/ Januar 14, 2020/ Sachbuch

Skurrile Schöpfungen der Evolution.

Tierporträts, die Darwin und Humboldt sicher nicht kannten.

von Lisa Signorile

Das Buch wirkt wie ein kinderbuch auf den Ersten Blick. Viele liebevolle bunte handgezeichnette Bilder sollen an das Thema heranführen.

Dieser Eindruck legt sich aber schnell, in verständlicher Sprache gibt Signorile einen Einblick in ungewöhnliche Lebensformen. Wer hat je vom Schleichenlurch, Kaninchennasenbeutler oder Schlitzrüssler gehört?

Dem Leser werden von der Biologin Lisa Signorile stellt 37 skurrile Arten vorgestellt – von Insekten über Reptilien und Vögeln bis hin zu Säugetieren – und wartet dabei mit unvermuteten Ãœberraschungen auf: Begeben Sie sich geschrumpft in Ihr Bett, wo Sie sich Auge in Auge einer Hausstaubmilbe gegenübersehen. Lernen Sie echte Vampire kennen, gewinnen Sie winzige Beutelratten lieb und staunen Sie über Elysia, ein Mischwesen aus Schnecke und Pflanze.
Nicht nur „Vampyrotheuthis infernalis“ aus der „Dämmerzone“ der Ozeane (zwischen 500 und 1000 Meter Tiefe) ist hier ein Vertreter einer abschreckenden Physis par excellence.

Der „Vampirtintenfischähnliche“ saugt nun wirklich kein Blut – allerdings dem Aussehen nach geht man ihm besser aus dem Weg. Ãœbrigens ist die evolutionäre Linie unklar. Ein Wesen mit ganz besonderen Anpassungen, die es für ein Leben im Aquarium z.B. völlig ungeeignet sein lassen.
Es werden nicht nur sehr exotischen, in der Breite eher unbekannten Lebewesen vorgestellt. Signorile stellt natürlich auch verbreitete und dennoch nicht sonderlich beliebte oder ästhetisch schöne Gestalten aus dem Tierreich vor. Da wären zum Beispiel auch Parasiten wie die Zecke – die auch ihren Weg in das Buch gefundet hat. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Zecken nur drei „Mahlzeiten“ im Leben benötigen, von denen lediglich eine aus Säugetierblut bestehen muss.
Die „Beutelratte“ wird bei der Signorile unterhaltsam und dennoch sachlich fundiert vorgestellt und darüber informiert, dass dieses Wesen keinerlei lebende Verwandte besitzt, sich dennoch bereits vor 130 bis 140 Millionen Jahren entwickelt hat.
Kein Festschmaus ist die Evolution und macht es nötig, aber auch möglich, sich unter bestimmen Voraussetzungen an extreme Bedingungen im Lauf der Entwicklung anzupassen. Extreme Bedingungen, die andersartige, extreme Fähigkeiten benötigen.
Bei vielen Betrachtungssfeldern sorgt die Darlegungen und Beschreibungen für ein anregendes Erstaunen.

Spinnen, Wasser, Parasiten die „schönen und verdammten Säugetiere am Rande des Aussterbens“ bis hin zu ganz außergewöhnlichen evolutionären Anpassungen wie bei der „photosynthetischen Schnecke“ oder „Bärtieren“ (die Signorile „außerirdische Teddys“ nennt“ oder den „Grottenolm“, der eine erkennbare Ähnlichkeit mit „Gollum“ aus dem Herren der Ringe aufweist.

Zum Ende des Buches gilt der besondere Augenmerk auf die „Giftmischer der Natur“, darunter gar ein „Giftvogel“.

Wobei Signorile es nicht versäumt, neben ihrer genauen Beschreibung des Wesens, der Evolution und der besonderen Lebensumstände, auch die (nicht nur ästhetische) Reaktion auf dieses Lebewesen mit in den Blick zu nehmen (der „Bambi-Effekt“, den diese Lebewesen weitgehend nicht auf sich vereinigen können). Eine Betrachtungsweise, welche dem Leser die allgemeine (und natürlich die eigene) Art der Wahrnehmung der Umwelt klar vor Augen führt und zur Reflexion einlädt, dass eben nicht immer nur das subjektiv Schöne eine wichtige Funktion in sich trägt, die es zu respektieren gilt.

„Die Kriterien (für Sympathie oder Antipathie bestimmen Lebewesen gegenüber) sind dabei eher irrational“.

Ein interessanter, exotischer und sachgerechter Einblick an die „Ränder der Evolution“ und dabei eine große Hilfe beim Begreifen oft nicht alltäglicher Lebensformen.

  • Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
  • Verlag: Bassermann Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3809441562
  • ISBN-13: 978-3809441564
  • Originaltitel: L’Orologiaio Miope
  • Größe und/oder Gewicht: 13,4 x 3,8 x 20,5 cm

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