/ Oktober 23, 2019/ Zeitgeschehen

von Valeria Luiselli

Die mexikanische Autorin Valeria Luiselli begann 2014 ihr neues Buch „Archiv der verlorenen Kinder“ zu schreiben. In den USA wurde das Jahr „Migration Crisis“ bekannt. Hunderttausende aus Mittelamerika  überqueren jedes Jahr ohne gültige Papiere die Grenze zu Mexiko. Im Jahr 2014 waren bei den Flüchtenden ungewöhnlich viele Kinder und Jugendliche. Diese reisten ohne Begleitung eines Erwachsenen. Die Behörden schienen überfordert und steckte Kinder in Auffanglager – andere Kinder kamen nie an.

In dem Roman reist eine namenlose Mutter und ein namenloser Vater mit ihren beiden Kindern. Die Fahrt im Auto soll von  New York nach Arizona führen.

Die Mutter hat einen Job als Hörfunkjournalistin. Der Vater arbeitet als Soundscape-Künstler. Das ist jemand, der Klanglandschaften von Orten untersucht.

Für ihren Job muss sie nach Flüchtlingskindern suchen. Sie hat Bilder, Karten, Rechtsdokumente mitgenommen.

Sie möchte nach Apachería – Wohngebiete der Apachenstämme – die sich durch die Grenze nach Mexiko zieht.

Hier hört sich Geräusche, die eine Flucht begleitete: „rutschende Steine, schleppende Schritte, hilflosen Menschen“.

Im Roman wurde persönliche Erfahrungen der Autorin notiert. Sie ist in Mexiko-Stadt geboren.

Für die Recherchen sprach sie mit Kindern an der Grenze

In reportagehaften Momentaufnahmen erzählt die Autorin von der Geschichte einer Flucht zweier Mädchen.

Im Text sind viele subtiler Anspielungen.

Im Radio hört man Songs wie David Bowies „Space Oddity“ oder „Paint it Black“ der Rolling Stones. Es fahren Kinder auf Zugdächern durch schwarze Tunnel, hinter denen sich fremde Täler ausbreiten

Im Buch machen sich eine Mutter, ein Vater, ein Junge und ein Mädchen auf den Weg nach New York – sie wollen in eine Gegend, die einst die Heimat der Apachen war.

Auf dem Weg durchqueren sie Wüsten und Berge, machen Halt an einem Diner, wenn sie Hunger haben. Die Familie übernachtet in einem Motel. Das kleine Mädchen erzählt Witze und bringt alle zum Lachen, der Junge korrigiert jeden, der etwas Falsches sagt. Vater und Mutter sprechen kaum miteinander.

In der gleichen Zeit reisen Tausende von Kindern aus Zentralamerika und Mexiko nach Norden. Sie möchten zu ihren Eltern, die schon in den USA leben. Die reisenden Kinder haben Rucksäcke dabei mit Spielzeug und sauberer Unterwäsche. Sie reisen mit einem Coyote: einem Mann, der ihnen Angst macht. Der Weg ist sehr lang – sie müssen sich Essen und Trinken einteilen. Auf dem Weg klettern sie auf Züge und in offene Frachtcontainer.

Mit literarischer Virtuosität verknüpft Valeria Luiselli Reise und Flucht zu einem vielschichtigen Roman voller Echos und Reflektionen, zu einer bewegenden und brandaktuellen Geschichte darüber, was Flucht und was Menschlichkeit bedeuten in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist.

Dies ist ein fesselndes und immer überraschend leidenschaftliches Buch. Es enthält eine wunderschöne, liebevolle Hommage an unsere Kinder, die wir behüten sollen

  • Gebundene Ausgabe: 400 Seiten
  • Verlag: Kunstmann, A (11. September 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3956143140
  • ISBN-13: 978-3956143144
  • Größe und/oder Gewicht: 14,9 x 3,8 x 21,8 cm

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