Skurrile Schöpfungen der Evolution.
Tierporträts, die Darwin und Humboldt sicher nicht kannten.
von Lisa Signorile
Das Buch wirkt wie ein kinderbuch auf den Ersten Blick. Viele liebevolle bunte handgezeichnette Bilder sollen an das Thema heranführen.
Dieser Eindruck legt sich aber schnell, in verständlicher Sprache gibt Signorile einen Einblick in ungewöhnliche Lebensformen. Wer hat je vom Schleichenlurch, Kaninchennasenbeutler oder Schlitzrüssler gehört?
Dem
Leser werden von der Biologin Lisa Signorile stellt 37 skurrile Arten
vorgestellt – von Insekten über Reptilien und Vögeln bis hin zu
Säugetieren – und wartet dabei mit unvermuteten Ãœberraschungen auf:
Begeben Sie sich geschrumpft in Ihr Bett, wo Sie sich Auge in Auge
einer Hausstaubmilbe gegenübersehen. Lernen Sie echte Vampire
kennen, gewinnen Sie winzige Beutelratten lieb und staunen Sie über
Elysia, ein Mischwesen aus Schnecke und Pflanze.
Nicht
nur „Vampyrotheuthis infernalis“ aus der „Dämmerzone“ der
Ozeane (zwischen 500 und 1000 Meter Tiefe) ist hier ein Vertreter
einer abschreckenden Physis par excellence.
Der
„Vampirtintenfischähnliche“ saugt nun wirklich kein Blut –
allerdings dem Aussehen nach geht man ihm besser aus dem Weg.
Übrigens ist die evolutionäre Linie unklar. Ein Wesen mit ganz
besonderen Anpassungen, die es für ein Leben im Aquarium z.B. völlig
ungeeignet sein lassen.
Es
werden nicht nur sehr
exotischen, in der Breite eher unbekannten Lebewesen vorgestellt.
Signorile stellt natürlich auch verbreitete und dennoch nicht
sonderlich beliebte oder ästhetisch schöne Gestalten aus dem
Tierreich vor. Da wären zum Beispiel auch Parasiten wie die Zecke –
die auch ihren Weg in das Buch gefundet hat. Ich wusste zum Beispiel
nicht, dass Zecken nur drei „Mahlzeiten“ im Leben benötigen, von
denen lediglich eine aus Säugetierblut bestehen muss.
Die
„Beutelratte“
wird bei der Signorile unterhaltsam und dennoch sachlich fundiert
vorgestellt und darüber informiert, dass dieses Wesen keinerlei
lebende Verwandte besitzt, sich dennoch bereits vor 130 bis 140
Millionen Jahren entwickelt hat.
Kein
Festschmaus ist die
Evolution und macht es nötig, aber auch möglich, sich unter
bestimmen Voraussetzungen an extreme Bedingungen im Lauf der
Entwicklung anzupassen. Extreme Bedingungen, die andersartige,
extreme Fähigkeiten benötigen.
Bei
vielen Betrachtungssfeldern
sorgt die Darlegungen und Beschreibungen für ein anregendes
Erstaunen.
Spinnen,
Wasser,
Parasiten die „schönen und verdammten Säugetiere am Rande des
Aussterbens“ bis hin zu ganz außergewöhnlichen evolutionären
Anpassungen wie bei der „photosynthetischen Schnecke“ oder
„Bärtieren“ (die Signorile „außerirdische Teddys“ nennt“
oder den „Grottenolm“, der eine erkennbare Ähnlichkeit mit
„Gollum“ aus dem Herren der Ringe aufweist.
Zum
Ende des Buches gilt der
besondere Augenmerk auf die „Giftmischer der Natur“, darunter gar
ein „Giftvogel“.
Wobei
Signorile es nicht versäumt, neben ihrer genauen Beschreibung des
Wesens, der Evolution und der besonderen Lebensumstände, auch die
(nicht nur ästhetische) Reaktion auf dieses Lebewesen mit in den
Blick zu nehmen (der „Bambi-Effekt“, den diese Lebewesen
weitgehend nicht auf sich vereinigen können). Eine
Betrachtungsweise, welche dem Leser die allgemeine (und natürlich
die eigene) Art der Wahrnehmung der Umwelt klar vor Augen führt und
zur Reflexion einlädt, dass eben nicht immer nur das subjektiv
Schöne eine wichtige Funktion in sich trägt, die es zu respektieren
gilt.
„Die
Kriterien (für Sympathie oder Antipathie bestimmen Lebewesen
gegenüber) sind dabei eher irrational“.
Ein
interessanter, exotischer und sachgerechter Einblick an die „Ränder
der Evolution“ und dabei eine große Hilfe beim Begreifen oft nicht
alltäglicher Lebensformen.
- Gebundene Ausgabe:Â 384 Seiten
- Verlag:Â Bassermann Verlag
- Sprache:Â Deutsch
- ISBN-10:Â 3809441562
- ISBN-13:Â 978-3809441564
- Originaltitel:Â L’Orologiaio Miope
- Größe und/oder Gewicht: 13,4 x 3,8 x 20,5 cm
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