/ Oktober 1, 2025/ Buch, Ratgeber, Rehabilitation, Sachbuch

Das Buch „Autismus und Transidentität: Ein Praxisbuch für Angehörige und Fachkräfte“ von Gabi Rimmele greift ein Thema auf, das bisher nur selten in dieser Kombination behandelt wurde: Was bedeutet es, wenn ein Mensch sowohl autistisch ist als auch transident lebt? Wie können Angehörige, Freund:innen und Fachkräfte diese Personen in ihrem Alltag und insbesondere während der Transition gut begleiten?

Rimmele richtet sich mit ihrem Ratgeber vor allem an Erwachsene im Umfeld autistischer trans* Personen – an Eltern, Partner:innen, Betreuer:innen, Therapeut:innen, Ärzt:innen und alle, die in irgendeiner Form unterstützend wirken. Das Buch verbindet theoretisches Wissen, praktische Hilfen und emotionale Begleitung, um in einer oft komplexen Situation Orientierung zu bieten.

Autismus und Transidentität – zwei Themenfelder

Die Autorin erklärt zunächst in verständlicher Sprache, was Autismus bedeutet: eine andere Art, die Welt wahrzunehmen, zu fühlen und mit ihr in Kontakt zu treten. Autistische Menschen erleben oft Reizüberflutung, denken sehr strukturiert und haben besondere Bedürfnisse im sozialen Miteinander.

Transidentität wiederum meint, dass sich die Geschlechtsidentität einer Person nicht mit dem Geschlecht deckt, das ihr bei der Geburt zugeschrieben wurde. Viele transidente Menschen entscheiden sich für eine Transition, also für soziale, rechtliche oder medizinische Schritte, um im Leben als ihr wirkliches Geschlecht anerkannt zu werden.

Wenn beide Aspekte – Autismus und Transidentität – zusammentreffen, entsteht eine besondere Situation. Hier kann es zu Missverständnissen kommen, weil autistische Menschen Gefühle oder Bedürfnisse oft anders ausdrücken. Gleichzeitig können sie sehr klar und konsequent in ihren Entscheidungen sein, was Angehörige oder Fachkräfte verunsichern kann.

Orientierung und Verständnis schaffen

Rimmele zeigt, wie wichtig es ist, dass Angehörige und Fachkräfte zunächst Verständnis für beide Themen entwickeln. Wer nur Autismus oder nur Transidentität kennt, greift zu kurz. Das Buch führt Schritt für Schritt in beide Bereiche ein und erklärt, welche spezifischen Herausforderungen in der Kombination entstehen.

So wird deutlich: Für autistische trans* Personen ist die Transition oft besonders intensiv. Der ohnehin schon große Schritt, den Namen, die Anrede oder den Körper zu verändern, ist für sie mit zusätzlichen Anforderungen verbunden. Veränderungen im Alltag können schwerer zu verarbeiten sein, und der Umgang mit medizinischen Einrichtungen oder Ämtern kann schnell überfordern. Hier sind Geduld, klare Strukturen und Verständnis nötig.

Praktische Hilfen für den Alltag

Besonders wertvoll ist der praktische Teil des Buches. Rimmele gibt Tipps, wie Angehörige und Fachkräfte den Alltag gemeinsam gestalten können. Dazu gehören:

  • wie man Gespräche klar und respektvoll führt,
  • wie Routinen beibehalten und gleichzeitig notwendige Veränderungen eingeführt werden,
  • wie man Überforderung erkennt und darauf reagiert,
  • welche Unterstützung bei Behördengängen oder Arztbesuchen hilfreich ist.

Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Rollenklärung: Welche Aufgaben können Angehörige übernehmen, und wo sind Fachkräfte gefragt? Was bedeutet es, respektvoll zu begleiten, ohne bevormundend zu handeln? Rimmele lädt dazu ein, die eigene Haltung kritisch zu reflektieren und das Gleichgewicht zwischen Unterstützung und Selbstbestimmung zu finden.

Emotionale Intensität und Selbstfürsorge

Die Autorin verschweigt nicht, dass die Begleitung einer autistischen trans* Person oft emotional anstrengend ist. Angehörige können sich überfordert fühlen, Fachkräfte stoßen an Grenzen. Deshalb widmet sie dem Thema Selbstfürsorge ein eigenes Kapitel.

Hier geht es darum, wie wichtig es ist, auf die eigene Belastbarkeit zu achten. Nur wer gut für sich selbst sorgt, kann langfristig eine hilfreiche Stütze sein. Rimmele gibt Anregungen, wie man Pausen einplant, Grenzen setzt und sich selbst Unterstützung sucht – sei es durch Supervision, Austauschgruppen oder eigene Therapie.

Ein Ratgeber mit Weitblick

„Autismus und Transidentität“ ist damit nicht nur ein Sachbuch, sondern auch ein Mutmacher. Es zeigt, dass die Begleitung gelingen kann, wenn man offen bleibt, bereit ist zuzuhören und die Besonderheiten ernst nimmt. Statt Probleme nur zu betonen, macht Rimmele immer wieder deutlich, welche Stärken und Ressourcen autistische trans* Personen mitbringen.

Das Buch öffnet den Blick für die Vielfalt menschlicher Identitäten und macht deutlich: Jede Person hat ein Recht darauf, als diejenige anerkannt zu werden, die sie wirklich ist – unabhängig von neurologischen Besonderheiten oder Geschlechtsidentität.

Fazit

Gabi Rimmele gelingt es, ein komplexes Thema in eine gut verständliche Form zu bringen. Sie verbindet theoretische Grundlagen mit praktischen Tipps und weist immer wieder auf die emotionale Dimension hin. Das macht den Ratgeber zu einer wertvollen Unterstützung für alle, die im privaten oder beruflichen Umfeld autistische trans* Menschen begleiten.

Besonders die Kombination aus Wissen, Praxisbeispielen und Selbstfürsorge macht das Buch zu einem hilfreichen Begleiter – sowohl für Betroffene als auch für ihr Umfeld.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Lambertus
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 4. August 2025
  • Auflage ‏ : ‎ 1.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 168 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3784137725
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3784137728
  • Abmessungen ‏ : ‎ 14.5 x 1.5 x 20.6 cm
  • 27 Euro

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