Der Berliner Autor André Kubiczek erzählt erneut die Geschichte von René, einem Jungen aus Potsdam. Durch seinen Schreibstil lässt er die 80er-Jahre in der DDR wieder lebendig werden.
In seinem Roman „Der perfekte Kuss“ bringt Kubiczek die Zeit der DDR in den späten 80er-Jahren zum Leben. Er verwendet Straßen- und Markennamen, Zeitungsformulierungen, Gerüche und sogar das Wetter, um eine authentische Atmosphäre zu schaffen. Besonders wichtig ist ihm dabei die Sprache.
Kubiczek verwendet den Slang der Jugendlichen aus jener Zeit sowie die offizielle deutsche Sprache. Dies verleiht dem Roman einen mündlichen Charakter, als würde der Ich-Erzähler direkt mit den Lesern sprechen. Der Protagonist des Romans ist an einem Punkt angelangt, an dem Musik und Literatur einen stärkeren Einfluss auf ihn haben als sein Elternhaus und die Schule.
Ein zentrales Element in Renés Welt ist der Song „The Perfect Kiss“ von New Order, der ihm viel bedeutet. Auch Anne Clark hört er gerne, im Gegensatz zu Depeche Mode oder Bob Dylan. Beim Lesen von „Der Fremde“ von Albert Camus wird ihm bewusst, wie er sich durch das Lesen einen eigenen Denkraum erschließt. Allerdings merkt er auch, dass dieser Effekt nicht beliebig wiederholbar ist. Der Roman hatte ihn zu Beginn seiner Lesekarriere stark beeindruckt. Nun sucht er nach neuen Büchern und dem Gespräch über Literatur.
Der titelgebende Kuss spielt auch in Renés Realität eine Rolle. Rebecca, das Mädchen, mit dem er zusammen sein möchte, zeigt sich jedoch distanziert. Erst später erfahren wir, warum das so ist. Anja aus der Buchhandlung scheint ebenfalls Interesse an ihm zu haben. Und sein bester Freund interessiert sich neuerdings für einen Jungen mit einer Kette.
René, den wir aus den früheren Romanen „Skizze eines Sommers“ und „Straße der Jugend“ als Potsdamer kennen, reist in diesem Buch nach Halle für einen Vorbereitungskurs für ein Studium in Moskau. Doch er erkennt bald, dass ihn Wirtschaft nicht wirklich interessiert und dass ihn an der Sowjetunion vor allem Gorbatschows Perestroika fasziniert. Er entdeckt auch, dass er die lockere Haltung von Rebeccas Eltern gegenüber dem Staat sympathisch findet. Im Gegensatz dazu trägt sein Vater eine Parteiabzeichen und lässt lieber seine neue Frau Probleme diskutieren.
André Kubiczek schafft es erneut, mit einer ähnlichen Erzählstruktur eine dichte Atmosphäre und Intensität aufzubauen, die den Leser in Renés Umfeld eintauchen lässt. Er knüpft ein Netzwerk aus Freunden, Schul- und Wohnheimumfeld, in dem René sich auf verschiedene Weise bewegt und seine eigene Sprache findet. Der junge Held lernt sich selbst besser kennen und entwickelt seinen eigenen Stil. Dies vermittelt der Ton des Romans und zeigt die besondere Kunst des Autors.
- Herausgeber : Rowohlt Taschenbuch; 1. Edition (18. April 2023)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 400 Seiten
- ISBN-10 : 3499006464
- ISBN-13 : 978-3499006463
- Abmessungen : 12.5 x 2.95 x 18.9 cm