/ April 20, 2020/ Ratgeber, Sachbuch

Was das Handy mit uns macht und wie wir es trotzdem benutzen können 

von Helmut Spudich

Der Autor ist vom Fach: Helmut Spudich war Unternehmenssprecher von Magenta Telekom, dort war er für die gesamte Unternehmenskommunikation zuständig und wurde von 2012 bis 2016 zum besten Pressesprecher der Branche IT/Telekommunikation gewählt.

Zur Bekämpfung der Pandemie plante Gesundheitsminister Spahn das Auswerten von Standortdaten. Die Gesundheitsbehörden hätten nach den Plänen der Regierung die Daten der Mobilfunktelefone von Infizierten über die Anbieter einfordern können, um vor allem Kontaktpersonen zu ermitteln. Der Gesundheitsminister musste nach massiver Kritik die Gesetzesänderung zurückziehen – vorerst.

Aber die Deutsche Telekom leitet schon heute anonymisierte Daten an das Robert Koch-Institut weiter, um zu analysieren, ob die Bürger sich an die Kontaktsperren und Ausgehbeschränkungen halten. Es wird das Ziel verfolgt, Bewegungsströme von Menschen in Deutschland abzubilden – und zwar bundesweit, auf der Ebene der Länder und bis auf die Kommunen und Städte herunterskaliert.

In anderen Ländern wie China, Südkorea und Taiwan und Israel analysierten Fachleute die digitalen Spuren bei der Eindämmung der COVID-19-Pandemie.

Sogar Österreich hat Daten vom Mobilfunkanbieter A1 der Regierung zur Verfügung stellen wollen um die Bewegungsdaten von Handynutzern auszuwerten.

Dies ist für viele Bürger ein Eingriff in ihre Privatsphäre. Sowas war bisher in Europa undenkbar.

Elektrische Spuren von unseren Handydaten sollen bei der Eindämmung der Epidemie helfen, dadurch würde ein drastischen Eingriff in unsere Privatsphäre stattfinden.

Das sind Infos zu den allumfassenden persönlichen Daten, die unsere Smartphones und die dahinterstehenden Dienste längst über uns sammeln.

Helmut Spudich analysiert in seinem neuen Buch „Der Spion in meiner Tasche – Was das Handy mit uns macht und wie wir es trotzdem benutzen können“ fundiert und klar verständlich die Risiken zum Umgang mit Mobiltelefonen.

Er bespricht zum Beispiel Themen wie der Zugang der Justiz zur Ãœberwachung von Handys, datenabsaugende Sprachassistenten und das neue 5G-Netz.

Das Smartphone ist ein perfektes Überwachungssystem dar. Es kann mit dem Mikrofon, der Kamera, dem GPS, Funkverbindungen und Bildschirmimpressionen Tag und Nacht unsere Daten sammelt. Man weiss spätestens seit dem Cambridge Analytica-Skandal, dass es die Tech-Giganten aus dem Silicon Valley mit der Privatsphäre ihrer Nutzer nicht so genau nehmen.

Spudich: „Nicht nur Facebook, sondern etwa auch Google, Apple und Amazon betreiben Datenklau im großen Stil zum Beispiel mit den Betriebssystemen iOS und Android. Diese Systeme zeichnen jeden Schritt und fast jede Handlung von Handybesitzern auf.

Man sollte aber auch acht geben denn Sprachassistenten wie Siri, Alexa oder den Google-Assistent, können unaufgefordert Gespräche mithören und aufzeichnen.“

China versucht anhand von Smartphones seine totale Überwachung auf den Rest der Welt auszuweiten. Das funktioniert mit Apps, die besonders bei Jugendlichen beliebt sind: Video-Sharing-Plattform TikTok, aber auch Tech-Riesen wie Huawei, der sich zurzeit als Spitzenreiter beim Ausbau des neuen 5G-Netzwerkes in Europa positioniert, stehen im Verruf, die Daten der Nutzer abzusaugen und für unlautere Zwecke zu verwenden.

Die gesammelten Handydaten werden nicht nur für wirtschaftliche Zwecke genutzt.

