/ April 27, 2023/ Ratgeber, Rehabilitation

von Dr. med. Irene Bopp-Kistler (Herausgeber, Mitwirkende), Dr. med. Klaus Bally (Mitwirkende), & 53 mehr

In der dritten überarbeiteten Ausgabe haben renommierte Fachleute ausführlich über bekannte Informationen zur Demenzerkrankung informiert. Menschen, die von Demenz betroffen sind, sowie ihre Angehörigen teilen ihre persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit und wie sie ihr Leben beeinflusst. Das Buch zeigt verschiedene Sichtweisen aus sozialen, politischen, medizinischen und spirituellen Perspektiven. Die Autor:innen verdeutlichen, wie man den Betroffenen mit Respekt und Wertschätzung begegnen kann.

Seit der Erstveröffentlichung im Jahr 2016 wurde dieses Buch kontinuierlich erweitert, da es vor allem dazu anregt, verborgene Gedanken zu öffnen, die zuvor im Verborgenen lagen. Es behandelt eine Vielzahl von Themen wie Sinnfindung, Abschied, Angst, Partnerschaft, Migration, genetische Veranlagung, Sexualität, Scham und Wut. Die Autor:innen möchten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen dabei unterstützen, Antworten auf Fragen zu finden, die das Leben im Verlauf der Krankheit beeinflussen.

Struktur

Das Buch ist in sieben Abschnitte unterteilt, die mit einer thematischen Einführung beginnen:

  1. Demenz – eine vielschichtige Krankheit
  2. Botschaften aus dem Land des Vergessens
  3. Grenzerfahrungen im Alltag
  4. Eine breite Palette an Therapien
  5. Den Prozess des Loslassens
  6. Besondere Strukturen und Hilfsmittel
  7. Die spirituelle Dimension

Irene Bopp-Kistler betont zu Beginn, dass die Würde und das Schicksal der Betroffenen im Fokus stehen. Dabei wird betont, dass der Sinn des Lebens nicht ausschließlich von der Hirnleistung abhängt, sondern auch durch eine bewusste Wahrnehmung des Lebens geprägt ist. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass das Leben mit Demenz ein kontinuierlicher Prozess des Loslassens ist, da die Erkrankung das Schicksal der Betroffenen und ihrer Familien maßgeblich beeinflusst.

Die Kapitel des Buches sind übersichtlich gegliedert.

Besonders wichtig ist zu beachten, dass die Diagnosestellung ein wesentlicher Bestandteil und der erste Schritt im therapeutischen Prozess ist. Sie hilft dabei, den Symptomen einen Namen zu geben und ermöglicht eine gezielte Behandlung. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass eine Untersuchung keine endgültige Diagnose liefert, sondern lediglich eine Abklärung der Symptome ermöglicht.

Im zweiten Kapitel des Buches teilen Menschen, die von Demenz betroffen sind, sowie ihre Angehörigen ihre Erfahrungen und die Herausforderungen des Alltags mit dieser Krankheit. Die Berichte konzentrieren sich hauptsächlich auf den Anfang der Erkrankung und die Phase der Diagnosestellung, da die Fähigkeiten schnell abnehmen. Die Angehörigen beschreiben die Veränderungen anhand der Beeinträchtigung der Funktionen und wie sie auf die Erkrankung reagieren.

Das dritte Kapitel widmet sich zum einen den Angehörigen von Menschen mit Demenz. Es werden die Konflikte zwischen der Gestaltung des eigenen Lebens und der Trauer über den Verlust vertrauter Rollen in der Beziehung beschrieben. Eine Möglichkeit zur Unterstützung in schwierigen Situationen ist der Austausch in einer Angehörigengruppe. Das Verständnis anderer Angehöriger kann hilfreich sein und dazu beitragen, in schwierigen Situationen zu leben und damit umzugehen, insbesondere wenn die Krankheit fortschreitet. Zum anderen wird auf eine besondere Form von Verhaltensauffälligkeiten bei der frontotemporalen Demenz eingegangen.

