
Seit der Betreuungsrechtsreform 2023 spielt die Unterstützte Entscheidungsfindung (UE) eine zentrale Rolle in der rechtlichen Betreuung. Ziel der Reform ist es, betreute Menschen stärker in ihre eigenen Entscheidungen einzubinden und ihre Selbstbestimmung zu fördern. Anstatt für sie zu entscheiden, sollen Betreuer:innen sie dabei unterstützen, ihre eigenen Wünsche zu äußern und umzusetzen. Das Gesetz (§ 1821 BGB) stellt klar: Der Wille der betreuten Person hat oberste Priorität.
Doch was bedeutet das in der Praxis? Wie kann man herausfinden, was eine Person wirklich möchte – besonders, wenn sie sich nicht gut ausdrücken kann? Was passiert, wenn Wünsche und Bedürfnisse im Widerspruch zueinander stehen? Und welche Verantwortung tragen Betreuer:innen, Gerichte und Behörden?
Das von Prof. Dr. Dagmar Brosey herausgegebene Buch Unterstützte Entscheidungsfindung gibt darauf Antworten. Es kombiniert wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Anleitungen und richtet sich an alle, die mit betreuten Menschen arbeiten – von Berufsbetreuer:innen über Ehrenamtliche bis hin zu Angehörigen.
Das Buch – Inhalt und Struktur
Das Buch behandelt die Unterstützte Entscheidungsfindung aus verschiedenen Perspektiven. Dabei werden sowohl die rechtlichen Grundlagen als auch die praktischen Herausforderungen beleuchtet. Es umfasst folgende zentrale Themen:
- Rechtliche Grundlagen der Unterstützten Entscheidungsfindung: Wie hat sich das Betreuungsrecht geändert, und welche Pflichten ergeben sich daraus für Betreuer:innen?
- Menschenrechte, Inklusion und Diversität: Die UE basiert auf den Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention. Wie lassen sich diese in die Betreuungspraxis integrieren?
- Ermittlung von Wünschen und Präferenzen: Welche Methoden gibt es, um herauszufinden, was eine betreute Person wirklich will? Wie kann man den mutmaßlichen Willen bestimmen, wenn sich jemand nicht klar äußern kann?
- Herausforderungen und Lösungsansätze für Betreuer:innen: Wie geht man mit Konflikten zwischen unterschiedlichen Wünschen um? Welche Unterstützung brauchen ehrenamtliche Betreuer:innen und Angehörige?
- Die Rolle von Gerichten, Behörden und Betreuungsvereinen: Welche Aufgaben haben diese Institutionen, und wie können sie dazu beitragen, dass die Unterstützte Entscheidungsfindung erfolgreich umgesetzt wird?
- Kommunikation und Verständlichkeit: Wie können einfache Sprache, Unterstützte Kommunikation und andere Methoden helfen, Entscheidungsprozesse zugänglicher zu machen?
Das Buch vereint Wissen aus verschiedenen Disziplinen: Rechtswissenschaft, Soziale Arbeit, Psychologie, Linguistik und Soziologie. Besonders wertvoll ist, dass auch Menschen zu Wort kommen, die selbst Erfahrungen mit rechtlicher Betreuung haben.
Praxisnahe Methoden und Selbstreflexion
Ein großer Vorteil dieses Buches ist seine praxisorientierte Herangehensweise. Es enthält nicht nur juristische und theoretische Erklärungen, sondern auch viele konkrete Tipps für die tägliche Arbeit mit betreuten Personen. Dazu gehören:
- Beispiele und Fallstudien, die zeigen, wie UE in der Praxis funktioniert
- Checklisten und Leitfragen, die Betreuer:innen helfen, Entscheidungen zu begleiten
- Selbstreflexionsfragen, die dazu anregen, die eigene Rolle und das eigene Handeln zu hinterfragen
Besonders hilfreich sind Methoden zur Kommunikation. Nicht alle betreuten Menschen können ihre Wünsche klar äußern – sei es wegen kognitiver Einschränkungen, Sprachbarrieren oder fehlender Ausdrucksmöglichkeiten. Das Buch zeigt, wie Unterstützte Kommunikation, Leichte Sprache und andere Ansätze helfen können, Entscheidungen verständlicher zu machen.
Fazit – Ein wertvoller Leitfaden für die Praxis
Das Buch Unterstützte Entscheidungsfindung bietet eine fundierte, aber leicht verständliche Einführung in ein wichtiges Thema der rechtlichen Betreuung. Es kombiniert juristisches Wissen mit praktischen Handlungsempfehlungen und betrachtet das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Besonders wertvoll ist die interdisziplinäre Perspektive – von der Sozialarbeit über die Psychologie bis hin zur Praxis der Betreuungsvereine und Gerichte.
Wer mit betreuten Menschen arbeitet oder sich über die neuen Anforderungen des Betreuungsrechts informieren möchte, findet hier eine umfassende und praxisnahe Orientierungshilfe. Durch die praxisnahen Beispiele und Reflexionsfragen eignet sich das Buch sowohl für Berufsbetreuer:innen als auch für Ehrenamtliche, Angehörige und alle, die sich für das Thema Selbstbestimmung und rechtliche Betreuung interessieren.
Ein lesenswertes Buch für alle, die verstehen möchten, wie Menschen mit Unterstützungsbedarf eigenständige Entscheidungen treffen können – und wie sie dabei bestmöglich begleitet werden.
Das Buch Unterstützte Entscheidungsfindung ist eine perfekte Mischung aus fundiertem Fachwissen und praxisnahen Tipps. Es macht komplexe Themen verständlich, bietet wertvolle Reflexionsfragen und stärkt die Selbstbestimmung betreuter Menschen. Ein Muss für alle im Betreuungswesen – informativ, inspirierend und hochaktuell!
- Herausgeber : Reguvis Fachmedien; 1. Edition (11. Juli 2023)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 284 Seiten
- ISBN-10 : 3846213101
- ISBN-13 : 978-3846213100
- Abmessungen : 24.1 x 1.8 x 15.7 cm
- 44 Euro