Man fragt sich warum dieses Buch hier in Deutschland nicht genau solch einen viel zu späten breiten öffentlichen Empörungsaufschrei über den in der 68er- Gesinnung in linken Künstler- und Politikerkreisen in den 70 er und 80er Jahren befürworteten und tolerierten sexuellen Missbrauch Minderjähriger bekommt wie in Frankreich.
Die Autorin Vanessa Springora beschreibt, wiesie das Opfer eines viel älteren und als Schriftsteller berühmten Triebverbrechers jahrelang als Minderjährige war und zeigt das sie dadurch psychisch jahrzehntelang zerstört wurde.
Genauso zerstörerisch wie der sexuelle Missbrauch ist der narzisstischen Psychoterror des Täters. Der Täter hat manipulativer und häufig mit geübter Strategie die Minderjährige – im zarten Alter von 13 Jahren – in fortwährende Selbstsabotage getrieben. Das Begann mit deren „Einwilligung“ in das sexuelle Verhältnis.
Man erinnert sich noch selber an das pubertäre Alter von 13 Jahren und die wilden und freien 70er Jahre. Da gab es große sexuelle Neugier und Bedürfnisse. Ich erinner mich auch an wilde Schwärmereien für junge und auch attraktive ältere Musiker und andere Künstler, die die freie Liebe propagierten – und Liebesträume mit ihnen!
In dem Alter wären viele auf eine Inszenierung hereingefallen! Die Autorin Vanessa Springora zeigt das eine ganz perfide Umdeutung pädophilen Manipulierens als „Heilsbringer“ umgedeuten war.
Man stellt sich die Frage: Warum gilt bei Künstlern Verbrechen nicht als Verbrechen, sondern bekommt noch in Büchern dokumentiert Preise, Einladungen zu Interviews, Bewunderung?
Die Autorin beschreibt wie das tägliche Jagen ihres Peinigers nach Orgasmen mit Minderjährigen einen Sucht- und Seriencharakter mit immer demselben Manipulationsschema hatte.
Das Ganze dann anschließend literarisch in strahlendster Fiktion umgedeutet und gleichzeitig als Pädophilie verherrlicht zu werden, kaum oder gar nicht verschleiert.
Das Stalking des Täters und die Selbstsabotage des Opfers geht auch noch Jahre und Jahrzehnte nach ihrer Trennung weiter, bis es der Autorin endlich gelingt, wieder Subjekt ihrer eigenen Geschichte zu werden anstelle des Objekts in einer narzisstischen Fiktion eines Sexualverbrechers, der dies auch noch offen literarisch verarbeitete und damit Ruhm und Preise und Bewunderung erntete.
Vanessa Springora und der guten Übersetzung ins Deutsche gelang es einen gleichzeitig dokumentierenden und klar benennenden, aber kein bisschen voyeuristischen oder reißerischen Sprachton beizubehalten. Der Leser erfährt die Betroffenheit und das ganze Ausmaß beim Lesen.
Sie hat einen guten Ton zu einem solchen Thema getroffen, denn ich merke, ich möchte mehr von ihr lesen, aber nicht von diesem Buchthema. Ich mag ihre Sprache, ihren Sprachton.
Es ist unglaublich aber sogar ihre Mutter glaubt bis heute, dass sie damals reif genug war, die Einwilligung zum sexuellen Missbrauch selbstbestimmt zu geben!
Bei Vanessa können alle „Zweifler“ und alle Opfer und heimlichen Täter nachlesen, warum eine Einwilligung in minderjährigem Alter in sexuellen Missbrauch trotz aller vorgeblichen sexuellen und intellektuellen Frühreife und Eigenwilligkeit dennoch eine noch nicht erwachsene Selbstsabotage ist. Man erfährt wie perfide und verleugnend der den Missbrauch begleitende Psychoterror agiert.
Ich finde das dieses Buch wichtig ist und ein weiterer Beitrag zu Metoo. Geschrieben in einem gern zu lesenenden Text.
von Vanessa Springora (Autor), Hanna van Laak (Übersetzer)
- Herausgeber : Karl Blessing Verlag; Deutsche Erstausgabe Edition (9. Juni 2020)
- Sprache : Deutsch
- Gebundene Ausgabe : 176 Seiten
- ISBN-10 : 3896676830
- ISBN-13 : 978-3896676832
- Originaltitel : Le consentement
- Abmessungen : 13.3 x 1.9 x 20.6 cm