Im vierten Kapitel werden therapeutische Möglichkeiten vorgestellt. Es werden verschiedene Gruppen von Medikamenten und ihre Wirkungsweise erläutert, die durch eine breite Palette multidisziplinärer Therapieansätze ergänzt werden. Die Autorin erklärt zu Beginn dieses Kapitels, dass Medikamente wie ein Gehstock wirken und bestenfalls palliativ eingesetzt werden sollten. Der Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Lebensqualität im Alltag: Ein verständnisvoller Umgang im täglichen Leben, Unterstützung und Stärkung der Ressourcen der Betroffenen sind von großer Bedeutung. Besondere Themen, die hervorgehoben werden, sind die Logopädie, therapeutische Angebote mit Ausdruckscharakter und Möglichkeiten der kulturellen Teilhabe sowie die Gestaltung der Esskultur für Menschen mit Demenz. Der Fokus liegt dabei stark auf der Gestaltung der Begegnung mit den Betroffenen.

Im fünften Kapitel wird darauf hingewiesen, dass trotz der Vielzahl an Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten Demenz nicht heilbar ist und es in vielen Bereichen des Lebens der Betroffenen notwendig ist, loszulassen. Dieses Kapitel beschreibt die unausweichliche Tatsache, dass mit dem Verlust der Handlungsfreiheit Aspekte des Lebens der Betroffenen bis hin zum Tod beeinflusst werden.

Das sechste Kapitel betont die wichtige Arbeit von professionellen Fachkräften, die die Betroffenen zu Hause aufsuchen. Es werden beispielhafte Lösungsansätze beschrieben, die vor allem niedrigschwellige Interventionen anbieten und darauf abzielen, Vertrauen aufzubauen. Es werden auch multidisziplinäre geriatrische Interventionen angeregt. Darüber hinaus werden herausfordernde Themen wie Delir, Aufenthalte in stationären Einrichtungen und Migration behandelt.

Im siebten Kapitel wird sich zusätzlich mit dem Thema des Lebensendes auseinandergesetzt. Es wird auf die Herausforderungen der Interaktion im Verlauf der Krankheit eingegangen und eine ganzheitliche Betrachtung der zwischenmenschlichen Kommunikation fernab von verbalen Ausdrucksformen vorgenommen.

In der Diskussion wird festgestellt, dass die 3. aktualisierte Auflage die gestellten Anforderungen erfüllt. Der Kern des Buches, das Leben und insbesondere die notwendige Haltung im Umgang mit Menschen mit Demenz, wird sehr verständlich dargestellt. Besonders hilfreich sind Fallbeispiele aus verschiedenen Perspektiven sowie Fotos, Grafiken und Tabellen. Die Herausforderungen und Behandlungsansätze werden in den Kapiteln interdisziplinär und detailliert erläutert. Besonderes Augenmerk wird auf die emotionalen Aspekte des Zusammenlebens mit einer Person mit Demenz gelegt, wobei den Angehörigen Raum gegeben wird.

Abschließend kann festgehalten werden, dass dieses Buch ein kompaktes Nachschlagewerk ist, das sowohl für Fachleute als auch für allgemein Interessierte geeignet ist. Es ist sehr empfehlenswert, um einen interdisziplinären und umfassenden Einblick in die Komplexität der Diagnose Demenz mit all ihren Perspektiven zu erhalten. Es legt vor allem den Fokus auf die menschliche Ebene und zeigt auf, wie Menschen mit Demenz respektvoll begegnet werden kann.

Die Autorin:
Irene Bopp-Kistler, eine erfahrene Medizinerin mit Schwerpunkt Geriatrie, hat einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung der Altersmedizin im Stadtspital Zürich geleistet. Gemeinsam mit Brigitte Rüegger-Frey gründete sie im Jahr 1997 die Memory Clinic am Waidspital in Zürich. Darüber hinaus war sie über viele Jahre hinweg als Dozentin an der Universität Zürich tätig. Seit 2021 arbeitet Irene Bopp-Kistler in einer Arztpraxis in Zürich und setzt sich weiterhin aktiv für die Anliegen von Menschen mit Demenz ein.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Rüffer & Rub; 3. Edition (18. August 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 448 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3907351126
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3907351123
  • Abmessungen ‏ : ‎ 16.3 x 3.5 x 23 cm