/ Juli 22, 2024/ Romane

Der Bademeister ohne Himmel: Eine einfühlsame und bewegende Geschichte

Linda ist fünfzehn Jahre alt und fühlt sich oft so verzweifelt, dass sie sich am liebsten das Leben nehmen würde. Doch es gibt zwei Menschen, die sie unbewusst davon abhalten. Einer dieser Menschen ist ihr einziger Freund Kevin, der selbst an der Welt verzweifelt. Kevin hat das Gefühl, dass die Welt kurz vor dem Untergang steht und kann nur schwer mit dieser düsteren Aussicht umgehen. Der andere Mensch ist Hubert, ein 86-jähriger Bademeister im Ruhestand, der an fortschreitender Demenz leidet. Hubert verbringt die meiste Zeit allein in seiner Wohnung, toasting Karotten und wartet auf seine Frau, die vor sieben Jahren gestorben ist. Doch durch seine Demenz erinnert er sich nicht daran, dass sie nicht mehr lebt.

Linda verbringt dreimal in der Woche den Nachmittag bei Hubert, um die polnische Pflegekraft Ewa zu entlasten. Ewa kümmert sich liebevoll um Hubert, obwohl sie manchmal etwas unsensibel wirkt. Linda findet es besser, Hubert nicht die traurige Wahrheit zu sagen, wenn er nach seiner Frau fragt. Stattdessen erklärt sie ihm, dass seine Frau beim Einkaufen ist. Auf diese Weise versucht Linda, Hubert ein Stück Normalität und Trost zu geben.

Durch ihre Besuche bringt Linda Frische, Liebe und Humor in das Leben von Hubert, seiner Tochter und auch Ewa. Sie geht feinfühlig mit Huberts Demenz um und bemüht sich, ihm Lebensfreude zu schenken. Linda schafft es, sowohl dem Patienten als auch seiner Familie und der Pflegekraft gut zu tun. Ihre Art und Weise, wie sie mit der schwierigen Situation umgeht, ist bemerkenswert und zeigt eine beeindruckende Stärke, die oft nur Teenager haben.

Petra Pellini hat mit diesem Buch eine unglaublich berührende und einfühlsame Geschichte geschaffen, die zwei völlig unterschiedliche Leben miteinander verknüpft. Auf der einen Seite steht Linda, ein Teenager, der mit seiner eigenen Verzweiflung kämpft, und auf der anderen Seite Hubert, ein alter Mann, der langsam seine Erinnerungen verliert. Die zentrale Figur, die diese beiden Leben verbindet, ist die polnische Pflegekraft Ewa, die ihre eigenen Herausforderungen und eine bewegende Geschichte hat.

Um diese Hauptfiguren herum gibt es weitere Charaktere, wie Huberts Tochter, die Schwierigkeiten hat, loszulassen. Sie wirkt manchmal herzlos, ist aber in Wirklichkeit tief betroffen und kämpft mit ihren eigenen Gefühlen. Dieses Netzwerk von Beziehungen und Emotionen bildet ein komplexes und gleichzeitig zerbrechliches Gebilde. Es zeigt, wie eng Freude und Schmerz, Hoffnung und Verzweiflung miteinander verwoben sind.

Die Figuren in Pellinis Buch sind klar und lebendig gezeichnet. Besonders in der Hörbuchversion, in der Marie-Isabel Walke den Charakteren ihre Stimmen leiht, kommen die unterschiedlichen Persönlichkeiten wunderbar zur Geltung. Ewa wird als besonders entzückend dargestellt, und die Hörer können sich leicht in die verschiedenen Figuren hineinversetzen. Jeder Charakter, einschließlich des Nachtfalters, den man als Symbol der Vergänglichkeit verstehen kann, wächst einem ans Herz.

Die Geschichte thematisiert auch die Belastungen, die Pflegekräfte tragen müssen. Es zeigt, wie schwierig und emotional anspruchsvoll es ist, rund um die Uhr für einen Menschen mit Demenz zu sorgen. Pellini schafft es, diese Herausforderungen einfühlsam und dennoch deutlich darzustellen, ohne die Realität zu beschönigen. Gleichzeitig vermittelt sie Hoffnung und zeigt, dass es verschiedene Wege gibt, mit solchen Situationen umzugehen.

Das Universum, das Pellini in ihrem Buch erschafft, ist ständig in Bewegung. Es verändert sich, bleibt aber im Kern immer gleich. Diese Dynamik macht die Geschichte so faszinierend und realistisch. Am Ende gerät dieses Universum jedoch aus der Bahn, und es kommt zu unerwarteten Wendungen, die die Leser tief berühren. Tränen fließen, weil die Ereignisse zwar vorhersehbar sind, aber dennoch emotional überwältigend.

Pellini zeigt mit ihren Romanfiguren, dass es viele richtige Wege gibt, mit schwierigen Situationen umzugehen. Es gibt kein falsch, nur verschiedene Formen von richtig. Diese Botschaft ist wunderschön und tröstlich. Sie vermittelt den Lesern, dass es okay ist, unterschiedliche Ansätze zu haben und dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.

Für mich ist „Der Bademeister ohne Himmel“ eines der schönsten Bücher des Jahres. Es bewegt die Seele, bringt sie zum Klingen und bleibt im Herzen. Die Wärme und der Humor, mit denen Pellini vom Erwachsenwerden, Vergessen und von einer einzigartigen Freundschaft erzählt, machen dieses Buch zu einer besonderen Leseerfahrung. Es verdient fünf Sterne und eine herzliche Leseempfehlung für alle, die eine tiefgründige und bewegende Geschichte erleben möchten.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Kindler Verlag; 1. Edition (16. Juli 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 320 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3463000687
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3463000688
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.2 x 2.7 x 20.9 cm
  • 414 Gramm
  • 23 Euro

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