/ Mai 26, 2025/ Buch

Tattoos sind heute sehr beliebt. Immer mehr Menschen lassen sich Bilder oder Schriftzüge auf die Haut stechen. Für viele ist das Tätowieren daher zu einer interessanten Möglichkeit geworden, Geld zu verdienen. Das liegt auch daran, dass man für diesen Beruf keine besondere Ausbildung oder einen bestimmten Abschluss braucht. Theoretisch kann jeder Tätowiererin werden. Doch wie funktioniert das in der Praxis? Wie kommen Menschen dazu, diesen Beruf zu wählen, und wie sieht der Arbeitsalltag aus?

Genau diesen Fragen geht Irmgard Steckdaub-Muller in ihrem Buch „Tätowieren als Erwerbsarbeit: Zum beruflichen Selbstverständnis von Tätowiererinnen“* nach. Sie hat dafür viele Tätowierer*innen befragt und untersucht, wie sie in den Beruf einsteigen, wie sie arbeiten und was ihnen dabei wichtig ist. Ihr Buch ist Teil der Reihe Arbeit und Organisation, in der es um verschiedene Berufe und Arbeitsformen geht.

Kein klassischer Ausbildungsweg

Tätowiererin wird man nicht durch eine klassische Ausbildung wie bei anderen Berufen. Es gibt keine staatlich anerkannte Lehre oder ein festes Berufsbild. Viele lernen das Tätowieren bei anderen Tätowiererinnen – oft unbezahlt oder für wenig Geld. Manchmal bringen sie sich auch viel selbst bei, etwa durch Übung an Kunsthaut oder durch das Zeichnen. Diese Lernphasen sind oft sehr anstrengend und unsicher. Man verdient dabei kaum etwas und weiß nicht, ob man später davon leben kann.

Prekäre Arbeitsbedingungen

Auch wenn man schon tätowieren kann, ist die Arbeit oft nicht einfach. Viele Tätowiererinnen sind selbstständig. Das bedeutet, sie haben kein festes Gehalt, keine soziale Absicherung wie Krankenversicherung oder Rente über den Arbeitgeber. Wer nicht genügend Kundschaft hat, verdient wenig. Gleichzeitig gibt es viel Konkurrenz: In fast jeder Stadt gibt es viele Tattoo-Studios, und neue Studios eröffnen regelmäßig. Dadurch ist der Druck groß, immer besser zu sein als andere, um Kundinnen zu gewinnen.

Zwischen Kunst und Dienstleistung

Tätowiererinnen sehen sich selbst oft nicht nur als Handwerkerinnen, sondern auch als Künstlerinnen. Sie entwerfen eigene Motive, setzen kreative Ideen um und arbeiten eng mit ihren Kundinnen zusammen. Viele legen großen Wert auf ihren eigenen Stil und möchten sich durch ihre Kunst von anderen abheben. Gleichzeitig müssen sie aber auch eine Dienstleistung erbringen. Die Wünsche der Kund*innen stehen im Mittelpunkt, auch wenn sie manchmal nicht mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmen. Es ist also ein ständiges Abwägen zwischen künstlerischer Freiheit und den Anforderungen der Kundschaft.

Professionelles Selbstverständnis

Im Buch wird deutlich, dass Tätowiererinnen ein ganz eigenes berufliches Selbstverständnis entwickeln. Manche sehen sich als kreative Freigeister, andere als Dienstleisterinnen mit besonderem Können. Viele wollen sich in der Öffentlichkeit von „schwarzen Schafen“ abheben – also von jenen, die schlecht arbeiten oder sich nicht an hygienische Regeln halten. Der gute Ruf ist wichtig, denn er bringt neue Kund*innen und sichert das Einkommen.

Der Kampf um Anerkennung

Obwohl Tattoos in der Gesellschaft immer akzeptierter sind, kämpfen viele Tätowiererinnen noch immer um Anerkennung. Oft wird ihre Arbeit nicht als „richtiger Beruf“ gesehen. Das liegt unter anderem daran, dass es keine offizielle Ausbildung gibt und viele Studios ganz unterschiedlich arbeiten. Deshalb bemühen sich viele Tätowiererinnen darum, professionell zu wirken – zum Beispiel durch saubere Studios, klare Abläufe, gute Beratung und hochwertige Arbeit. Sie möchten zeigen, dass ihre Tätigkeit viel Können, Verantwortung und Engagement erfordert.

Fazit

Irmgard Steckdaub-Mullers Buch gibt einen spannenden Einblick in die Welt der Tätowiererinnen. Es zeigt, dass dieser Beruf weit mehr ist als nur das Stechen von Bildern in die Haut. Tätowiererinnen müssen viel lernen, sich ständig verbessern und mit schwierigen Arbeitsbedingungen zurechtkommen. Gleichzeitig prägen sie mit ihrem Stil und ihrer Haltung eine bunte, kreative Szene, die sich zwischen Kunst, Handwerk und Dienstleistung bewegt. Das Buch macht deutlich, wie vielfältig und herausfordernd der Alltag in einem Beruf ist, der zwar keinen festen Rahmen hat – aber sehr viel Leidenschaft und Eigeninitiative verlangt.

  • Herausgeber ‏ : ‎ transcript
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 17. Oktober 2024
  • Auflage ‏ : ‎ 1.
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 348 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3837675637
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3837675634
  • Abmessungen ‏ : ‎ 15.5 x 3 x 23.3 cm
  • Teil der Serie ‏ : ‎ Arbeit und Organisation
  • 55 Euro

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