/ Oktober 13, 2024/ Buch

„Das Pfauengemälde“ von Maria Bidian ist ein tiefgründiger und bewegender Familienroman, der sich mit Themen wie Verlust, Erinnerung und der Suche nach der eigenen Identität auseinandersetzt. Die Geschichte dreht sich um Ana, die zwei Jahre nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters, Nicu, eine Reise nach Rumänien antritt. Ihr Ziel ist es, den enteigneten Familienbesitz zurückzuerhalten, doch ihr wahres Anliegen ist persönlicher: Sie sucht nach dem Pfauengemälde, einem Familienerbstück, das ihrem Vater besonders wichtig war und von dem er oft erzählt hat.

Ana ist von Trauer überwältigt, und der Alltag ohne ihren Vater fällt ihr schwer. Trotz ihrer Versuche, den Schmerz durch Therapie, Tagebuchschreiben und Bücher zu bewältigen, fühlt sie sich weiterhin verloren und sieht ihren Vater immer wieder vor ihrem inneren Auge. Ihre Reise nach Rumänien soll ihr helfen, nicht nur das Gemälde zu finden, sondern auch einen Teil von sich selbst und ihrer Geschichte wiederzuentdecken.

In Rumänien angekommen, wird Ana von ihrer Familie willkommen geheißen, doch die Reise bringt sie auch in Kontakt mit der schmerzhaften Vergangenheit ihres Landes. Der kommunistische Hintergrund und die politischen Umstände, die zur Enteignung des Familienbesitzes geführt haben, sind immer noch spürbar. Ihr Vater, der als politischer Gefangener lange Zeit gegen die Unterdrückung kämpfte, hat die Wunden dieser Zeit mit sich getragen, und Ana erfährt, wie diese dunklen Kapitel die Menschen, darunter auch ihre Verwandten, geprägt haben.

Maria Bidians Roman ist nicht nur eine Familiengeschichte, sondern auch eine Erzählung über die historische und politische Entwicklung Rumäniens. Die Auswirkungen des Kommunismus und der Diktatur sind in der Gegenwart noch deutlich zu spüren, und Ana lernt während ihrer Reise, wie sehr diese Vergangenheit das Leben ihrer Familie beeinflusst hat. Viele ihrer Verwandten durften nicht studieren oder arbeiten, und auch heute noch leiden viele Menschen in Rumänien unter den Nachwirkungen der Diktatur und der politischen Instabilität. Dies verleiht dem Roman eine politische Tiefe, die ihn über eine einfache Familiengeschichte hinaushebt.

Der Titel des Buches, „Das Pfauengemälde“, steht symbolisch für die Suche nach den Wurzeln, nach Erinnerungen und nach dem, was von der Vergangenheit bewahrt werden kann. Ana erkennt während ihrer Reise, dass es nicht nur um das physische Erbstück geht, sondern um die Geschichten, die es erzählt – über ihre Familie, über ihren Vater und über die Menschen, die ihr Leben geprägt haben.

Der Roman ist geprägt von einer melancholischen, aber auch lebendigen Atmosphäre. Maria Bidian schafft es, die Emotionen ihrer Figuren eindrucksvoll darzustellen, besonders Anas Trauer und ihren inneren Konflikt. Die Rückblicke in Anas Kindheit, die Erinnerungen an ihre Sommerferien in Rumänien mit ihrem Vater und die Tagträume, in denen sie ihm wieder begegnet, verleihen der Geschichte eine besondere Tiefe und Authentizität.

Gleichzeitig werden auch humorvolle und warmherzige Momente beschrieben, die das Leben und die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern lebendig machen. Die Figuren in „Das Pfauengemälde“ sind facettenreich und wirken echt – sie sind stolz, verletzlich und voller Hoffnung. Besonders eindrucksvoll ist die Art und Weise, wie Bidian Vergangenheit und Gegenwart miteinander verknüpft. Die Übergänge zwischen Erinnerungen und der Gegenwart sind fließend, was den Leser dazu einlädt, sich tief in die Gedankenwelt von Ana und ihrer Familie hineinzuversetzen.

Der Roman thematisiert außerdem die Frage, wie man mit der Vergangenheit umgeht und gleichzeitig den Blick nach vorne richtet. Ana erkennt, dass die Erinnerungen an ihren Vater und an das Pfauengemälde wichtig sind, um ihre eigene Identität zu verstehen, aber dass sie auch lernen muss, loszulassen. Dabei wird deutlich, dass die Vergangenheit nicht immer nur belastend ist, sondern auch ein wichtiger Teil dessen, was uns ausmacht.

„Das Pfauengemälde“ ist ein einfühlsames und atmosphärisches Debüt, das die Leser in eine Welt voller Geschichte, Trauer und familiärer Bindungen entführt. Maria Bidian gelingt es, die politische und persönliche Ebene geschickt miteinander zu verweben, was das Buch sowohl für Liebhaber von Familiengeschichten als auch für politisch interessierte Leser*innen zu einem besonderen Erlebnis macht. Die Suche nach dem Gemälde wird so zur Metapher für die Suche nach Anas eigenen Wurzeln und dem Versuch, mit dem Erbe der Vergangenheit Frieden zu schließen.

Insgesamt ist „Das Pfauengemälde“ eine eindrucksvolle Erzählung über Verlust, Liebe und die Bedeutung von Erinnerungen – ein Roman, der noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleibt

  • Herausgeber ‏ : ‎ Paul Zsolnay Verlag; 1. Edition (22. Juli 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 320 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3552073841
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3552073845
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.7 x 2.7 x 21 cm
  • 409 Gramm
  • 24 Euro

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