Niccolò Ammaniti,
Niccolò Ammaniti zählt zu den herausragendsten und weltweit angesehensten Schriftstellern in Italien. Nachdem ich seinen dystopischen Roman namens „Anna“ gelesen hatte (inzwischen auch als Serie adaptiert), war ich sehr neugierig auf weitere Bücher dieses Autors.
Sämtliche seiner Bücher wurden von renommierten internationalen Filmregisseuren für das Kino adaptiert. Zusätzlich agiert Ammaniti selbst auch als Regisseur. Besonders Aufsehen erregte er mit der Fernsehserie „Ein Wunder“, bei der er nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch Regie führte. Seinen dystopischen Roman „Anna“ wandelte er in eine mehrteilige Fernsehproduktion um. Nach einer längeren Schreibpause präsentiert er nun endlich seinen neuen Roman „Intimleben“. Die Werke von Niccolò Ammaniti wurden in insgesamt 44 Sprachen übersetzt. Er lebt gemeinsam mit seiner Frau in Rom.
Mit seinem Werk „Intimleben“ hat Ammaniti einen Roman geschaffen, der gleichermaßen fesselnd und zugleich tiefgründig in Bezug auf gesellschaftliche Aspekte ist.
Ähnlich wie in „Anna“, hat Ammaniti erneut eine faszinierende weibliche Hauptfigur ins Leben gerufen. Maria Cristina Palma ist von außergewöhnlicher Schönheit und die Gattin des aktuellen italienischen Premierministers. Ihr makelloses Erscheinungsbild, ihre operativ veränderten Brüste und ihre oberflächliche Persönlichkeit machen sie zweifelsohne zu einer Verkörperung männlicher Fantasien, und die Öffentlichkeit liegt ihr zu Füßen. Maria Cristina Palma genießt ein augenscheinlich makelloses Dasein: Sie besitzt Schönheit, Wohlstand und Ruhm, während die gesamte Aufmerksamkeit der Welt auf sie gerichtet ist.
Jeder ihrer Schritte wird scharf beobachtet, und mit den bevorstehenden Wahlen wird es immer schwieriger, ihre privaten Angelegenheiten geheim zu halten. Trotzdem ereignen sich unvorhergesehene Wendungen in ihrem Leben: Durch einen zufälligen Vorfall trifft sie auf einen Jugendfreund, der mittlerweile ein äußerst attraktiver und erfolgreicher Hotelier namens Nicola Sarti ist. Nachdem sie eigentlich gegen die Empfehlung ihrer Berater private Handynummern ausgetauscht haben, beginnen sie miteinander zu schreiben.
Nicola schickt Maria Cristina alte Fotos aus einem längst vergangenen gemeinsamen Urlaub, der mehr als nur eine platonische Freundschaft zwischen ihnen andeutet.
Plötzlich erhält sie eine Nachricht auf ihrem Mobiltelefon, die eine drastische Wendung herbeiführt. Ein bislang verborgenes Geheimnis aus ihrer Vergangenheit wird enthüllt, und es ist von höchster Bedeutung, dass dieses Geheimnis keinesfalls publik wird. In ihrem Bemühen, das Video geheim zu halten, gerät Maria Cristina beinahe in einen Zustand der Verzweiflung. Diese Hektik löst eine Abfolge von Ereignissen aus, die nicht nur sie selbst, sondern auch andere maßgeblich überraschen …
Ein über 20 Jahre altes, explizites Video, das sie beim Geschlechtsverkehr zeigt – ein vergessenes, von ihnen selbst aufgenommenes Sextape.
Ammaniti nutzt Ironie, kluge Beobachtungsgabe und überraschende Handlungswendungen, um das Zusammenspiel von der angstbesetzten Meinung anderer über uns, dem theatralischen Arrangement unseres Lebens, der Täuschung, die dieses Schauspiel umgibt, sowie unserer tiefen Sehnsucht nach Verbundenheit und Liebe zu beleuchten. In seiner Erzählung porträtiert er den Menschen in all seinen absurd-komischen und beeindruckenden Facetten. Dabei entwirft er ein genaues und gleichzeitig faszinierend unterhaltsames Bild unserer gegenwärtigen Welt. Im Mittelpunkt dieses komplexen und äußerst fesselnden Geschehens steht Maria Cristina, die zunächst beschließt, ihre Haare neu zu färben.
Durch Marias verzweifelte Bemühungen, die Art und Weise, wie sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, zu kontrollieren, zeigt Ammaniti ihre menschlichen Seiten und ihre Verletzlichkeit. Maria Cristina wird als Figur dargestellt, die in ihren Versuchen, ihre äußere Darstellung zu steuern, nachvollziehbar menschlich ist. Doch obwohl der Autor Einblicke in ihr Leben gewährt, bleibt ein gewisses Geheimnis um ihre tiefsten Empfindungen und Beziehungen, etwa ihre Gefühle für ihren Ehemann, ungelüftet. Dadurch hinterlässt Ammaniti bewusst einen Hauch von Unerklärlichkeit, der zu ihrer Komplexität als Charakter beiträgt.
Ammaniti brilliert erneut! Seine meisterhafte Darstellung menschlicher Tiefen, ironisch und überraschend, fesselt. Ein Porträt unserer Welt, das begeistert.
- Herausgeber : Eisele Verlag; 1. Edition (27. Juli 2023)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 368 Seiten
- ISBN-10 : 3961611696
- ISBN-13 : 978-3961611690
- Originaltitel : La vita intima
- Abmessungen : 12.8 x 3.7 x 21 cm