Ein waches Interesse hat auch die Justiz an präzisen Lokalisierungsdaten und immer genauerer Gesichtserkennung, beispielsweise um bei der Aufklärung von Verbrechen. Im Buch beschreibt Spudich, welche fatalen Fehler dabei auftreten können und welche weitreichenden Folgen eine solche staatliche Kontrolle haben kann.

Es gibt Pilotprojekte zum Live-Einsatz von Gesichtserkennung bei Ãœberwachungskameras die uns bereits auf Schritt und Tritt verfolgen.

Es kommen bei Fußballstadien Systeme zum Einsatz, die ausgewiesene Hooligans erkennen. „Der dänische Meister Bröndby setzt Gesichtserkennung seit dem Herbst 2019 ein, um seine Stadionverbote durchzusetzen – dazu müssen allerdings die Gesichter aller Besucher gescannt werden“, so Helmut Spudich.

Datenschutzbehörden sahen kein Problem, da ein „erhebliches öffentliches Interesse“ bestehen würde.

Ein umfassendes Ãœberwachungsprogramm mittels Face Recognition sollte bei den in der Zwischenzeit verschobenen Olympischen Spielen 2020 in Tokio zum Einsatz kommen.

Die Polizei in Görlitz sammelt seit Herbst 2019 Erfahrungen mit Live-Erkennung mittels eigener Kamerasäulen, um grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.Solche Anlagen sind seit Anfang 2020 in ganz Deutschland gesetzlich erlaubt, ergänzt der Autor.

Die digitale Industrie Gesichtserkennung ist so weit entwickelt, dass die Programme nicht nur die Identität einer Person erkennen können, sondern etwa auch ihre Gemütslage, die sexuelle Orientierung oder allfällige Erbkrankheiten. Das stellt bei streng religiösen Ländern, in denen auf Homosexualität noch die Todesstrafe steht, für viele Menschen eine reale Gefahr dar.

Ein Traum vieler Kommisare, Privatdetektive ging in Erfüllung denn mit Siri, Alexa & Co haben viele Menschen die mit der Bezeichnung „Lautsprecher“ perfekt getarnten Sprachassistenten aktive Abhöreinrichtungen in ihre Häuser installiert.

„Vom Smartphone, Smartwatch und Smart TV bis in die letzten Winkel von Wohnungen und Büros platziert, ist das Missbrauchspotenzial fast grenzenlos“, so die Risikobewertung von Helmut Spudich.


Wenn man die Frage stellt „Alexa, werde ich belauscht?“ antwortet Alexa „Da bin ich mir leider nicht sicher.“. Die Antwort ist vermutlich ehrlich. Helmut Spudich: „Wir können uns nicht sicher sein, ob wir von unseren „Lautsprechern“ belauscht werden. Und sollten im Zweifel gut überlegen, ob wir uns der neuen Welle vorbehaltlos hingeben wollen.“

Hier erhält der Leser jede Menge Tipps und Hinweise, wie jeder Bürger seine Privatsphäre zumindest teilweise schützen kann.

Das Buch ist im Zusammenhang mit den aktuell geführten Diskussionen über die Auswertung von Bewegungsdaten zur Bekämpfung der COVID-19 aktueller denn je.

Der Nutzen unserer Smartphones darf nicht durch Datensammelwut und Überwachungstätigkeit von Konzernen und Staaten geraubt werden, so das Fazit des Autors. Gefordert sind umsichtiger Umgang mit der Technologie; durch Druck der Konsumenten, das Geschäftsmodell zu ändern; durch zivilgesellschaftliche Kontrolle durch Medien und NGOs – und durch gesetzliche Regulierung, die uns vor Missbrauch schützt.

Spudich zeigt, wie wir unser Handy trotzdem verwenden können und warum wir es sogar verwenden sollten.

  • Taschenbuch: 256 Seiten
  • Verlag: edition a; Auflage: 1 (21. März 2020)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 399001384X
  • ISBN-13: 978-3990013847
  • Größe und/oder Gewicht: 14,6 x 2,7 x 21,6 cm

Weitere Bücher des Verlags http://www.edition-a.at/ https://bibliomaniacs.de/7-milliarden-fuer-nichts/

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