Die Unterstützte Entscheidungsfindung in der Betreuungspraxis ist ein Konzept, das darauf abzielt, Menschen mit Beeinträchtigungen in ihren Entscheidungen zu unterstützen und ihre Autonomie zu stärken. Statt die Entscheidungsgewalt vollständig an einen rechtlichen Betreuer oder eine Betreuerin zu übertragen, wird die betroffene Person aktiv in den Entscheidungsprozess einbezogen und bei Bedarf unterstützt.
Das Konzept der Unterstützten Entscheidungsfindung basiert auf den Grundsätzen der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht von Menschen mit Behinderungen auf gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft und die Wahrung ihrer Autonomie betont. Es zielt darauf ab, die Selbstbestimmung und die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, zu fördern, auch wenn die betroffene Person aufgrund ihrer Beeinträchtigung Unterstützung benötigt.
In der Betreuungspraxis können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um die Unterstützte Entscheidungsfindung umzusetzen:
- Kommunikation: Es ist wichtig, eine barrierefreie Kommunikation zu gewährleisten, die den Bedürfnissen der betroffenen Person entspricht. Das kann bedeuten, alternative Kommunikationsmittel einzusetzen, um die individuellen Kommunikationsfähigkeiten zu berücksichtigen.
- Informationsbereitstellung: Die betroffene Person sollte alle relevanten Informationen erhalten, die für die zu treffende Entscheidung wichtig sind. Dabei können die Informationen in einer verständlichen Form präsentiert und auf die individuellen Bedürfnisse der Person abgestimmt werden.
- Verstehen der Entscheidungsfolgen: Es ist wichtig, dass die betroffene Person die Konsequenzen ihrer Entscheidungen versteht. Wenn nötig, kann sie Unterstützung erhalten, um die Auswirkungen ihrer Entscheidungen zu erfassen.
- Unterstützungspersonen: Die betroffene Person kann Unterstützungspersonen wie Vertrauenspersonen, Familienmitglieder, Freunde oder Fachleute einbeziehen, um ihre Meinung und Entscheidungen zu besprechen und zu reflektieren.
- Förderung der Teilhabe: Die betroffene Person sollte so weit wie möglich in alle Entscheidungen einbezogen werden, die ihr Leben betreffen, um ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern.
Die Unterstützte Entscheidungsfindung zielt darauf ab, die Selbstbestimmung und Autonomie von Menschen mit Beeinträchtigungen zu respektieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, so weit wie möglich ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Dabei wird die individuelle Situation und die Fähigkeiten der Person berücksichtigt, und es werden geeignete Unterstützungsmaßnahmen bereitgestellt, um ihre Partizipation zu ermöglichen
Die Unterstützte Entscheidungsfindung hat sich seit der Betreuungsrechtsreform 2023 zu einem festen Baustein in der Praxis der rechtlichen Betreuung entwickelt. In diesem Buch präsentieren Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis der rechtlichen Betreuung umfassende Konzepte und Methoden, um die Selbstbestimmung von Menschen mit Unterstützungsbedarf zu stärken.
Das Buch legt den Fokus auf maßgebliche Leitprinzipien des Betreuungsrechts, bei denen die Unterstützung von betreuten Personen und die Beachtung ihrer Wünsche im Mittelpunkt stehen. Die zentrale Frage ist, wie der Wille und die Wünsche oder auch der mutmaßliche Wille der betreuten Menschen ergründet werden können. Hierzu werden verschiedene theoretische Konzepte und praktische Methoden aus den Bereichen Sozialarbeitswissenschaft, Kommunikation, Psychologie und Soziologie vorgestellt.
Ein herausforderndes Thema ist der Umgang mit Konflikten zwischen den einzelnen Wünschen und Präferenzen der betreuten Personen. Dieses Buch bietet wertvolle Hilfestellungen und Lösungsansätze, wie diese Konflikte auf eine faire und respektvolle Weise gelöst werden können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Selbstreflexion der Akteurinnen und Akteure des Betreuungswesens, um das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Besonders hervorzuheben ist die ganzheitliche Betrachtung der Unterstützten Entscheidungsfindung aus der Sicht aller Beteiligten. Die unterschiedlichen Perspektiven von Betreuerinnen und Betreuern, Betreuungsgerichten, Betreuungsvereinen, Betreuungsbehörden und natürlich den betreuten Menschen werden berücksichtigt. Dadurch wird ein umfassendes Bild vermittelt, wie die Unterstützte Entscheidungsfindung in der Praxis umgesetzt werden kann.
Das Buch ist äußerst praxisorientiert und bietet zahlreiche Beispiele, Tipps und Hinweise, die den Leserinnen und Lesern in der rechtlichen Betreuung eine wertvolle Hilfe sein können. Es werden nicht nur Herausforderungen und Lösungsansätze für Berufsbetreuerinnen und -betreuer, sondern auch für Ehrenamtliche und Eltern aufgezeigt.
Die einzelnen Kapitel des Buches behandeln verschiedene Schwerpunktthemen wie die Rolle von Betreuungsgerichten, Betreuungsbehörden und Betreuungsvereinen für die Umsetzung der Unterstützten Entscheidungsfindung. Besonders erwähnenswert ist auch der Abschnitt über die Bedeutung der Unterstützten Entscheidungsfindung für Menschen mit rechtlicher Betreuung.
Insgesamt bietet das Buch eine umfassende Darstellung von Unterstützter Entscheidungsfindung in der rechtlichen Betreuung. Es ist eine wertvolle Ressource für alle Akteurinnen und Akteure im Betreuungswesen, die sich für die Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Unterstützungsbedarf einsetzen wollen. Die praktischen Methoden, Beispiele und Hinweise ermöglichen eine erfolgreiche Umsetzung in der täglichen Arbeit und fördern somit die Partizipation und die Rechte betreuter Menschen.
Autor:in
Herausgeberin: Prof. Dr. jur. Dagmar Brosey, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften, TH Köln und Vorsitzende des Betreuungsgerichtstags e.V. (BGT)
Zu den Autor:innen zählen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen aus dem Betreuungswesen (z.B. Betreuungsgericht, Betreuungsvereine, Betreuungsbehörden, Berufungsbetreuung) sowie aus den Bereichen Soziale Arbeit, Psychologie, Rechtswissenschaft, Linguistik und auch von Betreuung betroffene Menschen:
Prof. Dr. Tobias Bernasconi, Dr. Sabine Bernot, Ina Bürkel, Alexander Engel, Prof. Dr. Nina Erdmann, Birgit Holtermann, Amandj Hoseyni, Prof. Dr. Birgit Jagusch, Dr. Ortrun Kliche, Dr. Anne Klüser, Caroline Kortekaas, Prof. Dr. Renate Kosuch, Annette Loer, Andreas Martin, Stefanie Meints, Dr. Ina Pick, Luca Prachthäuser, Dr. Julia Reimer, Jane Rosenow, Kerrin Stumpf, Bettina Wurzel
Das Buch „Unterstützte Entscheidungsfindung in der Praxis der rechtlichen Betreuung“ bietet wertvolle Konzepte und Methoden für eine menschenzentrierte Betreuungspraxis. Praxisnah, informativ und inklusiv – eine inspirierende Ressource für alle Beteiligten!
- Herausgeber : Reguvis Fachmedien; 1. Edition (11. Juli 2023)
- Sprache : Deutsch
- Taschenbuch : 284 Seiten
- ISBN-10 : 3846213101
- ISBN-13 : 978-3846213100
- Abmessungen : 24.1 x 1.8 x 15.7 cm