/ November 10, 2024/ Buch

„Sankofa“ ist der letzte Roman des türkischen Schriftstellers Doğan Akhanlı, der 2021 verstarb. In diesem Werk webt Akhanlı die Geschichten verschiedener Figuren zu einem komplexen Panorama der deutsch-türkischen Geschichte der letzten fünfzig Jahre. Das Buch erzählt von einem türkischen Schriftsteller, der vor einem Oberleutnant flieht, einem Theatermacher in Köln, einem Kurden, der zu Fuß von Deutschland nach Diyarbakir will, und vielen anderen. Diese Figuren, ihre Leben und Erfahrungen, spiegeln die turbulente Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei wider.

Im Zentrum des Romans steht die Auseinandersetzung mit der politischen und gesellschaftlichen Geschichte, die für viele Einwanderer und Minderheiten in Deutschland und der Türkei prägend war. Akhanlı beginnt mit dem Militärputsch in der Türkei im Jahr 1980, einem Wendepunkt, der viele Schicksale beeinflusste. Der Roman setzt sich auch mit der Geschichte des NSU-Terrors auseinander, einer Gruppe von Rechtsextremen, die in den 2000er-Jahren Morde an Migranten verübte. Akhanlı verweist außerdem auf die Black Lives Matter-Bewegung und beleuchtet die gesellschaftlichen Kämpfe von Minderheiten.

Ein zentrales Thema des Romans ist der türkische Nationalismus und die Rolle von Minderheiten in diesem Kontext. Akhanlı hinterfragt die Lebenslüge der Deutschen, die glauben, sie hätten die Naziverbrechen vollständig aufgearbeitet, während gleichzeitig wieder rechtsextreme Bewegungen erstarken und Rassismus in der Gesellschaft verbreitet wird. Die Frage, wie die Grenzen zwischen Tätern und Opfern oft verschwimmen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Erzählung.

Trotz der schweren Themen und der Auseinandersetzungen mit Gewalt und Ungerechtigkeit behält Akhanlı einen optimistischen Blick auf die Menschlichkeit. „Sankofa“ ist ein Roman, der sich mit den Absurditäten und Grausamkeiten der menschlichen Natur auseinandersetzt, aber gleichzeitig Hoffnung aufzeigt. Akhanlı fordert dazu auf, aus der Vergangenheit zu lernen, um nicht in die Fehler der Geschichte zurückzufallen. Der Titel „Sankofa“ stammt aus der Sprache der Akan, eines Volkes aus Westafrika, und bedeutet „Zurückblicken, um vorwärts zu kommen“. In diesem Zusammenhang steht der Blick auf die Vergangenheit als eine Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten und die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden.

Akhanlıs klarer Blick auf die gesellschaftlichen Missstände und seine besonnene Stimme fehlen heute mehr denn je in Zeiten von Krieg und Radikalisierung. „Sankofa“ ist nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch ein wichtiger Appell, die Vergangenheit zu reflektieren, um eine bessere Zukunft zu schaffen. Das Buch fordert die Leser auf, sich mit den dunklen Seiten der Geschichte auseinanderzusetzen und sich für eine gerechtere und menschlichere Gesellschaft einzusetzen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Sujet; Türkische Literatur Edition (5. Oktober 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 576 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3962021027
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3962021023
  • Lesealter ‏ : ‎ Ab 16 Jahren
  • Abmessungen ‏ : ‎ 12.8 x 4.6 x 19.8 cm

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