/ Oktober 1, 2024/ Buch

Das Buch „Mina Hofstetter: Eine ökofeministische Pionierin des biologischen Landbaus. Texte und Korrespondenz“ widmet sich dem beeindruckenden Leben und Wirken einer Frau, die in den 1920er- und 1930er-Jahren zu einer Vorreiterin des biologischen Landbaus wurde. Mina Hofstetter, eine schweizerische Bäuerin, beschritt neue Wege in der Landwirtschaft, indem sie ihren Hof ohne Vieh betrieb und ihre Ernährung konsequent auf Rohkost umstellte. Ihre Ideen und Methoden, die für die damalige Zeit äußerst fortschrittlich waren, trugen dazu bei, den biologischen Landbau, wie wir ihn heute kennen, mitzugestalten.

In einer Zeit, in der es als ungewöhnlich galt, dass Frauen in der Landwirtschaft schriftliche Aufzeichnungen hinterließen, zeichnete sich Hofstetter durch ihre umfangreiche Korrespondenz und ihre Veröffentlichungen aus. Das Buch zeigt, dass Bäuerinnen – entgegen der weit verbreiteten Meinung – sehr wohl schriftliche Quellen hinterlassen haben, die es uns heute ermöglichen, ihre Gedanken und ihre Sichtweisen nachzuvollziehen. Mina Hofstetter ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Ihre Texte und Briefe sind wichtige historische Dokumente, die tiefe Einblicke in die Landwirtschaft, die Ernährungsbewegung und die Rolle der Frau in der Landwirtschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geben.

Hofstetter entschloss sich früh, ihre Landwirtschaft umzustellen und auf Viehhaltung zu verzichten. Dies war eine mutige Entscheidung, die stark mit ihrer Überzeugung für eine natürliche Lebensweise und einer gesunden Ernährung zusammenhing. Sie war überzeugt, dass eine rohköstliche Ernährung und der Verzicht auf tierische Produkte nicht nur gesundheitliche Vorteile für den Menschen, sondern auch eine nachhaltigere und schonendere Bewirtschaftung der Natur ermöglichen würden. Diese Ideen fanden im Umfeld des entstehenden biologischen Landbaus großen Anklang.

Bereits in den 1930er-Jahren begann Mina Hofstetter, ihren Familienhof am Greifensee in der Schweiz zu einer Lehrstätte für biologischen Landbau auszubauen. Ihr Hof wurde zu einem Treffpunkt für Menschen aus aller Welt, die sich für ihre innovativen Bewirtschaftungsmethoden interessierten. Gäste kamen aus verschiedenen Ländern, um von ihr zu lernen, an der Hofarbeit teilzunehmen und ihre Ideen in die eigene Landwirtschaft oder Ernährungsweise zu integrieren. Hofstetter schuf damit eine internationale Plattform für den Austausch von Wissen und praktischen Erfahrungen, lange bevor Themen wie Nachhaltigkeit und ökologische Landwirtschaft in den allgemeinen Diskurs der Gesellschaft Eingang fanden.

Hofstetter war jedoch nicht nur in der praktischen Landwirtschaft aktiv. Sie hielt Vorträge in vielen europäischen Ländern und war in einem intensiven Austausch mit Behörden, Wissenschaftlerund Schriftsteller, die sich ebenfalls für Themen wie Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit interessierten. Durch ihre Korrespondenz baute sie ein weitreichendes Netzwerk auf, das es ihr ermöglichte, ihre Ideen und Ansichten zu verbreiten und weiterzuentwickeln. Sie schrieb Briefe an namhafte Naturwissenschaftler und Philosophen, und auch ihre Vorträge fanden breites Gehör.

Ein besonderer Aspekt von Mina Hofstetters Wirken ist ihre ökofeministische Sicht auf die Landwirtschaft. Sie erkannte früh die Bedeutung der Frau in der landwirtschaftlichen Arbeit und setzte sich dafür ein, dass die Leistungen von Bäuerinnen und Frauen in der Landwirtschaft stärker wahrgenommen und gewürdigt wurden. In ihren Texten wird deutlich, wie sie die Verbindung zwischen Natur und Frau betonte und die Rolle der Frau in der Landwirtschaft als gleichberechtigt ansah. Damit leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Emanzipation von Frauen im landwirtschaftlichen Bereich und zur Anerkennung ihrer Leistungen.

Das Buch, das ihre Texte und Korrespondenzen zusammenfasst, gibt uns die Möglichkeit, die Gedankenwelt dieser visionären Frau nachzuvollziehen. Es zeigt, wie Hofstetter nicht nur als Bäuerin, sondern auch als Denkerin und Netzwerkerin wirkte. Ihre Texte bieten tiefe Einblicke in die Umbrüche und Herausforderungen, denen die bäuerliche Bevölkerung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgesetzt war. Die Landwirtschaft stand zu dieser Zeit vor großen Veränderungen, und Hofstetter war eine derjenigen, die diese Veränderungen aktiv mitgestalteten.

Die Veröffentlichung ihrer Schriften bietet nicht nur einen historischen Rückblick, sondern auch eine Grundlage für eine reflektierte Auseinandersetzung mit den Themen, die ihr wichtig waren: ökologische Landwirtschaft, nachhaltige Ernährung, die Rolle der Frau in der Landwirtschaft und der internationale Austausch von Wissen und Ideen. Sie zeigt, wie weitblickend und innovativ Mina Hofstetter war und welchen Einfluss sie auf die Entwicklung des biologischen Landbaus hatte.

Insgesamt ist das Buch über Mina Hofstetter nicht nur eine Hommage an eine außergewöhnliche Frau, sondern auch ein wertvolles historisches Dokument. Es gibt Einblicke in die frühen Wurzeln des biologischen Landbaus und in die Überzeugungen und Visionen einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Durch ihre Texte und Korrespondenz bleibt Mina Hofstetter auch heute eine inspirierende Figur, die zeigt, wie wichtig es ist, neue Wege zu gehen und für Überzeugungen einzutreten, die sowohl der Natur als auch den Menschen zugutekommen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ oekom verlag GmbH (1. August 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 392 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3987260718
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3987260711
  • Abmessungen ‏ : ‎ 14.6 x 2.1 x 20.8 cm
  • 650 Gramm
  • 34 Euro

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