich auch übers Essen gestritten wird, wieso ein Camembert mehr sagt als tausend Worte, und was es mit dem „Steak-frites-Nationalismus“ auf sich hat – der sollte unbedingt zugreifen.
Ein Buch, das genauso gut schmeckt wie es klingt, das dich zum Lachen, Denken und vielleicht sogar ein bisschen zum Umdenken bringt.
Kurz gesagt:
Frankreich wie du es noch nie gesehen hast – mit Biss, Humor und ganz viel Charme.
Absolute Empfehlung – auch ohne Baguette unterm Arm!
- Herausgeber : Rowohlt Berlin
- Erscheinungstermin : 13. Mai 2025
- Auflage : 1.
- Sprache : Deutsch
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 224 Seiten
- ISBN-10 : 373710218X
- ISBN-13 : 978-3737102186
- Abmessungen : 12.9 x 2.16 x 21 cm
- 24 Euro